Illegale Ausschaffung einer kolumbianischen Mutter

Am Sonntag 20. September 2009 um 18.00 Uhr wurde Maria Dennis Diaz (44), Kolumbianerin, wohnhaft in Zürich seit 1998, ausgeschafft. Die Ausschaffung fand drei Tage nach ihrer Verhaftung statt. Die Polizei tauchte am Donnerstag 17. 9. um etwa 5.30 Uhr in ihrer Wohnung auf und nahm sie mit zur Kaserne, wo ihr Sohn Juan Jacobo Montana (17) seit Dienstag 15. 9. in Haft war.

Der Junge wollte zum Fussballspiel ins Stadion, als er von der Polizei verhaftet wurde. Er wurde unterdessen dem Haftrichter vorgeführt und befindet sich in Ausschaffungshaft.

Das Bleiberecht-Kollektiv betont, dass das Vorgehen der Behörden in diesem Fall nicht nur moralisch unhaltbar, sondern auch eindeutig illegal ist. So wurde u.a. Art. 44 des Asylgesetzes zur Einheit der Familie verletzt (Maria Dennis Diaz war einmal in einem Asylverfahren). Die Trennung von Mutter und minderjährigem Sohn ist nicht rechtlich. Ausserdem sollte nach Art. 64 des Ausländergesetzes bei einer formlosen Wegweisung eine Beschwerde innert drei Tagen möglich sein. Die Sans-Papiers Anlaufstelle hat am Samstag, den 19.9. per Fax an die zuständigen Behörden eine substantiierte juristische Eingabe gemacht. Darin wurde gefordert:

·     eine beschwerdefähige Verfügung betreffend der formlosen Wegweisung gemäss Art. 64, Abs. 2 Aug

·        die unverzügliche Aufhebung des Vollzugs der Wegweisung gemäss EMRK, Art. 8 und Art. 9, KRK

·        die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung betreffend Vollzug der Wegweisung

Dass die Behörden die Ausschaffung nicht sistiert haben – im Wissen, dass die entsprechenden Ämter am Wochenende nicht arbeiten – kommt einer Ausserkraftsetzung des Beschwerderechts gleich. Eine Ausschaffung in drei Tagen an einem Sonntag ist ungesetzlich!

Am Freitagabend hat das Migrationsamt dem Anwalt von Dennis Diaz, Peter Nideröst, mitgeteilt, dass im Fall von Dennis und ihrem Sohn keine Entscheidung gefallen sei. Am Sonntag hat die Kantonspolizei klare Informationen über Dennis und Juan Jacobo verweigert. Weder die ca. 70 Personen, die sich spontan vor der Kaserne versammelt haben, um gegen die Ausschaffung zu protestieren, noch die Sanspapiers Anlaufstelle Zürich wurden über die Situation von Dennis und ihrem Sohn informiert. Am gleichen Abend gegen 20 Uhr hat Dennis mit einem Aktivisten des Bleiberechts aus Frankfurt telefoniert. In einem kurzen Gespräch erzählte sie, sie sei in der Kaserne gewesen, als die Demonstration stattfand.

Während der Verhaftung in ihrer Wohnung, erzählte Dennis, habe die Polizei 1.100.- Fr. in bar beschlagnahmt. Später, während der Inhaftierung, habe die Polizei zusätzlich 7.500.- Fr. Ersparnis, die sie in der Bezirksparkasse Dielsdorf hatte, weggenommen. Im Flughafen hat Dennis 700.- bekommen. Der Rest dieses Geldes [wie viel?] soll die Verfahrungskosten decken. Dennis wohnt seit ca. zwölf Jahren nicht mehr in Kolumbien. Ihre Familienangehörigen leben weit entfernt von Bogotá, Zielstadt der Ausschaffung.

Die Zeit der Inhaftierung hat Dennis getrennt von ihrem Sohn verbracht. Bis zur letzten Minute wurde ihr jeglicher Kontakt zu ihrem Sohn verweigert. Juan Jacobo ist mit fünf Jahren in die Schweiz gekommen. Hier besuchte er erfolgreich neun Jahre die Volksschule, bis er eine Lehrstelle finden musste, was wegen seiner Papierlosigkeit unmöglich war. Mehr als drei Viertel seines Lebens hat Juan Jacobo in Zürich verbracht. Er ist hier gross geworden und Kolumbien ist für ihn ein fremdes Land. Heute Montagvormittag wurde Juan Jacobo dem Haftrichter vorgeführt und ist anschliessend inhaftiert worden. Seine Ausschaffung konnte nicht vollzogen werden, da er keinen Pass besitzt. Die Polizei bemüht sich, eine Geburtsurkunde von Juan Jacobo zu finden, um ihn so bald als möglich ausschaffen zu können. Obwohl Dennis sich kooperativ gezeigt und angeboten hat, das Dokument aus ihrer Wohnung zu holen, hat die Polizei ihren Vorschlag abgelehnt.

Die Ungerechtigkeit, die Willkür und der Mangel an Transparenz in diesem Fall zeigen erneut deutlich die Essenz der Migrations- und Asylpolitik der Schweiz und deren spezielle Anwendung im Kanton Zürich. Eine Politik, die gegen die europäische Menschenrechtskonvention und andere internationale Abkommen verstösst.

Die Bleiberechtskampagne setzt sich weiterhin ein für eine allgemeine Regularisierung von Menschen ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz. Ebenfalls rufen wir dazu auf, das Bewusstsein gegen die Ungerechtigkeit zu schärfen. Wir brauchen Zivilcourage, um diese Ungerechtigkeit zu stoppen.

Staatlicher Terror!

Maria Dennis Diaz Montana, geb. 05.12.1965 und Juan Jacobo Montana Diaz, geb. 17.12.1991, beides kolumbianische Staatsangehörige. Beide kamen – damals zusammen mit dem Vater von Juan und Ehemann von Dennis – Anfang März 1998 in die Schweiz, wo sie ein Asylgesuch einreichten, weil der Vater der Familie politisch verfolgt wurde. Diese Verfolgung wurde seitens des (damaligen BFF) nicht anerkannt und das Asylgesuch wurde mit Verfügung vom 29. Juni 2000 abgelehnt. Die damalige Schweizerische Asylrekurskommission lehnte die Beschwerde gegen diese Verfügung mit Urteil vom 4. August 2000 ab. Der Vater trennte sich von Dennis und verliess die CH um weiterzuflüchten; Dennis und Juan „tauchten unter“.

Immer wieder hat Dennis versucht, ihren Aufenthalt in der Schweiz zu regularisieren, zuletzt mit einer Wiedererwägung vom 3. Oktober 2007, respektive der Beschwerde vom 23. Februar 2008. Alle juristischen Interventionen blieben erfolglos. Ein Härtefallgesuch ist in ihrem Fall nicht möglich, da der Härtefall über Art. 14.2 AsylG geregelt würde und dort muss der Aufenthalt den Behörden immer bekannt gewesen sein.

Juan wurde anlässlich des Fussballmatchs am Dienstag dieser Woche verhaftet; Dennis am Donnerstagmorgen früh in ihrer Wohnung. Der Anwalt hat sich am 18.9.09 beim zuständigen Sachbearbeiter des Migrationsamts über den Stand der Situation erkundigt; dort wurde ihm gesagt, dass noch nichts entschieden sei.

Am Samstag 19. 09, als die Sans Papiers Anlaufstelle Zürich, SPAZ, Dennis im Polizeigefängnis der Kaserne besuchte, wurde ihnen durch den Sachbearbeiter der Kantonspolizei eröffnet, dass für Dennis ein Flug am Sonntag, den 20. September 09 gebucht worden sei. Offenbar wurde am Freitag 18. 09., trotz anderslautender Auskunft gegenüber dem Anwalt, eine formlose Wegweisung gegenüber Dennis eröffnet.

Die SPAZ hat am Samstag 19.09 per Fax an das Migrationsamt und die Kantonspolizei einen Antrag auf eine beschwerdefähige Verfügung betreffend Wegweisung und auf eine unverzügliche Aussetzung des Vollzugs der Wegweisung sowie auf eine aufschiebende Wirkung des Vollzugs der Wegweisung bis zum Entscheid über die Wegweisung verlangt.

Die separate Ausschaffung von Dennis und die damit erfolgte Trennung von ihrem minderjährigen Sohn widerspricht Art. 9 der Kinderrechtskonvention und Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

In ihren 12 Jahren des nicht geregelten Aufenthalts in der Schweiz hat Dennis eindrücklich gekämpft, ein Kind grossgezogen und sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Dennis hat sich an verschiedenen solidarischen und politischen Aktivitäten beteiligt. Vor kurzem haben Dennis und Juan Jacobo im Lauf gegen Rassismus am 13. September teilgenommen, wo sie neben der Stadtpräsidentin Corine Mauch, der SP-Stadtratskandidatin Claudia Nielsen und dem CVP-Stadtrat Gerold Lauber, liefen.
Ein paar Tage später, nehmen die unter einer SP Politikerin stehenden Sicherheitskräfte und das unter CVP Politikern stehende Migrationsamt, Dennis von ihrem Kind weg und sperren sie und das Kind ein, obwohl sie gar kein Verbrechen begangen haben.

Der Fall von Dennis und Juan Jacobo ist keine Ausnahme in der Migrations- und Asylpolitik der Schweiz – und besonders des Kantons Zürich. Der Ausschaffungsknast in Kloten und die Kaserne in Zürich sind von unschuldigen Menschen zum Bersten voll.

Mit ihrer Migrations- und Asylpolitik verletzt die Schweiz ständig die Menschenrechte, die sie in der ganzen Welt verteidigen will. Mit ihrer Politik und ihren Sicherheitskräften bedrängt die Schweiz viele Menschen mit Terror, versetzt sie in Angst und beraubt sie jeder Hoffnung auf ein würdiges Leben.

ES REICHT! Wir wollen keine Ungerechtigkeit mehr! ES REICHT! Fertig mit dem staatlichen Terror! ES REICHT! Kein Ausschaffungsknast mehr! Freiheit für Dennis und Juan Jacobo. Freiheit für alle illegalisierten MigrantInnen!

KEIN MENSCH IST ILLEGAL, HIER UND JETZT UND ÜBERALL
BLEIBERECHT FÜR ALLE, AB SOFORT UND AUF DAUER