Aus Liebe zur Schweiz?
Der Wahlkampf 2011 hat begonnen. Parteien aller politischen Richtungen verkünden ihr Wahlprogramm. Das FIMM Schweiz, der Dachverband der Migrantenorganisationen in der Schweiz – fordert die Parteien auf, keine politische Profilierung auf Kosten von MigrantInnen zu betreiben.
Die FDP möchte die «Einwanderung geschickt steuern, aus Liebe zur Schweiz», um ein linkes Schlaraffenland mit offenen Türen für alle zu verhindern. Die SVP kündigt den Scheinasylanten, Masseneinwanderungen und Masseneinbürgerungen den Kampf an. Und auch andere Parteien liebäugeln damit, auf den Ausländer-Zug aufzuspringen, um mehr Glaubwürdigkeit in der Asyl- und Migrationspolitik zu erlangen. Der Wahlkampf 2011 ist eröffnet und wieder wird die Ausländerfrage zum Stimmenfang missbraucht.
Die Leidtragenden dabei sind einmal mehr diejenigen, die kein politisches Mitspracherecht haben und sich entsprechend nicht wehren können: Die in der Schweiz lebenden Migrantinnen und Migranten. Sie müssen auch in diesem Wahljahr als Sündenböcke für die wirtschaftlichen und sozialen Probleme herhalten, obwohl die Schweiz in vielerlei Hinsicht von den Migrant/innen profitiert und ohne die der heutige Wohlstand kaum denkbar wäre.
Die Parteien wollen sich im diesjährigen Wahlkampf auf Kosten von MigrantInnen politisch Profilieren, ohne nachhaltige Lösungen zu präsentieren. Die Forderungen nach einem noch strengeren Asyl- und Ausländerrecht sind nach wie vor aktuell, obwohl die bisherigen Verschärfungen bis heute keine Minderung der Einwanderungszahlen bewirkt haben. Vor allem die Drittstaatenangehörigen sind Opfer dieser kurzsichtigen Politik. Während die Grenzen für EU-BürgerInnen immer weiter geöffnet werden, findet gleichzeitig eine Verbarrikadierung gegenüber MigrantInnen aus dem Rest der Welt statt. Der Familiennachzug soll noch schwieriger werden und nur noch hochqualifizierte Arbeitskräfte aus der EU sollen in die Schweiz einwandern können. Eine solche Migrationspolitik ist zutiefst diskriminierend, weil sie Menschen in erwünschte und unerwünschte Kategorien einteilt und ihnen unterschiedliche Rechte zuspricht.
Der wachsende Graben zwischen reichen und armen Ländern, Wirtschaftskrisen, ökologische Katastrophen und die Verknappung der natürlichen sowie die daraus entstehenden blutigen Konflikte werden den Migrationsdruck (auch auf die Schweiz) in Zukunft verstärken. Die nicht mehr zeitgemässe Schweizer Migrations- und Integrationspolitik muss an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Eine stetige Verschärfung des Asyl- und Ausländerrechts wird diesen Veränderungen nicht gerecht, weil sie in einem globalen Kontext betrachtet und angegangen werden müssen.
Das FIMM Schweiz fordert die Parteien auf, auf politische Scheinlösungen im Migrations- und Integrationsbereich zu verzichten und sich wieder dem sozialen Zusammenhalt und der Chancengleichheit in der Schweiz zu widmen. Das ist ein Anliegen, das sowohl den SchweizerInnen als auch den MigrantInnen am Herzen liegt. Das FIMM Schweiz fordert eine Politik, welche die verfassungsrechtlich garantierten Grund- und Menschenrechte respektiert und die sich auf Solidarität und Gegenseitigkeit abstützt. Politik darf auf keinen Fall auf Kosten von Minderheiten betrieben werden. Sie muss zum Ziel haben, dass alle die gleichen Chancen bezüglich Bildung, Beruf, Wohnen, Lohn und Arbeitsbedingungen erhalten, vor Entlassungen geschützt werden, ihre Ressourcen und Erfahrungen in geeigneter Weise einbringen sowie politisch partizipieren können.