Mit einer deutlichen Mehrheit haben die Menschen in Bolivien am Sonntag, 25. Januar für die Annahme der neuen Verfassung gestimmt. Vorläufigen Ergebnissen zufolge, die der lateinamerikanische Nachrichtensender TeleSur verbreitet, stimmten gut 61 Prozent der Bolivianerinnen und Bolivianer für die Verfassung.
Die neue Verfassung enthält Bestimmungen, die der indianischen Bevölkerungsmehrheit mehr Rechte geben sollen. 36 ihrer «Nationen» erhalten Garantien für eine Selbstbestimmung. Für kleinere Völker neben den Aymara und Quechua werden Sitze im Parlament reserviert. Auch erkennt der Staat die traditionelle indianische «Gemeinschaftsjustiz» an. Die Richter des Obersten Gerichts sollen künftig gewählt und nicht mehr vom Präsidenten ernannt werden. Bei der parallel zur Abstimmung gestellten Frage, ob künftig privater Grossgrundbesitz bis zu 10.000 oder nur bis zu 5. 000 Hektar erlaubt ist, stimmten Hochrechnungen zufolge mehr als drei Viertel der Wählerinnen und Wähler für den geringeren Wert. Der Staat kann somit Land beschlagnahmen, das keine «soziale Funktion» erfüllt. Besonders im Blickpunkt steht eine andere Änderung: Bisher sind maximal zwei Amtszeiten möglich, die aber nicht direkt aufeinander folgen dürfen. Diese Einschränkung soll abgeschafft werden, so dass das Staatsoberhaupt zwei Amtszeiten von jeweils fünf Jahren in Folge absolvieren kann. Dies würde Morales ermöglichen, den Andenstaat bis 2014 zu regieren
Opposition siegt in «ihren» Provinzen
In La Paz lag die Unterstützung bei 78 Prozent, in Oruro bei 71 Prozent. In Potosí liegt das Ja bei 74 Prozent, in Tarija nur bei 44 Prozent. Chuquisaca meldet fast ein Patt von 49 Prozent Ja gegen 51 Prozent Nein. Während in Cochabamba 63 Prozent Ja sagten, stimmte in Santa Cruz eine 67-Prozent-Mehrheit gegen die Verfassung. In Beni liegt das Nein sogar bei 70 Prozent, in Pando bei 60 Prozent. Damit haben sich in den von der Opposition kontrollierten Provinzen des »Halbmonds« erneut die Regierungsgegner durchgesetzt.
Oppositionspolitiker aus diesen Provinzen hatten bereits gedroht, die neue Verfassung nicht anerkennen zu wollen, wenn sie in «ihren» Departments abgelehnt wird. Präsident Evo Morales hatte daraufhin gewarnt, dass der Staat die Umsetzung der neuen Gesetzlichkeit im ganzen Land durchsetzen werde.
Ruhige Wahl
Für die Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hob deren Delegationsleiter Raúl Lago das Klime der Ruhe und des Respekts während des Abstimmungsprozesses hervor. «Wir haben keine Informationen über gewaltsame Zwischenfälle und auch bislang keine einzige Beschwerde erhalten», sagte er. Die bislang gültige Verfassung datiert aus dem Jahr 1967 und wurde 1994 und 2004 teilweise geändert. Es war aber das erste Mal in der Geschichte Boliviens, dass die Menschen über eine neue Verfassung abstimmen konnten.