Rifondazione Comunista spaltet sich

Zum definitiven Bruch kam es am 11. Januar, als die aktuelle Parteileitung den Chefredaktor Piero Sansonetti der Parteizeitung «Liberazione» entlassen hat. Paolo Ferrero, der nationale Sekretär von Rifondazione nennt die zwei wesentlichen Gründe die Entlassung. «Der Misserfolg der Zeitung, um eine Euphemismus zu gebrauchen» und die politische Divergenz, denn «Piero hat die Zeitung auf der Basis eines Projekts geleitet, das völlig entgegengesetzt zu jenem ist, das am Kongress demokratisch gewonnen hat.» Beides trifft zu. Sansonetti, ist ein Anhänger der grossen Minderheit, was in «Liberazione» regelmässig zum Ausdruck kam und dies nicht selten in Form von Polemik gegenüber die gewählte Parteileitung und ihren Exponenten. Ferrero unterstrich, dass durch die Entlassung von Sansonetti die Autonomie der Zeitung und jene der Redaktion nicht in Gefahr sind, doch sei «allen klar, dass wenn es so weiter geht, Rifondazione bankrott geht!» Die Zahlen sprechen eine brutale Sprache: Im 2004 verkaufte sich «Liberazione» rund 10.000 mal täglich, aktuell sind es noch knapp 6.000 Exemplare. Der Verlust der Zeitung beträgt zwischen drei und dreieinhalb Millionen Euro, was ein Drittel des Gesamtverlustes der Partei von rund 10 Millionen ausmacht! Sansonetti trägt als Chefredaktor die Verantwortung, doch die ganze Schuld des Desasters rund um Liberazione ihm in die Schuhe zu schieben ist falsch. So hängen die Verkaufszahlen der Parteizeitung auch von der Stärke und der politischen Attraktivität der Partei ab. Und beides verlor Rifondazione Comunista in den letzten Jahren immer mehr.

Die Spaltung von Rifondazione ist ein weiterer Beweis für den jämmerlichen Zustand der radikalen und kommunistischen Linke in Italien.

Demonstrationen in Italien

In vielen Städten Italiens sind tausende Menschen auf die Strasse gegangen, um gegen die Wirtschafts und Sozialpolitik der Regierung Berlusconi zu protestieren. Der Gewerkschaftsverband CGIL, mit fünf Millionen Mitglieder die stärkste Arbeitnehmerorganisation in Italien, hat am Samstag zur Mobilisierung aufgerufen.

In über 150 Städten kam es zu Protesten gegen das wirtschaftliche und soziale Programm des Mitte-Rechts-Kabinetts. In Rom fand eine grosse Demonstration statt, an der sich über 15’000 Menschen beteiligten. „Die Fehlbeschlüsse der Regierung Berlusconi radieren die individuellen und kollektiven Rechte aus, tragen zur Reduzierung der Gehälter und Pensionen bei und benachteiligen Jugendliche, Arbeitnehmer und Rentner“, so CGIL-Chef Guglielmo Epifani.

Zu Protesten kam es auch wegen der von der Regierung geplanten Einschnitte im Schulwesen. 87’000 Lehrerstellen sollen in den nächsten drei Jahren gestrichen werden, weitere 44’000 werden im administrativen Bereich wegfallen, was den staatlichen Kassen Einsparungen von acht Milliarden Euro einbringen soll, heisst es in der Schulreform der Regierung.

Die Gewerkschaften haben inzwischen einen Generalstreik ins Gespräch gebracht für den Fall, dass die „Schulreform“ nicht zurückgenommen wird. Für heute Montag sind weitere Demonstrationen in Rom zur Rettung des öffentlichen Schulsystems geplant. Zudem hat der Gewerkschaftsverband CISL eine Grossdemonstration in Rom für den 11. Oktober angekündigt. Für diesen Tag hat auch die Rifondazione Comunista zur Demonstration gegen die „aggressive« Berlusconi-Politik“ aufgerufen.

Italien: Herbstkampagne gegen „aggressive Politik“

Zwei Monate nach der Wahl des Exsozialministers Paolo Ferrero zum neuen Parteisekretär startet Italiens Rifondazione Comunista ihre »Herbstkampagne«. Kampf gegen die Teuerungswelle, die immer mehr italienische Familien schwer belastet, und Einsatz für bessere Löhne sind die Prioritäten der Kampagne mit dem Slogan »Neustart von der Opposition«.

»Millionen Italiener können nicht mehr mit ihren niedrigen Löhnen und Gehältern auskommen, doch die Regierung Berlusconi ignoriert diese dramatische Lage, und die Demokratische Partei (PD, stärkste Oppositionspartei) führt keine echte Opposition im Land. Wir sind die einzige Partei, die an der Seite der Arbeitnehmer und der Bürger steht«, erklärte Ferrero am Dienstag. Die Herbstkampagne wird ihren Höhepunkt am 11. Oktober erreichen. Geplant ist eine Demonstration in Rom gegen »die aggressive Politik der Mitte-rechts-Allianz« in Rom.

Der Parteisekretär warnte vor der zunehmenden Inflation, die in Italien ein Rekordhoch von 4,1 Prozent erreicht hat. Die Wirtschaftslage sei besorgniserregend. Nach einem überraschend starken Rückgang der Industrieproduktion stünden die Zeichen auf Rezession. In diesem Jahr werde Italien nur noch ein mageres Plus beim Bruttoinlandprodukt von 0,1 Prozent zugetraut.

In der am Dienstag bekanntgewordenen neuen Parteiführung, die noch von einem Parteitag bestätigt werden muß, ist Ferrero von engen Vertrauten umgeben. Sie besteht mehrheitlich aus Mitgliedern des Ferrero-Flügels, der sich hartnäckig gegen eine Fusion der Rifondazione mit den Italienischen Kommunisten (PDCI) wehrt. Die beiden Parteien sind seit zehn Jahren getrennt. Sieben Mitglieder gehören dem trotzkistischen Flügel »Falcemartello« unter der Leitung von Claudio Bellotti an. Gianluigi Pegolo vertritt im Parteigremium den leninistischen Flügel des »Ernesto«, das beim Kongreß im Juli 7,7 Prozent der Stimmen erhalten hatte.

Dem Gremium gehört kein einziges Mitglied der internen Minderheit um den Präsidenten der Region Apulien, Nichi Vendola, an, der mit der Unterstützung des Exparteisekretärs Fausto Bertinotti um eine Wiedervereinigung der Rifondazione mit der PDCI kämpft. Im Amt bestätigt wurde der Schatzmeister der Partei, Sergio Boccadutri.

Quelle: Micaela Taroni / junge Welt

Gemeinsame Listen zur Europawahl

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Seit dem Parteitag am vergangenen Wochenende hat die Rifondazione Comunista (PRC) eine neue Führung, die relativ bunt zusammengesetzt ist. Sie sind Vertreter der linken Strömung um die Zeitschrift l’Ernesto. Mit 7,7 Prozent der Delegierten war es die grösste der drei kleinen Strömungen, die bei der Wahl von Paolo Ferrero zum neuen Generalsekretär entscheidend waren. Wird es nicht schwierig, so unterschiedliche Kräfte zusammenzuhalten?

Das stimmt. Die neue politische Mehrheit ist Ausdruck unterschiedlicher politischer Fraktionen. Aber auch wenn wir unterschiedlicher Herkunft sind, habe ich den Eindruck, dass das Dokument, das wir beschlossen haben, bedeutende Übereinstimmungen enthält. Vor allem besteht der klare Wille, eine Wende nach links, in Richtung kommunistischer Politik, zu vollziehen. Ausserdem wurde eindeutig festgestellt, dass das Gründungsprojekt einer Linkspartei, in der die Kommunisten sich hätten auflösen sollen, gescheitert ist. Dieses Vorhaben ist nicht das Projekt von Rifondazione heute nicht und morgen schon gar nicht. Darüber hinaus wurde die auf dem letzten Parteitag im März 2005 in Venedig mehrheitlich beschlossene Ausrichtung auf eine Regierungsbeteiligung aufgegeben. Wir sind keine Untertanen der Demokratischen Partei und der Ansicht, dass die Bedingungen für ein gemeinsames Regieren nicht bestehen. Auf lokaler Ebene werden wir von Fall zu Fall entscheiden. Und dabei die wichtigste Voraussetzung prüfen, nämlich ob das Bündnis dazu dient, die sozialen Missstände zu beseitigen. Wenn man regiert, ohne dass einem das gelingt, verliert man die Beziehung zur Gesellschaft. Und die Gesellschaft rückt nach rechts.

Ihre Fraktion steht der strategischen Linie der kleineren Partei der Italienischen Kommunisten (PdCI), die auf die Wiedervereinigung mit der PRC hinarbeitet, wohlwollend gegenüber. Werden Sie innerhalb der Rifondazione dafür kämpfen?

Darin sehen wir unsere Aufgabe. Wir werden versuchen, Mehrheiten für unsere Perspektive, die Vereinigung der Kommunisten, zu schaffen. Die erste Gelegenheit, um die Übereinstimmung zu testen, könnte die gemeinsame Organisation einer Grossdemonstration im Herbst sein. Es ist absurd, dass mehrere kommunistische Parteien nebeneinander existieren. Die Arbeiter und die Massen verstehen das nicht. Im übrigen haben PRC und PdCI in allem identische Positionen. Von den sozialen Fragen über die Rechte der Arbeiter und Migranten bis hin zur Vorstellung von Europa, das heisst in der Ablehnung des Lissabon-Vertrages. Die zweite Gelegenheit könnte die Aufstellung gemeinsamer Listen zu den Europawahlen 2009 sein – mit Hammer und Sichel als Symbolen.

Dennoch lehnt die knappe Hälfte der PRC die Wiedervereinigung der Kommunisten ohne zu zögern ab. Wie stehen Sie zur neuen Opposition innerhalb der Partei?

Diejenigen, die sich nicht als kommunistisch betrachten, das heisst die Minderheit von Rifondazione, die Demokratische Linke (Sinistra Democratica) und die Sozialistische Partei, sollten sich ebenfalls zusammentun, um eine linke Gruppierung sozialistischen Typs ins Leben zu rufen. Das könnte die Gelegenheit sein, parallel zu unserer Arbeit, den Balkanisierungsprozess, also die Zersplitterung, der linken Kräfte in unserem Land ein für alle Mal zu überwinden.

Ihre Strömung hat gegen das Vorgehen auf dem Parteitag von Venedig vor drei Jahren protestiert, wo Fausto Bertinottis Mehrheit die oppositionellen Vertreter aus der Parteiführung verbannte. Die jetzige Situation ist ähnlich, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Fühlen Sie sich da nicht etwas unwohl?

Meines Erachtens gibt es einen deutlichen Unterschied. In Venedig hat die damalige Mehrheit mit 59 Prozent der Stimmen das Nationale Sekretariat komplett besetzt und unsere Forderung nach einer gemeinsamen Leitung abgelehnt. Dieses Mal hat die Mehrheit hingegen eine politische Linie vertreten und auf deren Grundlage eine gemeinsame Führung gefordert, die von der Minderheit abgelehnt wurde. Ich hoffe nur, dass letztere keine Obstruktionspolitik betreibt. Bertinotti und Niki Vendola verfolgen ganz eindeutig ein anderes strategisches Projekt als wir. Das respektiere ich. Aber wenn sie das umsetzen wollen, müssen sie es mit denjenigen tun, die dazu bereit sind.

Was soll demnach der erste Schritt der PRC sein?

Eine Grossdemonstration im Herbst, die nicht nur dazu dient, eine soziale Opposition auf den Weg zu bringen. Es geht darum, eine Plattform antikapitalistischen Typs zu schaffen, auf deren Grundlage alle verstreuten kommunistischen Kräfte zusammenkommen können.

Interview: Rosso Vincenzo, erschienen in der Jungen Welt