Der Kapitalismus greift an


Der Bundesrat erwägt eine Aktivierung der sogenannten Ventilklausel zur Begrenzung der Zuwanderung aus der EU. Genauer heisst das, dass die Zahl der B-Bewilligungen für Staatsangehörige aus den «alten» EU-Ländern (E15) sowie Malta und Zypern beschränkt wird. Dass Arbeitnehmer die Fehler des Kapitalismus ausbügeln müssen, ist unübersehbar.

Die im Freizügigkeitsabkommen vorgesehene Ventilklausel erlaubt die Erlassung einer Kontingente, falls die Zahl der Aufenthaltsbewilligungen in einem bestimmten Jahr mindestens zehn Prozent über dem Durchschnitt der drei Vorjahre liegt. Diese Bedingung im Falle der B-Bewilligungen wäre bereits vor einem Jahr erfüllt gewesen. Damals sagte der Bundesrat, dass es nicht im Interesse der Schweiz wäre die Ventilklausel zu aktivieren. Die Nachfrage der Schweizer Wirtschaft nach Arbeitskräften aus der EU sei anhaltend stark. „Die Wirtschaftslage ist heute anders“, so der Bundesrat. Schon im Winterhalbjahr 2008/2009 haben rund 40 Prozent weniger Bürger aus «alten» EU-Staaten eine fünfjährige Aufenthaltsbewilligung erhalten als ein Jahr zuvor.

Ablenkungsmanöver

Die Ventilklausel, auch Schutzklausel genannt vermag weder den Arbeitsmarkt retten noch die Sozialwerke entlasten. Den Sozialwerken würde die Schutzklausel sowie die rückläufige Zuwanderung nichts nützen. Ihnen geht es um jene Ausländer, die bereits in der Schweiz leben und arbeitslos sind. Befürworter der Kontingentierung behaupten, dass es eventuell die letzte Gelegenheit sei, die Kontrolle über die Immigration aus der EU zu behalten. Wie diskriminierend das sei, versteht sich von selbst. Der EU-Botschafter Michael Reiterer wollte keinen Kommentar abgeben, da er die Pläne des Bundesrates nicht kenne. Er verwies aber auf die Äusserungen vom EU-Kommissar Vladimir Spidla. Spidla tadelte Österreich und Deutschland, weil diese beschlossen hatten ihre Einwanderungseinschränkungen gegenüber EU-Osteuropäern bis 2011 zu behalten. Ganz anders als Belgien und Dänemark, die ihre Arbeitsmärkte seit dem 1.Mai vollständig geöffnet haben. Kaum einer spricht sich für die Kontingentierung aus. Die Linke und die Gewerkschaften sprechen sogar von einem Manöver, das von der Frage eines dritten Konjunkturpaketes ablenken soll. Wenn der Kapitalismus in der Krise steckt, greift er gerne auf menschenverachtende Methoden zurück. Dies ist das beste Beispiel dafür.