«Eure Suppe löffeln wir nicht aus!»

Über 1000 Industriearbeitnehmende haben am 15. Juni in der ganzen Schweiz vor 20 Industriebetrieben unter dem Motto «eure Suppe löffeln wir nicht aus» gegen Entlassungen, Rentensenkungen und Sozialabbau protestiert.

Tenor der Aktion: Die Massenentlassungen und die Rentenkürzungen auf Kosten der Arbeitnehmenden sind – angesichts der Rekordgewinne der vergangenen Jahre, der immer noch steigenden Dividendenrenditen und der Millionensaläre der Topmanager – ein Skandal.

In den Schweizer Industriebetrieben steht eine katastrophale Entlassungswelle bevor. Ergreift die Politik nicht endlich wirksame Gegenmassnahmen, sind im kommenden Jahr bis zu 300’000 Arbeitslose zu erwarten. Trotzdem will der Bundesrat in den nächsten Tagen ein «Konjunkturprogramm» verabschieden, dass diesen Namen auch nicht ansatzweise verdient. Und die Arbeitnehmenden werden noch zusätzlich bestraft, indem sie allein für die Börsenverluste der Pensionskassen aufkommen sollen.

Gegen diese falsche Krisenpolitik protestierten heute Industriearbeitnehmende vor 20 Industriebetrieben in der ganzen Schweiz. Dabei verabschiedeten die Anwesenden eine Resolution für eine andere Wirtschaft im Interesse der Lohnabhängigen, welche von den Bedürfnissen der Menschen statt von der Profitlogik des Kapitals ausgeht. Die Resolution fordert den ökologischen Umbau der Wirtschaft, eine nachhaltige Pensionskassenpolitik ohne Börsenspekulation, mehr Mitbestimmungsrechte in den Unternehmen sowie den Schutz der gewerkschaftlichen Vertrauensleute und aktive Massnahmen von Seiten der Politik und der Wirtschaft für eine anständige berufliche Perspektive für Lehrabgänger und junge Erwachsene.

Sanierungsmoratorium, Sozialplanpflicht und … Suppenlöffel

An den Aktionen beteiligten sich an verschiedenen Standorten in den Kantonen Zürich, Bern, Solothurn, Basel-Stadt und Basel-Land, Aargau, Schwyz, Schaffhausen, Jura, Fribourg und Genf über 1000 Arbeitnehmende. In Baden, vor der Toren der Alstom, geisselte Nationalrat Max Chopard die Pensionskassensanierungen auf dem Buckel der Arbeitnehmenden. Eine Nullverzinsung der Pensionskassenguthaben und eine weitere Senkung des Umwandlungssatzes seien inakzeptabel, erklärte er vor 60 KundgebungsteilnehmerInnen. Von der Politik forderte Chopard endlich ein Kriseninvestitionspaket, das diesen Namen verdiene und bis zu 10 Milliarden Franken umfassen müsse.

300 Protestierende – die von der Entlassung bedrohte Belegschaft und SympathisantInnen – versammelten sich bei der Feintool-Tochterfirma Mühlemann in Biberist (SO). Unia-Sekretär Markus Baumann rief das Management auf, sich an der Ausarbeitung von Alternativen zur geplanten Betriebsschliessung zu beteiligen. Auf dem Industrieareal in Winterthur forderte Kantonsrätin Hedi Strahm auch die Kantonsregierungen zu einer aktiven Krisenpolitik auf. Die über 100 anwesenden Protestanten kritisierten die laufenden Massenentlassungen und forderten stattdessen die Ausschöpfung der Kurzarbeit. Vor den Toren der Burkhardt Compression AG und der Zimmer GmbH übergaben sie symbolisch zwei riesige Suppenlöffel. In Schaffhausen, wo der Georg Fischer Konzern unlängst mit Massenentlassungen und einer Kürzung der BVG-Renten Schlagzeilen gemacht hat, kritisierte Unia-Sekretär Alex Granato, dass in der Schweiz Entlassungen zu billig seien. Er forderte eine Sozialplanpflicht mit Mindeststandards und den obligatorischen Einbezug der Gewerkschaften in Sozialplanverhandlungen.

Gewerkschaft kritisiert Konjunkturpaket

Das vom Bundesrat heute vorgestellte zweite Konjunkturpaket genügt bei weitem nicht. Mit der Verlängerung der Kurzarbeitsentschädigung erfüllt die Landesregierung zwar eine gewerkschaftliche Forderung, aber für eine wirksame Krisenbekämpfung braucht es zusätzliche Anstrengungen. Mit dem Gartenschlauch kann der Krisenbrand nicht gelöscht werden. Die Stellungsnahme der Gewerkschaft Unia.

Rund um den Globus haben die Regierungen den Ernst der Lage erkannt und Massnahmen zur Krisenbekämpfung aufgegleist. Rund 3 Prozent ihres Bruttoinlandprdouktes (BIP) werfen die Exportnationen Japan und Deutschland in den nächsten Monaten für die Krisenbekämpfung auf, 6 Prozent des BIP sind es in den USA und sogar 18 Prozent in China. Demgegenüber verhält sich die Schweizer Landesregierung passiv. Daran ändert auch das heute verabschiedete zweite Konjunkturpaket über 700 Millionen Franken nichts – mit insgesamt einer Milliarde Franken bzw. 0.2 Prozent des BIP bleibt das schweizerische Konjunkturprogramm im internationalen Vergleich weit zurück.

Zuerst hat die Krise in der Schweiz vor allem die Unternehmen in den exportorientierten Branchen getroffen, bald fehlen den Betrieben der Binnenwirtschaft die Aufträge. Absehbar ist auch, dass der Privatkonsum angesichts zunehmender Arbeitslosigkeit, explodierender Krankenkassenprämien und sinkender Kaufkraft in Schwierigkeiten geraten wird. Statt sich hinter der „Schuldenbremse“ zu verstecken muss der Bundesrat daher endlich die wirtschaftlichen Notwendigkeiten erkennen und mit einem viel umfangreicheren Konjunkturpaket Gegensteuer geben.

Die Landesregierung hat vor kurzem quasi über Nacht 69 Milliarden aus dem Bundeshaushalt für eine serbelnde Grossbank mobilisiert – es ist nicht einzusehen, warum jetzt, wo es um das Wohl der gesamten Volkswirtschaft geht, keine griffigen Massnahmen möglich sein sollen. Der gewerkschaftliche Vorschlag für ein Investitionspaket im Umfang von 7 Milliarden Franken muss daher rasch realisiert werden, um eine tiefe Rezession zu verhindern. Zudem muss der Bundesrat mit einer stärkeren Verbilligung der Krankenkassenprämien die Kaufkraft der einkommensschwachen Haushalte schützen.

Mit der heute beschlossenen Verlängerung der Kurzarbeitsentschädigung auf 18 Monate hat der Bundesrat eine gewerkschaftliche Forderung erfüllt und einen Schritt zur Dämpfung der steigenden Arbeitslosigkeit gemacht. Auch diesbezüglich sind aber weitergehende Anstrengungen notwendig; so braucht es insbesondere eine Weiterbildungsoffensive für Kurzarbeitende und Arbeitslose, wie sie die Gewerkschaften in der Pressekonferenz am 20. Januar skizziert haben.

Ständerat winkt UBS-Hilfspaket durch

Die Finanzkommission des Ständerats hat heute alle Anträge abgelehnt, welche die 62 Milliarden Franken für die UBS an klare Bedingungen geknüpft hätte. Der Ball liegt nun beim Nationalrat.

Wie die SP in ihrer Medienmitteilung schreibt, erwartet sie von der nationalrätlichen Schwesterkommission, dass sie im Interesse der Steuerzahlenden den UBS-Deal mit klaren Gegenleistungen verknüpft. «Es ist höchst bedauerlich, dass die Finanzkommission des Ständerats den Handlungsbedarf negiert. Damit verzichtet sie auf jeglichen Einfluss auf die UBS während der Dauer der Bundes-Subventionen!» kritisiert die Basler Ständerätin Anita Fetz den Entscheid. Mit mehreren Anträgen haben die SP-VertreterInnen versucht, die Bundesmilliarden an Bedingungen zu knüpfen.

Die nationalrätliche Finanzkommission wird das Thema bereits in wenigen Tagen beraten. Dann bestünde erneut die Möglichkeit, den UBS-Deal an klare Auflagen zu knüpfen. Erstens braucht es klare Regelungen für die UBS. So sind etwa die übertriebenen Boni und Saläre solange einzuschränken, wie der Bund der UBS mit finanziellen Mitteln hilft. Zweitens müssen Finanzspekulationen verboten werden. Und drittens muss die Realwirtschaft mit Konjunkturprogrammen angekurbelt werden. Die Prognosen hinsichtlich Wirtschaftsentwicklung und Stellenmarkt zeigen klar, wie dringend nötig solche konjunkturstützende Massnahmen jetzt sind.