Mahnwache gegen Ausschaffung

Vor einigen Tagen wurde Saidou Alembo, ein Mitglied des Bleiberecht-Kollektivs Bern, ins Regionalgefängnis Bern gebracht. Er soll demnächst gegen seinen Willen nach Gambia ausgeschafft werden. Mit einer Mahnwache bekunden das Bleiberecht-Kollektiv sowie verschiedene unterstützende Organisationen und Personen nun ihre Solidarität mit ihm und protestieren gegen die menschenverachtende Ausschaffungsmaschinerie.

Die mehrtägige Solidaritätsaktion beginnt am Dienstag dem 29. November 2011. Ab diesem Tag werden die Unterstützer_innen jeden Abend vor dem Regionalgefängnis in Bern eine Mahnwache abhalten. Die Mahnwache richtet sich gegen die Inhaftierung und drohende Ausschaffung des Mitglieds des Bleiberecht-Kollektivs und macht deutlich, dass die Unterstützer_innen diese menschenverachtende Repressions- und Ausgrenzungsmaschinerie nicht tatenlos hinnehmen.

Flüchtlinge aus ehemals kolonialisierten und weiterhin ausgebeuteten Staaten, welche die Schweiz nicht verlasssen wollen, werden durch die Ausschaffungsmaschinerie in einen Status entrechteter Untermenschen gedrängt. Ausschaffungen sind für die betroffenen Menschen mit einer enormen psychischen und physischen Belastung verbunden. Behörden setzen die Betroffenen unter Androhung von Zwangsausschaffungen unter Druck, sich einer so genannten   „freiwilligen Ausreise“ zu unterwerfen. Wenn die Betroffenen trotz Drohungen Widerstand gegen diese „freiwillige Ausreise“ leisten, steht ihnen eine Zwangsausschaffung bevor. Obwohl Zwangsausschaffungen bereits mehrere Todesopfer gefordert haben, wenden die Schweizer Migrationsbehörden diese weiterhin an.

Deshalb protestieren wir gegen jegliche Ausschaffungen und bekunden jeden Abend unsere Solidarität mit Saidou Alembo.

SOFORTIGER STOPP DEN AUSSCHAFFUNGEN! KEIN MENSCH IST ILLEGAL!

Quelle und weitere Infos: www.bleiberechtbern.ch

Ausschaffungs-Sonderflüge: Skandalöse Personalwahl

Die Veröffentlichung der Personen, die fürs Monitoring auf den Ausschaffungs-Sonderflügen eingesetzt werden, hat die schlimmsten Befürchtungen übertroffen: Das unabhängige Monitoring ist schon jetzt eine Behördenlüge.
Prominenteste Vertreterin im Club der BeobachterInnen: Dora Andres, ex-Polizeidirektorin von Bern. Sie trägt die politische Verantwortung für den ersten Ausschaffungstoten, Khaled Abuzarifa. Ihre Beamten haben den 27-jährigen Palästinenser am 3. März 1999 mit einem Klebeband erstickt. In der Folge hat diese Frau zwar die Beamte politisch geschützt und sogar von sämtlichen Disziplinarmassnahmen abgesehen, gegenüber den Hinterbliebenen gebar sie sich aber unglaublich kaltschnäuzig: Es gab nie eine Entschuldigung an die Familie, und sie hat nicht einmal dafür gesorgt, dass diese die letzte Habe ihres hier getöteten Sohnes erhalten. Auch in einer regierungsrätlichen Interpellationsantwort spricht sie nach einem Satz des Bedauerns wieder ausschliesslich darüber, dass der Todesfall ihre Beamten belastet hätte. Mindestens die Kaltschnäuzigkeit hätte sie für das Monitoring.
Der Blick auf die weiteren BeobachterInnen zeigt sofort: Unabhängigkeit und Unbefangenheit waren bei der Rekrutierung keine Priorität. Sämtliche Beteiligte waren oder sind im Staatsdienst, und zwar bei der Exekutive. Nicht einmal die Gewaltentrennung wurde eingehalten. Offenbar war es dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK) und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH)nicht möglich, die versprochenen „von allen Seiten akzeptierten“ neutralen BeobachterInnen zu rekrutieren.
Als zentral verantwortlich für diese Misere muss der SEK bezeichnet werden. Er hat offensichtlich nicht verstanden, dass es nicht um Migrationsfragen, sondern die öffentliche Kontrolle bei der Ausübung von polizeilicher Gewalt geht. Auch scheint er offenbar in keiner Weise fähig, die Anforderungen der Zivilgesellschaft an ein Monitoring zu verstehen und durchzusetzen. Dazu würde auch gehören, dass nicht nur gegenüber den Behörden, sondern auch der Öffentlichkeit transparent berichtet wird. Leider zeigt sich, dass der gute Wille kein Ersatz für Fachkompetenz sein kann.
Augenauf fordert den Abbruch dieser als Monitoring bezeichneten Übung und die Beauftragung einer erfahrenen, kompetenten und wirklich unabhängigen Organisation mit dem Aufbau einer vorgeschriebenen neutralen und transparenten Beobachtung der Ausschaffungsflüge.

Quelle: augenauf zürich

Hungerstreik im Auschaffungsgefängnis Zürich-Kloten

Gut 150 Menschen, unter ihnen viele Migrantinnen und Migranten, zogen heute Sonntagnachmittag in einem spontanen Protestmarsch vor das Ausschaffungsgefängnis Zürich-Kloten, um ihre Solidarität mit den Insassen zu bekunden. Gefangene, die aus dem Zellenfenster rufend, Kontakt zu den Demonstrantinnen und Demonstranten herstellten, berichteten, dass sich viele Gefangene seit vergangenem Mittwoch im Hungerstreik befinden. Sie protestieren gegen den Tod des 29-jährigen Alex Uzuwulu, der vergangenen Mittwoch während der gewaltsamen Ausschaffung nach «Level 4» (oft Überfall durch maskierte Polizisten in der Zelle, Fesselung, allenfalls Fixierung auf Rollstuhl oder Bahre) verstarb.

Es beteiligen sich, so die Informationen aus dem Gefängnis, Gefangene in allen Stockwerken am Hungerstreik. Sie machten keine Angaben über die geplante Dauer des Hungerstreiks. Im vierten Stock des Gefängnisses soll auch ein einjähriges Kleinkind (zusammen mit der Mutter) einsitzen, sagte ein Gefangener.

augenauf fordert die Untersuchung der Ursachen des tragischen Todes von Alex Uzuwulu durch eine unabhängige, anerkannte Institution, zum Beispiel durch das CAT (Committee against Torture) des UN Hochkommissars für Menschenrechte.

Hintergrund

Alex Uzuwulu ist bereits der dritte Flüchtling, der während der Ausschaffung in der Schweiz zu Tode gebracht wurde. Am 3. März 1999 erstickte der 27-jährige Palästinenser Khaled Abuzarifa an der Knebelung durch Klebeband. Am 1. Mai erlitt Samsung Chukwu den so genannten «lagebedingten Erstickungstod», als ihn Polizisten einer Walliser Sondereinheit noch im Gefängnis fesselten.

Im Ausschaffungsgefängnis Zürich-Kloten (FGII – Flughafengefängnis II) sitzen ausschliesslich Administrativhäftlinge, also Gefangene, die nur wegen ihrem Aufenthaltsstatus bis maximal 24 Monaten einsitzen («Ausschaffungs»-, «Vorbereitungs»- und «Durchsetzungshaft». Im FGII befinden sich KEINE Strafgefangenen.

Quelle: augenauf zürich

AUSSCHAFFUNG IST MORD!

Am Mittwoch, 17. März ist ein 29-jähriger Flüchtling aus Nigeria bei der gewaltsamen Vorbereitung auf einen Sonderflug nach Lagos in Kloten gestorben. Demo am Sonntag, 21. März, 14 Uhr, beim Central Zürich, Nähe HB!
Einmal mehr musste ein Flüchtling für seinen Willen hier bleiben zu wollen mit dem Leben bezahlen. Zur Erinnerung: Khaled Abuzarifa erstickt 1999 jämmerlich, weil ihm von der Polizei der Mund verklebt wurde. Samson Chukwu starb 2001 in seiner Zelle während Beamte ihn mit Gewalt fesselten. Statt die beteiligten Beamten umgehend wegen Verdunklungsgefahr in Untersuchungshaft zu nehmen, stellen die Behörden das Ganze als tragischen Unfall hin und machen das Opfer zum eigentlichen Täter. Es war ja nur ein Drogenhändler…

Um unsere Solidarität mit den gefangenen Flüchtlingen im Ausschaffungsknast zu zeigen und um diese in ihrem alltäglichen Kampf um ein Bleiberecht zu unterstützen, rufen wir zu einem Knastspaziergang nach Kloten auf!

Ihr nennt es Unfall – wir nenne es Mord!

Ihr nennt ihn Drogenhändler – wir nennen euch Mörder!

Wann? Sonntag, 21. März um 14:00 Uhr

Was? Knastspaziergang zum Flughafengefängnis Kloten

Wo? Treffpunkt beim «Central» (Nähe Hauptbahnhof)

Illegale Ausschaffung einer kolumbianischen Mutter

Am Sonntag 20. September 2009 um 18.00 Uhr wurde Maria Dennis Diaz (44), Kolumbianerin, wohnhaft in Zürich seit 1998, ausgeschafft. Die Ausschaffung fand drei Tage nach ihrer Verhaftung statt. Die Polizei tauchte am Donnerstag 17. 9. um etwa 5.30 Uhr in ihrer Wohnung auf und nahm sie mit zur Kaserne, wo ihr Sohn Juan Jacobo Montana (17) seit Dienstag 15. 9. in Haft war.

Der Junge wollte zum Fussballspiel ins Stadion, als er von der Polizei verhaftet wurde. Er wurde unterdessen dem Haftrichter vorgeführt und befindet sich in Ausschaffungshaft.

Das Bleiberecht-Kollektiv betont, dass das Vorgehen der Behörden in diesem Fall nicht nur moralisch unhaltbar, sondern auch eindeutig illegal ist. So wurde u.a. Art. 44 des Asylgesetzes zur Einheit der Familie verletzt (Maria Dennis Diaz war einmal in einem Asylverfahren). Die Trennung von Mutter und minderjährigem Sohn ist nicht rechtlich. Ausserdem sollte nach Art. 64 des Ausländergesetzes bei einer formlosen Wegweisung eine Beschwerde innert drei Tagen möglich sein. Die Sans-Papiers Anlaufstelle hat am Samstag, den 19.9. per Fax an die zuständigen Behörden eine substantiierte juristische Eingabe gemacht. Darin wurde gefordert:

·     eine beschwerdefähige Verfügung betreffend der formlosen Wegweisung gemäss Art. 64, Abs. 2 Aug

·        die unverzügliche Aufhebung des Vollzugs der Wegweisung gemäss EMRK, Art. 8 und Art. 9, KRK

·        die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung betreffend Vollzug der Wegweisung

Dass die Behörden die Ausschaffung nicht sistiert haben – im Wissen, dass die entsprechenden Ämter am Wochenende nicht arbeiten – kommt einer Ausserkraftsetzung des Beschwerderechts gleich. Eine Ausschaffung in drei Tagen an einem Sonntag ist ungesetzlich!

Am Freitagabend hat das Migrationsamt dem Anwalt von Dennis Diaz, Peter Nideröst, mitgeteilt, dass im Fall von Dennis und ihrem Sohn keine Entscheidung gefallen sei. Am Sonntag hat die Kantonspolizei klare Informationen über Dennis und Juan Jacobo verweigert. Weder die ca. 70 Personen, die sich spontan vor der Kaserne versammelt haben, um gegen die Ausschaffung zu protestieren, noch die Sanspapiers Anlaufstelle Zürich wurden über die Situation von Dennis und ihrem Sohn informiert. Am gleichen Abend gegen 20 Uhr hat Dennis mit einem Aktivisten des Bleiberechts aus Frankfurt telefoniert. In einem kurzen Gespräch erzählte sie, sie sei in der Kaserne gewesen, als die Demonstration stattfand.

Während der Verhaftung in ihrer Wohnung, erzählte Dennis, habe die Polizei 1.100.- Fr. in bar beschlagnahmt. Später, während der Inhaftierung, habe die Polizei zusätzlich 7.500.- Fr. Ersparnis, die sie in der Bezirksparkasse Dielsdorf hatte, weggenommen. Im Flughafen hat Dennis 700.- bekommen. Der Rest dieses Geldes [wie viel?] soll die Verfahrungskosten decken. Dennis wohnt seit ca. zwölf Jahren nicht mehr in Kolumbien. Ihre Familienangehörigen leben weit entfernt von Bogotá, Zielstadt der Ausschaffung.

Die Zeit der Inhaftierung hat Dennis getrennt von ihrem Sohn verbracht. Bis zur letzten Minute wurde ihr jeglicher Kontakt zu ihrem Sohn verweigert. Juan Jacobo ist mit fünf Jahren in die Schweiz gekommen. Hier besuchte er erfolgreich neun Jahre die Volksschule, bis er eine Lehrstelle finden musste, was wegen seiner Papierlosigkeit unmöglich war. Mehr als drei Viertel seines Lebens hat Juan Jacobo in Zürich verbracht. Er ist hier gross geworden und Kolumbien ist für ihn ein fremdes Land. Heute Montagvormittag wurde Juan Jacobo dem Haftrichter vorgeführt und ist anschliessend inhaftiert worden. Seine Ausschaffung konnte nicht vollzogen werden, da er keinen Pass besitzt. Die Polizei bemüht sich, eine Geburtsurkunde von Juan Jacobo zu finden, um ihn so bald als möglich ausschaffen zu können. Obwohl Dennis sich kooperativ gezeigt und angeboten hat, das Dokument aus ihrer Wohnung zu holen, hat die Polizei ihren Vorschlag abgelehnt.

Die Ungerechtigkeit, die Willkür und der Mangel an Transparenz in diesem Fall zeigen erneut deutlich die Essenz der Migrations- und Asylpolitik der Schweiz und deren spezielle Anwendung im Kanton Zürich. Eine Politik, die gegen die europäische Menschenrechtskonvention und andere internationale Abkommen verstösst.

Die Bleiberechtskampagne setzt sich weiterhin ein für eine allgemeine Regularisierung von Menschen ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz. Ebenfalls rufen wir dazu auf, das Bewusstsein gegen die Ungerechtigkeit zu schärfen. Wir brauchen Zivilcourage, um diese Ungerechtigkeit zu stoppen.

FREIHEIT FÜR JOHN – FLUCHT IST KEIN VERBRECHEN!

Zeigen wir John unsere Solidarität und gehen wir gemeinsam zur Gerichtsverhandlung! Dienstag 14. April ’09 um 12:00 Uhr, Flüchtlingscafé (Infoladen Kasama, Militärstrasse 87a, Zürich. Die Gerichtsverhandlung wird um 13:30 Uhr beim Bezirksgericht Zürich stattfinden.

Seit drei Jahren in Haft

John, ein Aktivist der Sans-Papiers Bewegung ist seit dem 23.Dezember 08  wieder in Haft. Am Di. den 14. April findet die Gerichtsverhandlung wegen wiederholten illegalen Aufenthaltes in der Schweiz statt (zu seiner Geschichte siehe auch unten).
John ist seit 3 Jahren in der Schweiz wovon er schon 22 Monate im Gefängnis verbracht hatte. Nun will man ihn für weitere 9 Monate einsperren. Was soll der Scheiss!!

Johns Geschichte in der Schweiz beginnt im Juli 2006. Er kommt mit dem Flugzeug und ein paar wenigen Habseligkeiten, darunter seine Sportschuhe. John wurde von einem Sportklub eingeladen, in Zermatt an einem Rennen teilzunehmen. Wie er die Einladung erhalten hat, hat er gewusst, dass er unbedingt da hin will. Hin muss. Irgendwie. John ist 24. Die Perspektiven in Kenya, seinem Land, sind nicht besonders ermutigend; John hat eine Ausbildung zum Mechaniker absolviert, doch in Nairobi eine Anstellung zu finden ist fast so schwierig wie Schweizergardist im Vatikan zu werden. Doch John  hat Hoffnung hat in seinem Herzen und Träume in seinem Kopf und so steigt er nach dem Event nicht wieder ins Flugzeug, fliegt nicht nach Kenya zurück. Bald merkt er, wie das hier läuft, bzw. nicht läuft und ohne Asylantrag läuft gar nichts? also stellt er einen Asylantrag. Die Antwort ist kurz und klar, auf sein Gesuch wird nicht eingegangen. John gibt noch nicht auf. Alle paar Wochen zieht er in eine neue Notunterkunft, lebt mit acht Franken Migrosgutscheinen pro Tag so gut es geht. Inzwischen hat er Freunde gefunden, Schweizer, Afrikaner, Asiaten, spielt doch keine Rolle.

Ohne Gespräche, ohne Vorwarnung
Acht Monate später geht alles sehr schnell, wenn auch die Zeit für John unendlich lang werden wird? er kommt in eine Polizeikontrolle, wird, weil er keine Papiere zum Vorweisen hat, verhaftet. Zuerst eine Woche Bezirksgefängnis, dann Flughafengefängnis Kloten, Ausschaffungshaft. An die drei Monate, die man ihm  zuerst gibt, werden weitere drei gehängt, und wieder drei, und wieder und wieder? zweimal sollte John in dieser Zeit ausgeschafft werden, zweimal hat man ihn ? ohne Gespräch und ohne Vorwarnung, am Morgen geweckt und zum Flugzeug gebracht. Erst beim Flugzeug die Frage, ob er bereit sei, nach Kenya zurückzukehren. John verneint und wird zurück in seine Zelle gebracht. Nach 17 Monaten mag John nicht mehr. Er sitzt im Gefängnis ohne ein Verbrechen begangen zu haben. Er teilt den Behörden mit, dass er in seine Heimat zurück möchte. Kurz darauf wird er frei gelassen mit einem Schreiben, dass er die Schweiz innerhalb 48 Stunden verlassen müsse. John hat die Wahl zwischen illegal bleiben oder illegal über die Grenze gehen. Er bleibt. Wieder die Wanderungen zwischen den Notunterkünften. John engagiert sich bei Bleiberecht, setzt sich ein für mehr Menschlichkeit. Dann, kurz nach Weihnachten letzten Jahres, wird John erneut verhaftet. Zwei Monate ist er in Untersuchungshaft. Die Bedingungen sind hart, einmal wöchentlich eine Stunde Besuch, einmal wöchentlich duschen, einmal pro Tag die Zelle für ca. 1 Stunde verlassen. Die restliche Zeit ist John eingesperrt, Betonmauern, irgendwo hoch oben ein Fenster, dank welchem er knapp erkennen kann, ob es Tag ist oder Nacht.

Anfang März wird John in die Strafanstalt Pöschwies überführt, angeklagt wegen dreifachen (dreifachen??) illegalen Aufenthaltes in der Schweiz.

Am 14. April 2009 ist Gerichtsverhandlung. Von den 34 Monaten, die John in der Schweiz ist, hat er 21 in Haft verbracht. Jetzt soll er weitere neun Monate Gefängnisstrafe bekommen – ohne ein Verbrechen begangen zu haben. FLUCHT IST KEIN VERBRECHEN! Wir fordern: FREIHEIT FÜR JOHN!!

Nebenbei noch eine kleine Milchbüchleinrechnung: ein Tag im Gefängnis kostet ungefähr 350 Franken. John war bis jetzt 21 Monate in Haft. Macht 220 500 Franken. Die Schweiz ist bereit, mehr als eine viertelmillion Franken auszugeben, um einen Menschen zu zermürben!

Ausgeschafft verschnürt wie ein Gepäckstück

In den letzten Tagen hat augenauf erfahren, dass zwei von der Polizei für die Vorbereitung der Ausschaffung in den Kongo verhaftete Flüchtlinge im «provisorischen» Polizeigefängnis in der Zürcher Kaserne versucht haben, sich das Leben zu nehmen.

Nach dem Besuch einer kongolesischen Delegation im Dezember 2008 hat sich der Druck der Ausschaffungsbehörden auf die zum Teil seit Jahren in der Schweiz lebenden kongolesische Sans-Papiers für viele Betroffene zu einer unerträglichen Härte gesteigert.

Bundesrätin Widmer-Schlumpf versucht ihren abgewählten Vorgänger vergessen zu machen und lässt die Behörden mit äusserster Härte gegen abgewiesene Flüchtlinge aus Afrika vorgehen. In den letzten Wochen kam es zu einer ganzen Reihe von Verhaftungen von Flüchtlingen, insbesondere von Menschen aus der Demokratischen Republik Kongo, sowie zu mindestens zwei Ausschaffungs-Sonderflügen.

Ein Abkommen und die traurigen Folgen

Am 23. Februar 2008 schloss das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement ein Abkommen mit der DR Kongo «über die einvernehmliche Steuerung der Migration». Darin wurde unter anderem festgelegt, dass die Schweiz die Kosten für Reise und Unterkunft einer kongolesischen Delegation übernimmt, die regelmässig in die Schweiz reisen soll, um hier die Nationalität von abgewiesenen Flüchtlingen „festzustellen“. Solche Delegationsreisen kongolesischer Beamten sind vor Jahren nach einem gescheiterten Ausschaffungsversuch und aufgrund massiver Korruptionsvorwürfe gegen die zuständige kongolesische Ausländerbehörde eingestellt worden.

Vom 16. bis zum 18. Dezember hielt sich eine kongolesische Delegation in Bern auf, wo ihr verschiedene, abgewiesene Flüchtlinge, davon 13 aus dem Kanton Zürich, vorgeführt wurden. Seitdem werden die in Zürich* seit Jahren systematischen Kontrollen von Menschen schwarzer Hautfarbe dazu benützt, um papierlose Flüchtlinge aus dem Kongo «einzusammeln» und zu verhaften. So ist augenauf der Fall eines psychisch schwer kranken Flüchtlings (Name und Dossier liegen augenauf vor) aus der DR Kongo bekannt, der im Februar aus dem Tram heraus verhaftet und ins Polizeigefängnis Kaserne gebracht wurde. Trotz seiner dringenden Bitte um einen Arzt und dem Hinweis, er sei absolut auf seine Medikamente angewiesen, wurde ihm beides am Tag seiner Verhaftung verweigert. In der Zelle begann der Mann, eine Decke zu zerreissen, um sich aufzuhängen. Die Gefängnisbeamten, die dies bemerkt haben, warfen ihn nackt in eine kalte Überwachungszelle. Der Gesundheitszustand des kongolesischen Mannes, der über keinerlei Papiere verfügt, hatte sich nach drei Tagen Haft soweit verschlechtert, dass er sich für einige Tage in stationäre Behandlung begeben musste. Die Schweiz beharrt weiterhin auf seine Ausschaffung. Eine weitere Verhaftung eines Flüchtlings aus der DR Kongo zwecks Ausschaffung endete am 9. März 2009 im Zürcher Polizeigefängnis mit einem Selbstmordversuch, der fast tödlich verlaufen wäre. P. (Name und Dossier sind augenauf bekannt) wurde auf dem Migrationsamt Zürich verhaftet und ins Polizeigefängnis Kaserne gebracht. Man präsentierte ihm ein Flugbillet nach Kinshasa, worauf er sich in der Zelle aufgehängt hat. Der Mann, der in einer intakten Beziehung lebt und das Kind seiner Partnerin betreut, wurde nur durch Zufall rechtzeitig gefunden und in eine Klinik gebracht. Die Ausschaffungshaft wurde trotz des nur zufällig glimpflich ausgegangenen Selbstmordversuchs verlängert und erst auf eine Beschwerde hin (vorläufig) aufgehoben.

Sonderflug: «Verschnürt wie Gepäckstücke»

augenauf hat in den letzten Tagen auch von zwei Sonderflügen zwecks Ausschaffung nach Afrika erfahren**. In einem Flug im März flogen sechs Polizeibeamte mit rund drei Dutzend Flüchtlingen aus dem Kongo nach Brüssel. Dort führten die Beamten die abgewiesenen Flüchtlinge in eine Maschine der äthiopischen Fluggesellschaft, die den Weiterflug über Addis Abbeba nach Kinshasa organisiert hat.

Ebenfalls im März ging ein Flug von Zürich nach Kinshasa. Gemäss einem ersten telefonischen Bericht eines der Opfer befanden sich in der Maschine sechs Ausschaffungshäftlinge sowie über zwei Dutzend Polizeibeamte. Die Flüchtlinge seien «wie Gepäckstücke verschnürt» gewesen, so der Bericht des ausgeschafften Flüchtlings aus Kinshasa.

Die unmenschliche Hatz muss aufhören

Die bestens funktionierende Zusammenarbeit der Schweiz mit dem Regime von Präsident Joseph Kabila bei der Beschaffung von Papieren hat offenbar bei den Zürchern Behörden die Hoffnung geschürt, unerwünschte und abgewiesene Flüchtlinge aus dem Kongo gleich im Multipack loszuwerden. Anders lässt sich die systematische Verhaftung von Schwarzen, insbesondere von Kongolesen in den letzten Wochen nicht erklären. Viele der Flüchtlinge aus dem Kongo, die teilweise seit vielen Jahren in der Schweiz leben, können unmöglich in dieses von Bürgerkrieg, Ressourcenraub und Korruption zerrüttete Land zurück. Daran können auch Entscheide der Schweizer Asylbürokratie nichts ändern. Die von einer Ausschaffung nach Kinshasa bedrohten Sans-Papiers sind verzweifelt und gehetzt; manche von ihnen werden sich eher umbringen, als sich in den Kongo zurückschaffen zu lassen.

Anerkanntem Flüchtling droht Ausschaffung

Am Samstag, dem 3. Januar verhafteten österreichische Grenzbeamte  den in der Schweiz als politischer Flüchtling anerkannten Mesut Tunç bei seiner Rückreise in die Schweiz. Er war in Begleitung seiner Familie, mit der er über Weihnachten Freunde besucht hatte. Die Festnahme erfolgte aufgrund eines Auslieferungsersuchens der Türkei via Interpol.

1995 verurteilte ein türkisches Gericht den Schriftsteller und Dichter Mesut Tunç aufgrund seiner politischen Aktivitäten zu 30 Jahren Gefängnis. Nach sieben Jahren Haft unter inhumanen und schwierigsten Verhältnissen beteiligte sich Tunç am kollektiven Todesfasten politischer Gefangener. Sie protestierten damit für bessere Haftbedingungen, gegen die Einführung von Isolationsszellen und gegen die politische Justiz der türkischen Regierung, welche in den 80er Jahren systematisch politisch links Engagierte verfolgte.

Zahlreiche Gefangene bezahlten ihre Teilnahme am Hungerstreik mit dem Leben. Andere quälen seither schwere Krankheiten. Mesut Tunç beispielsweise leidet unter dem Wenicke-Korsakoff-Syndrom: Ein im deutschen Asylverfahren vorgelegter Befund des Psychosozialen Zentrums des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt am Main bescheinigt ihm eine posttraumatische Belastungsstörung mit andauernder Persönlichkeitsänderung und eine durch das Todesfasten ausgelöste hirnorganische Schädigung (Wernicke-Korsakoff-Syndrom). Wegen seines schlechten Gesundheitszustandes konnte  Tunç vorläufig nicht zurück ins Gefängnis gebracht werden. Er nützte diese Situation, um aus der Türkei nach Deutschland zu fliehen. Aus familiären Gründen verlegte er seinen Lebensmittelpunkt im Jahre 2005 in die Schweiz, wo seine Ehefrau bereits lebte. Im Mai 2008 anerkannte ihn die Schweiz als politischen Flüchtling.

Auslieferung rechtlich nicht zulässig

Obwohl er als anerkannter Flüchtling gemäss Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention nicht in ein Land ausgewiesen werden darf, wo ihm Verfolgung droht, sitzt Mesut Tunç in Auslieferungshaft. Im Fall seiner Auslieferung in die Türkei erwartet ihn dort die sofortige Inhaftierung und neuerliche Folter. Infolge seiner schlechten Gesundheit würde dies aller Voraussicht nach seinen Tod bedeuten. Ein bindendes Urteil des Europäischen Menschengerichtshofs vom 10. November 2005 verbietet die Auslieferung von Menschen, die  nachweislich aufgrund erlittener Haftbedingungen und Folter am so genannten Wernicke-Koraskoff-Syndrom leiden und mit einer erneuten Inhaftierung rechnen müssen.

Der Schweizer Anwalt von Mesut Tunç, Marcel Bosonnet aus Zürich, hat daher gegenüber verschiedenen Instanzen entsprechende Einsprachen und Begehren eingereicht (UNHCR, Amnesty international, Bundesamt für Migration, Bundesrätin Micheline Calmy-Rey), bis heute ohne konkrete Resultate. Dies obwohl die Rechtslage eindeutig eine Auslieferung nicht zulässt. Entsprechende Beschwerden sind auch in Oesterreich hängig, wo Mesut Tunç durch einen Anwalt sowie die Organisation Asyl-in-Not vertreten wird.

Das Schweizer Komitee «für die Unterstützung von Mesut TUNC» ruft daher alle Menschenrechtsorganisationen und die Öffentlichkeit auf, die Forderungen des Schweizer Solidaritätskomites zu untertützen:

  • Die sofortige Aufhebung des Auslieferungsverfahrens, die Freilassung von Mesut Tunç aus der Auslieferungshaft und die sichere Rückkehr an seinen Wohnort (Bern) in der Schweiz.
  • Die umgehende Intervention des Deutschen und Schweizerischen Aussenministeriums gegenüber den oesterreichischen Instanzen.
  • Endlich umgehend alle von Auslieferungsersuchen betroffene Personen in der Schweiz vollumfänglich über ihre rechtliche Situation zu informieren. Es genügt nicht, dass die Schweizer Behörden die Flüchtlinge in einer abstrakten Form jeweils darauf hinweisen, dass «die Anerkennung als Flüchtling lediglich für die Schweiz gilt».

Luzern: Abschluss des Aktionsmonats gegen Ausgrenzung

Vor rund einem Monat hat das «Komitee für eine Stadt ohne Ausgrenzung» zu einem Aktionsmonat aufgerufen. In zahlreichen Aktionen wurde die diskriminierende Sicherheitspolitik von Stadt und Kanton Luzern und der intolerante Umgang mit sogenannten Randgruppen thematisiert. Diesen Samstag endet der Aktionsmonat mit einer grossen Abschlusskundgebung.

Mit dem Aufruf hat das Komitee auf die massiv zunehmenden Angriffe auf Personen und Einrichtungen mit alternativen oder sozialen Zielen und Lebensvorstellungen aufmerksam gemacht. Die selben Gruppen, die von der Politik kriminalisiert werden, wurden jüngst Opfer von teils lebensgefährlichen Angriffen: Luzerner PolitikerInnen wollen Menschen mit Videoüberwachung, Wegweisungsartikel oder Strassenmusikverbot aus der Stadt vertreiben. Alternative Kulturhäuser werden geschlossen, die KulturaktivistInnen auf der Strasse umzingelt, teilweise brutal festgenommen und eine ganze Nacht lang eingesperrt. Freiräume wie Wagenplätze oder besetzte Häuser werden vertrieben beziehungsweise geräumt. Die restriktive Praxis des
Luzerner Amtes für Migration macht auch vor der Ausschaffung irakischer Flüchtlinge in ein Bürgerkriegsgebiet nicht halt…
Dass in diesem Klima sogenannt randständige Menschen in lebensbedrohlicher Art mit Sprengkörpern angegriffen wurden, erstaunt nicht einmal mehr die PolitikerInnen. Statt endlich zu handeln werden die Taten und der Stand der Ermittlungen von Medien und Politik quasi totgeschwiegen und die menschenverachtende Politik weitergetrieben. Dem wirkt(e) der Aktionsmonat entgegen.

Der Aktionsmonat endet diesen Samstag, 13.12.2008, mit einer grossen Abschlusskundgebung. Diese startet um 14.30 Uhr beim Theaterplatz und endet nach einem Umzug durch die Stadt auf dem Luzerner Bahnhofsplatz. Neben Reden wird es Essen, Musik und weitere Aktionen geben.

Quelle: Aktion Freiraum (www.aktionfreiraum.ch)