Kleine Schanze besetzt – kollektive Regularisierung jetzt!

Was kann ich tun?

  • Vorbeikommen – am besten mit Schlafsack und Mättli und falls vorhanden Zelt! Das vorläufige Kultur- und Politprogramm findet sich unten.
  • Die Solidaritätserklärung unterschreiben
  • Spenden: Bleiberecht für alle, PC 85-389307-8. Auch Materialspenden – z.B. Decken oder Schlafsäcke – sind sehr willkommen!

Kollektive Regularisierung jetzt! Der Kampf geht weiter.

Erklärung der Schweizer Bleiberecht-Kollektive zur Besetzung der kleinen Schanze, 26. Juni 2010

Wir, Menschen aus der ganzen Schweiz mit und ohne Aufenthaltsbewilligung, haben heute die kleine Schanze in Bern besetzt. Wir nehmen uns diesen öffentlichen Raum, weil wir die unmenschliche Schweizer Asyl- und Migrationspolitik nicht widerstandslos hinnehmen wollen.

Als abgewiesene Asylsuchende werden wir* über Jahre in teils unterirdischen „Notunterkünften“ eingepfercht , während uns mit dem Arbeitsverbot jede Perspektive genommen wird. Als Sans-Papiers verrichten wir – ohne rechtlichen Schutz und oft unter miserablen Bedingungen – unentbehrliche Arbeit in Schweizer Haushalten, Restaurants, Fabriken und Landwirtschaftsbetrieben. Jederzeit sind wir von der Ausschaffung bedroht. Und viele unserer Freundinnen und Freunde sind in den Auschaffungsgefängnissen eingesperrt, nur weil sie auf der Suche nach einem würdigen Leben in die Schweiz gekommen sind.  Mit der Besetzung der kleinen Schanze brechen wir das Schweigen über diese Zustände.

Wir verbinden unsere Aktion mit dem Aufruf an alle, die sich einen Funken Menschlichkeit bewahrt haben, mit uns gemeinsam für eine kollektive Regularisierung zu kämpfen. Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf fordern wir auf, endlich konkrete Schritte zur Regularisierung der Zehntausenden illegalisierten Migrantinnen und Migranten in der Schweiz unternehmen, statt sie zu einem Leben in Angst und Prekarität zu zwingen.

Migration ist in erster Linie die Folge eines globalen Wirtschaftssystems, das zu sozialer Ungleichheit, Armut, Abhängigkeit und Gewalt führt. Sie ist das Ergebnis einer profitorientierten und kurzsichtigen Politik von Regierungen, Unternehmen und internationalen Organisationen, die gerade auch von der Schweiz mitgetragen wird.

Menschen, die aufgrund dieser Umstände fliehen, werden durch die menschenfeindliche „Asylpolitik“ der Schweiz gleich doppelt bestraft. Migration ist ein legitimes Recht eines jeden Menschen, für das sich niemand zu entschuldigen braucht. Eine kollektive Regularisierung ist ein erster Schritt zur Entkriminalisierung von MigrantInnen.

In den nächsten Tagen werden im und um das Camp auf  der kleinen Schanze zahlreiche Aktionen, Veranstaltungen und Konzerte stattfinden. Wir laden alle solidarischen Menschen herzlich ein, sich an der Aktion zu beteiligen.

Kein Mensch ist illegal! Kollektive Regularisierung jetzt!

Die Bleiberecht-Kollektive der Schweiz

Weitere Info und Programm: www.bleiberecht.ch

PdAZ verurteilt Räumung der ASZ

Medienmitteilung der Partei der Arbeit Zürich (PdAZ) zur gewaltsamen Räumung der Autonomen Schule Zürich (ASZ).

Mit Bestürzung hat die PdAZ die gewaltsame polizeiliche Räumung vom Donnerstag, 7. Januar, der ASZ an der Ringstrasse 57 in Zürich Unterstrass zur Kenntnis genommen. Die PdAZ solidarisiert sich mit der ASZ und dem Verein Bildung für Alle und verurteilt das Vorgehen der Polizei sowie die Räumung in aller Form. Besonders stossend ist die Tatsache, dass „Sicherheitsgründe“ und Unwahrheiten als Vorwand für die Räumung genannt wurden.

Seit Sommer fanden im besetzen Schulhaus Kurse zu verschiedensten Themen statt (Informatikkurse, Nachhilfeunterricht, philosophische Seminare). Dem Verein Bildung für Alle, der Deutschkurse für illegalisierte MigrantInnen (Sans-Papiers) und Asylsuchende anbietet, diente die ASZ als Dach. 80-120 Flüchtlinge besuchten allein die Deutschkurse. Nächsten Montag war der Start der Frühjahrskurse mit ausgebautem Angebot geplant.

Diese wichtige und äusserst sinnvolle Struktur wurde nun bewusst zerschlagen. Die Räumung der AZS ist für die PdAZ unter anderem ein weiterer Beweis der unmenschlichen Flüchtlings-und Asylpolitik der Schweiz. Die PdAZ wird mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln die ASZ unterstützen, damit die geplanten Frühlingskurse durchgeführt werden können.

Staatlicher Terror!

Maria Dennis Diaz Montana, geb. 05.12.1965 und Juan Jacobo Montana Diaz, geb. 17.12.1991, beides kolumbianische Staatsangehörige. Beide kamen – damals zusammen mit dem Vater von Juan und Ehemann von Dennis – Anfang März 1998 in die Schweiz, wo sie ein Asylgesuch einreichten, weil der Vater der Familie politisch verfolgt wurde. Diese Verfolgung wurde seitens des (damaligen BFF) nicht anerkannt und das Asylgesuch wurde mit Verfügung vom 29. Juni 2000 abgelehnt. Die damalige Schweizerische Asylrekurskommission lehnte die Beschwerde gegen diese Verfügung mit Urteil vom 4. August 2000 ab. Der Vater trennte sich von Dennis und verliess die CH um weiterzuflüchten; Dennis und Juan „tauchten unter“.

Immer wieder hat Dennis versucht, ihren Aufenthalt in der Schweiz zu regularisieren, zuletzt mit einer Wiedererwägung vom 3. Oktober 2007, respektive der Beschwerde vom 23. Februar 2008. Alle juristischen Interventionen blieben erfolglos. Ein Härtefallgesuch ist in ihrem Fall nicht möglich, da der Härtefall über Art. 14.2 AsylG geregelt würde und dort muss der Aufenthalt den Behörden immer bekannt gewesen sein.

Juan wurde anlässlich des Fussballmatchs am Dienstag dieser Woche verhaftet; Dennis am Donnerstagmorgen früh in ihrer Wohnung. Der Anwalt hat sich am 18.9.09 beim zuständigen Sachbearbeiter des Migrationsamts über den Stand der Situation erkundigt; dort wurde ihm gesagt, dass noch nichts entschieden sei.

Am Samstag 19. 09, als die Sans Papiers Anlaufstelle Zürich, SPAZ, Dennis im Polizeigefängnis der Kaserne besuchte, wurde ihnen durch den Sachbearbeiter der Kantonspolizei eröffnet, dass für Dennis ein Flug am Sonntag, den 20. September 09 gebucht worden sei. Offenbar wurde am Freitag 18. 09., trotz anderslautender Auskunft gegenüber dem Anwalt, eine formlose Wegweisung gegenüber Dennis eröffnet.

Die SPAZ hat am Samstag 19.09 per Fax an das Migrationsamt und die Kantonspolizei einen Antrag auf eine beschwerdefähige Verfügung betreffend Wegweisung und auf eine unverzügliche Aussetzung des Vollzugs der Wegweisung sowie auf eine aufschiebende Wirkung des Vollzugs der Wegweisung bis zum Entscheid über die Wegweisung verlangt.

Die separate Ausschaffung von Dennis und die damit erfolgte Trennung von ihrem minderjährigen Sohn widerspricht Art. 9 der Kinderrechtskonvention und Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

In ihren 12 Jahren des nicht geregelten Aufenthalts in der Schweiz hat Dennis eindrücklich gekämpft, ein Kind grossgezogen und sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Dennis hat sich an verschiedenen solidarischen und politischen Aktivitäten beteiligt. Vor kurzem haben Dennis und Juan Jacobo im Lauf gegen Rassismus am 13. September teilgenommen, wo sie neben der Stadtpräsidentin Corine Mauch, der SP-Stadtratskandidatin Claudia Nielsen und dem CVP-Stadtrat Gerold Lauber, liefen.
Ein paar Tage später, nehmen die unter einer SP Politikerin stehenden Sicherheitskräfte und das unter CVP Politikern stehende Migrationsamt, Dennis von ihrem Kind weg und sperren sie und das Kind ein, obwohl sie gar kein Verbrechen begangen haben.

Der Fall von Dennis und Juan Jacobo ist keine Ausnahme in der Migrations- und Asylpolitik der Schweiz – und besonders des Kantons Zürich. Der Ausschaffungsknast in Kloten und die Kaserne in Zürich sind von unschuldigen Menschen zum Bersten voll.

Mit ihrer Migrations- und Asylpolitik verletzt die Schweiz ständig die Menschenrechte, die sie in der ganzen Welt verteidigen will. Mit ihrer Politik und ihren Sicherheitskräften bedrängt die Schweiz viele Menschen mit Terror, versetzt sie in Angst und beraubt sie jeder Hoffnung auf ein würdiges Leben.

ES REICHT! Wir wollen keine Ungerechtigkeit mehr! ES REICHT! Fertig mit dem staatlichen Terror! ES REICHT! Kein Ausschaffungsknast mehr! Freiheit für Dennis und Juan Jacobo. Freiheit für alle illegalisierten MigrantInnen!

KEIN MENSCH IST ILLEGAL, HIER UND JETZT UND ÜBERALL
BLEIBERECHT FÜR ALLE, AB SOFORT UND AUF DAUER

Der Weg zur «Gefangenen Kunst»

Ayo (Name geändert) übergibt uns die ersten Bilder an einem trüben Tag. Es regnet, der Himmel ist grau, ebenso der Betonklotz, in welchem die Übergabe stattfindet. Unsere Schuhe sind nass, der Spaziergang hierhin war nicht schön, nur passend…

Da sitzen wir im ungemütlichen Besucherraum des Flughafengefängnisses Kloten und sind berührt vom Lachen, welches Ayo noch immer zustande bringt. Seit mehreren Monaten ist Ayo hier in Ausschaffungshaft. Vor mehr als zwei Jahren ist Ayo, damals 25 Jahre alt, in die Schweiz gekommen. Mit nicht viel mehr als einem gültigen Flugticket und seinen Sportschuhen hat Ayo sein afrikanisches Heimatland verlassen, um an einem Marathonlauf in Zermatt teilzunehmen, zu welchem er eingeladen worden ist. Und weil Ayo Hoffnung in seinem Herzen und Träume in seinem Kopf hatte, ist er nicht wieder ins Flugzeug gestiegen, nicht in seine Heimat zurückgeflogen. Bald hat er gemerkt, wie das hier läuft, beziehungsweise nicht läuft, denn ohne Asylantrag läuft gar nichts… Also hat er einen Asylantrag gestellt, sich nicht wohl dabei gefühlt, denn Asyl brauchte er ja nicht. Auf seinen Antrag wurde nicht eingegangen, ein «Nichteintretensentscheid», kurz NEE. Ayo hätte gehen müssen, doch er blieb. Alle paar Wochen ist er in eine neue Notunterkunft gezogen, hat das Nötigste bekommen, mehr nicht. Dann, acht Monate später, ist Ayo in eine Polizeikontrolle geraten und mitgenommen worden, zuerst in die Kaserne, dann ins Flughafengefängnis, in Ausschaffungshaft.

Eine Stimme geben!

Im Gefängnisalltag ist keine Beschäftigung für die Inhaftierten vorgesehen, im Gegenteil: möglichst langweilig soll es sein, zermürbend, die Leute sollen genug davon bekommen, sollen gehen wollen, sollen zurück, zurück in Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit. Schlimmer kann sie ja kaum sein, da wo die Menschen her kommen. Hier, an diesem Ort, wird sie gemacht. Bewusst. Die Menschen sollen von der Schweiz abgeschreckt werden. Aufgeben. Ayo gibt nicht auf; er fängt an, Bilder zu malen. Ayo ist vor der wirtschaftlichen Misere seines Landes geflüchtet, hat nach Schweizer Gesetzgebung kein Anrecht auf Asyl. Trotzdem hat er es versucht, ist seiner Hoffnung auf ein besseres Leben gefolgt. Ist das ein Verbrechen? Unsere Gesellschaft bestraft Menschen wie Ayo mit monatelanger, zermürbender Haft, gibt tausende von Franken aus, um den Menschen die Hoffnung zu nehmen.

Mit der Ausstellung «Gefangene Kunst» möchten wir auf die Menschen aufmerksam machen, die in Ausschaffungshaft sind. Wir möchten ihnen eine Stimme geben und die Möglichkeit, ihr Gefangensein in irgendeiner Art für die Menschen draussen fühlbar, begreifbar zu machen. Da sind Menschen wie Ayo, die sich ein besseres Leben erhofften. Da sind aber auch Menschen, die Kriege erlebt haben. Menschen, die aufgrund unmenschlicher Lebensbedingungen geflüchtet sind. Mit der Hoffnung und dem Mut, in einem ihnen fremden Land einen Neuanfang zu wagen. Manche sind mit Traumas gekommen, in der verzweifelten Hoffnung auf Schutz, andere voller Tatendrang und dem Willen, sich hier ein Leben zu erarbeiten, etwas zum Ganzen beizutragen. Sie alle haben Vertrauen in unser Land gehabt. Vertrauen darin, dass es hier so etwas wie Gerechtigkeit gibt, dass Menschenrechte geachtet werden. Mit zerbrochenen Träumen und orientierungslos, vielleicht voller Angst vor einer Rückschaffung, sitzen sie jetzt in Ausschaffungshaft. Ohne je ein Verbrechen begangen zu haben. Denn: Flucht ist kein Verbrechen! Darf keines sein! Angesichts der gigantischen Herausforderung, welche die weltweite Migrationsbewegung mit sich bringt, hat die Schweiz kapituliert. Anstatt nach menschenwürdigen, gangbaren Wegen zu suchen, nach wirklichen Lösungen, hat sie sich Scheuklappen angezogen. Die verschärften Gesetze zur Asylpolitik sind teilweise menschenverachtend. Es darf nicht sein, dass die Motivation, Menschen zu inhaftieren, eine lebensverachtende ist. Das ist sie aber wenn es darum geht, die Menschen so lange zu zermürben und mit Perspektivlosigkeit zu füttern, bis sie «freiwillig» gehen – wohin auch immer. Wo es um globale Herausforderungen geht, ist es gefährlich, auf solch kurzsichtige, egoistische Weise zu handeln. Die neuen Wege, die es braucht, müssen mitfühlende sein, menschliche, denn es geht um Menschen.

Die Hoffnung nicht ganz verloren

Ayo hält 17 Monate durch. Dann teilt er den Behörden mit, dass er bereit ist, zurück zu kehren. Er hält es nicht mehr aus. Kurz darauf wird er freigelassen, bekommt ein Papier in die Hand gedrückt, auf welchem steht, dass er die Schweiz innerhalb von 24 Stunden verlassen muss. Papiere hat Ayo keine. Nur die Wahl zwischen illegal über die Grenze in ein Nachbarland gehen oder illegal hier bleiben. Ayo bleibt. Kämpft, hofft weiter. Weihnachten feiert er zusammen mit anderen Asylsuchenden und Menschen ohne Aufenthaltsbewilligung in der besetzten Predigerkirche. Kurz danach wird er erneut verhaftet. Fast zwei Monate ist er in Untersuchungshaft. Dann kommt er ins Bezirksgefängnis, wenig später in die Strafanstalt Pöschwies. Angeklagt wegen illegalem Aufenthalt und wiederholtem Fahren ohne gültigem Fahrausweis. Dort ist er jetzt, malt weiter. Die Hoffnung für die Schweiz hat er wohl verloren, die Hoffnung für sich noch nicht ganz. Ayo hat ein kleines Bild gemalt, eine Bleistiftskizze: Gitterstäbe, dahinter ein lachendes und ein weinendes Gesicht. Unter das Bild hat er den Satz geschrieben: «Some people can only see darkness, others can see the stars»

Die Ausstellung «Gefangene Kunst» zeigt Bilder, die von Menschen in Ausschaffungshaft gemalt worden sind. Die Bilder waren bereits letzten September im Café Zähringer zu sehen.

Ausstellung: 3. März bis 30. April 09 im Restaurant Bubbles, Strassburgstrasse 15, 8004 Zürich (beim Stauffacher)

Vernissage: Freitag, 3. April 09 ab 18 Uhr, Veranstaltung mit Betroffenen und Experten um 19 Uhr.

Zürich: Gravierende TB-Fälle im Asylbereich

Zwei Todesfälle, eine wachsende Zahl von TB-Erkrankungen und die Infizierung von Angestellten in den Einrichtung des Asylwesens sind ein Alarmsignal. Der Abbau bei der Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge hat Folgen. augenauf fordert die Behörden eindringlich auf, auch im Asylbereich wieder für eine umfassende medizinische Grundversorgung zu sorgen und in eine flächendeckende Gesundheits-Prävention in den Empfangsstellen, Durchgangszentren, Notunterkünften und Ausschaffungsgefängnisses zu investieren.

Im Mai des letzten Jahres hat augenauf über den Tod von Abdi Daud berichtet. Unsere Recherchen habenergeben, dass bis zu seiner Hospitalisierung im Klotener Ausschaffungsgefängnis inhaftierte somalischeFlüchtling an den Folgen einer speziellen Tuberkulose-Erkrankung gestorben ist. Inzwischen wissen wir: Abdi war nicht der einzige Flüchtling, der im Jahr 2008 im Kanton Zürich an den Folgen einer TBErkrankung gestorben ist. Im Oktober starb eine afrikanische Frau in einem Zürcher Spital, die vier Monate vorher – begleitet von ihrem Mann und ihren beiden Kindern – mit offener TB von einer Empfangsstelle des Bundes in ein Zürcher Durchgangszentrum zugewiesen worden ist. Bereits sechs Monate vorher – im April 2008 – ist ein Flüchtling mit offener TB einem anderen Zürcher Durchgangszentrum zugewiesen worden.


Schlechte Informationen

Bei den von der Lungenliga durchgeführten Umgebungsuntersuchungen in den beiden Zentren ist festgestellt worden, dass neben einer grösseren Zahl von Flüchtlingen auch Angestellte infiziert sind, die sich mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit an der Arbeitsstelle angesteckt haben.*

Gebremste Information führt zu Angst und Unsicherheit unter den Betroffenen Im Laufe des Jahres 2008 sind viele Flüchtlinge und Menschen, die regelmässigen Kontakt mit Flüchtlingen haben, mit Fragen an augenauf gelangt. Viele berichteten, dass in ihrem Umfeld TB-Tests durchgeführt oder sie selbst zu Tests aufgeboten worden sind. Alle diese Personen waren schlecht informiert. Für die Flüchtlinge kam erschwerend hinzu, dass sie wegen der Beschränkung der medizinischen Versorgung keine Möglichkeit hatten, sich von einem Arzt ihres Vertrauens informieren zu lassen.**

Später mussten wir festgestellt, dass sogar die von uns kontaktierten Angestellten von Einrichtungen des Asylwesens*** über die von augenauf zusammengetragenen Informationen über die Verbreitung von TB unter Flüchtlingen im Kanton Zürich überrascht waren. Offenbar sind diese Personen von ihren Arbeitgebern nur schlecht oder gar nicht über die Notwendigkeit, sich in den Asyleinrichtungen an die in Fachkreisen bekannten Präventionsregeln zu halten, und die Möglichkeiten der Früherkennung von TB informiert worden.

Im Januar 2009 hat augenauf Gespräche mit Verantwortlichen der Asylorganisation der Stadt Zürich, des Sozialamts und der ihr angeschlossenen Asylkoordination des Kantons Zürich, der Lungenliga und dem Amt für Justizvollzug geführt.

– Die Lungenliga hat uns mitgeteilt, dass die Zahl der ihr gemeldeten TB-Erkrankungen im Jahr 2008 zwar zugenommen und die Zahl der erkrankten Flüchtlinge sogar stark zugenommen habe. Aufgrund der langjährigen Entwicklung sei es jedoch nicht angebracht, von einer Ausnahmesituation zu sprechen.

– Die Asylorganisation der Stadt Zürich hat sich sehr besorgt über die Tatsache gezeigt, dass Flüchtlinge mit offener TB aus den Empfangsstellen des Bundes an Durchgangszentren weitergeleitet worden sind.

– Der Leiter des kantonalen Sozialamts erklärte, dass man im Laufe des Jahres 2008 keinen besonderen Handlungsbedarf festgestellt habe.

– Der Leiter des Amts für Justizvollzug sagte uns im Gespräch, dass im Justizvollzug keine Anzeichen für einen Anstieg von infektiösen Erkrankungen, insbesondere Tuberkulose vorlägen. Seit dem Tod von Abdi Daud würden Ausschaffungshäftlinge vermehrt mit neuen Bluttests auf TB getestet und nötigenfalls behandelt.

Unverständliche Mängel und Laissez-faire bei der Kommunikation

Sehr erstaunt sind wir, dass der Informationsaustausch über die medizinische Situation zwischen den mit der Betreuung und der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen betrauten Stellen*** offenbar nur schlecht oder gar nicht funktioniert. So verfügte die Asylorganisation der Stadt Zürich, die im Auftrag des Kantons fünf Durchgangszentren und eine Notunterkunft führt, noch im Januar 2009 nicht über Informationen über die TB-Situation im Ausschaffungsgefängnis oder den von der ORS geführten Durchgangszentren. Meditrina, die unabhängige medizinische Anlaufstelle für Papierlose, ist erst von augenauf auf die eingangs erwähnten Fälle hingewiesen worden.

Diese Nicht-Kommunikation ist fatal, weil damit die sachgerechte Information der Angestellten nicht sichergestellt und notwendige Präventionsmassnahmen nicht eingeleitet werden können. Verantwortungslos wird dieses Vorgehen, weil es so völlig unmöglich ist, die am direktesten Betroffenen und wegen der schlechteren Versorgung und ihres labileren Gesundheitszustandes am stärksten gefährdeten Flüchtlinge sachgerecht zu informieren. Die Tatsache, dass Flüchtlinge nur über zum Teil nicht einmal medizinisch geschultes Personal einen Termin bei einer Pflegefachfrau oder einem Asylarzt bekommen können, und vielfach kein Vertrauensverhältnis zu den zuständigen Asylärzten besteht, zeigt den Informationsnotstand, dem viele Flüchtlinge in gesundheitlichen Belangen ausgesetzt sind.

Unverständlich ist im Übrigen auch, dass der für die Betreuung der Flüchtlinge zuständige Kanton trotz zwei TB-Todesfällen die Öffentlichkeit nie informiert hat. Die einzige offizielle Information ist eine beschwichtigende und die Realitäten nur verzerrt wiedergebende Antwort des Regierungsrates auf eine Anfrage von drei KantonsrätInnen zum Tod von Abdi Daud. Diese Informationsverweigerung verhindert, dass sich die Mitarbeitenden der vielen offiziellen Stellen und der freiwilligen Unterstützungsnetzwerke, die regelmässigen Kontakt haben mit Flüchtlingen, sachgerecht vor der Gefahr einer TB-Ansteckung schützen können.

Medizinische Grundversorgung muss sofort verbessert werden

Auch wenn Fachleute nicht davon ausgehen, dass sich die Steigerung der Zahl von TB-Erkrankungen fortsetzen sollte, ist für augenauf klar, dass aufgrund der Erfahrungen des letzten Jahres Massnahmen zur Wiederherstellung einer umfassenden medizinischen Versorgung der Flüchtlinge dringend erforderlich sind. Notwendig ist dies nicht nur, weil ein hoher Standard bei der Prävention und Behandlung von TB sichergestellt werden muss. Die Gesundheitsversorgung der Flüchtling muss generell zum Thema gemacht werden und der

Fokus auch auf die Behandlung anderer Krankheiten wie HIV, Gelbfieber, Krätze oder Kriegs- und Fluchttraumatas gelegt werden.

– Sicherzustellen ist dabei in erster Linie der ungehinderte Zugang der Flüchtlinge zu einem Arzt/einer Ärztin oder/und einer Pflegeperson ihres Vertrauens. Das zur Reduktion der Gesundheitskosten eingeführte „doppelte“ Gate-Keeping-System **** hat zur Folge, dass tausende von Personen, die eine besondere medizinische Versorgung benötigen würden, nur noch ein Basisversorgung gewährleistet ist. Konkret fordern wir:

1) dass auch für abgewiesenen Flüchtlinge wieder eine Krankenversicherung abgeschlossen wird;

2) dass die Asylärzte-Liste abgeschafft und mehr unabhängige und in der Versorgung von MigrantInnen erfahrene ÄrztInnen die Betreuung von Flüchtlingen wahrnahmen können.

3) dass in allen Einrichtungen des Asylwesens (Ausschaffungsgefängnis, Transitbereich Flughafen, Nothilfe, Durchgangszentren, 2. Phase in den Gemeinden) unabhängige Fachpersonen die medizinische Grundversorgung sicherstellen und der Kanton den BetreiberInnen die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellt.

– Aus gesundheitlichen Gründen sind für alle Flüchtlinge neben dem Zugang zur medizinischen Versorgung auch vollwertige Ernährung, Bewegungsmöglichkeiten und Unterbringung in Unterkünften mit Tageslicht sicherzustellen. Gerade aus der TB-Prävention weiss man, dass Ernährung und Bewegung wichtige Faktoren sind, den Ausbruch der Krankheit zu vermeiden. Es ist bekannt, dass Flüchtlinge aus Armutsregionen ein erhöhtes Risiko einer latenten TB-Infektion haben. Deshalb sind die schikanösen Lebensbedingungen in der Nothilfe (ständiger Wohnsitzwechsel, eben mit 8 Franken im Tag, Unterbringung in unterirdischen Anlagen) auch aus gesundheitlichen Gründen (Förderung der Verschleppung von Krankheiten) unverantwortlich.

–  Sicherzustellen ist ausserdem, dass die Betreuungseinrichtungen über genügend personelle und finanzielle Mittel für die medizinische Betreuung vor Ort und die nötige Präventionsarbeit haben.

Zu beachten sind dabei auch die Arbeitsschutzbestimmungen der SUVA. Die Bestimmungen für die TB-Prävention bezeichnen Gefängnisse, Empfangs- und Durchgangszentren als Ort mit einer höherer oder mittlerer TB-Gefährdung*****. Gefordert sind deshalb besondere Präventionsmassnahmen (zB. TB-Tests für das Personal bei Eintritt, Information des Personal für die TBFrüherkennung).

Vom in der Schweizer Asylpolitik geltenden Primat der Abschreckung muss Abstand genommen werden, wenn die gesundheitliche Grundversorgung in Frage gestellt ist. Wir gehen davon aus, dass sich auch die Befürworter einer restriktiven Migrationspolitik diesem Grundsatz nicht wiedersetzten werden.

*Basler Empfangsstelle Bässlergut mit TB infiziert worden sind. Am 22. August 2008 sprach der Beobachter von insgesamt 5 infizierten Securitas-Angestellten.

** Eine Liste der Fälle, in denen augenauf von Flüchtlingen wegen TB-Infektionen und –Erkrankungen kontaktiert worden ist, liegt bei.

*** Im Kanton Zürich werden die die Durchgangszentren und Notunterkünfte im Auftrag des Kantons von

der Asylorganisation Zürich (eine öffentlichrechtliche Anstalt der Stadt Zürich) und der ORS Service AG

geführt. Für das Ausschaffungsgefängnis ist Kloten ist die Justizdirektion verantwortlich. Im Transit des

Flughafens Kloten werden Flüchtlinge von der ORS betreut. Das SRK ist für die Rückkehrberatung der im

Flughafengefängnis und im Transit festgehaltenen Flüchtlinge verantwortlich. Sans-Papiers können sich nur an privat geführte Einrichtungen wie der Anlaufstelle SPAZ oder Meditrina wenden. Für die sich länger in der Schweiz aufhaltenden Flüchtlinge sind die Sozialbehörden der Gemeinden zuständig. Viele delegieren die Betreuungsaufgaben an Dritte. Die grössten Erbringer solcher Leistungen sind die Asylorganisation und die ORS.

**** In den Durchgangszentren, dem Ausschaffungsgefängnis und im Transit und in den Gemeinden müssen sich die Flüchtlinge zuerst an eine in der Regel nicht medizinisch geschulte Betreuungsperson wenden, bevor sie einen Termin bei dem von der Betreuungseinrichtung bestimmten Asylarzt erhalten.

***** Tuberkulose am Arbeitsplatz. Gefährdung und Prävention. Kapitel 8 (Seite 66): Tuberkuloseprävention an Arbeitsplätzen ausserhalb des Gesundheitswesens. https://wwwsapp1.suva.ch/sap/public/bc/its/mimes/zwaswo/99/pdf/02869_35_d.pdf

Kurdischer Dichter ausgeschafft

Der Kurdische Dichter Mehmet Telli wurde am 19. Januar 2009 ausgeschafft. Er war seit 19. Dezember 2008 im Hungerstreik. Die Ausschaffung erfolgte während des Hungerstreiks.
Kurdische Dichter M. Telli ist vor sechs Jahren in der Schweiz eingereist und stellte ein Asylgesuch. Nach der Ablehnung wurde er in Ausschaffungshaft genommen, da er sich weigerte,  freiwillig die Schweiz zu verlassen.

Er fürchtet  in der Türkei um sein Leben und Folter. Diese wurde von seinem Anwalt und Bekannten bestätigt. Deshalb hat er vor ein Monat einen unbefristeten Hungerstreik eingetreten. Wir sind Freunde vom M. Telli und besorgt über seine Gesundheit. Er ist 60 Jahre alt und hat vom  Hungerstreik Gesundheitsprobleme. Er war mehrere  Male im Spital. Er wurde im Dezember 2008 während einer Behandlung in Spital in Ausschaffungshaft genommen.
Am Montag, 19 Januar haben seine Freunde ihr Anliegen an Sicherheitsdirektion des Kantons Zug vorgebraucht und dort erfahren, dass er nicht mehr in Ausschaffungshaft ist. 400 Unterschriften wurden trotzdem an Behörden abgegeben. Die Ausschaffung einer Person, die im Spital behandelt werden musste und im Hungerstreik ist, entspricht nicht gerade eine humanitären Asylpolitik.
Freunde vom M. Telli

Wer darf in der Schweiz bleiben?

Die Kampagne „Bleiberecht für alle“ kämpft für eine gesicherte Niederlassungsbewilligung für Flüchtlinge, die schon lange in der Schweiz leben. – Mit Redebeiträgen von der Menschenrechtsorganisation augenauf, Mitgliedern der Bleiberechts-Kampagne und Pfarrer Rolf Kühni.

– Erfahrungsberichte aus dem Alltag von Menschen, die von der Asylpolitik betroffen sind.
– Kurzer Film über die Aktionen der Bleiberechts-Kampagne.
– Buffet mit Köstlichkeiten aus aller Welt, zum Verweilen und Austauschen.

Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der evangelisch-reformierten Kirche Stäfa.

Mittwoch, 10. September, 19:30 Uhr
Forum Kirchbühl, Kirchbühlstrasse 40, Stäfa

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