Einführung der Biometrie beim Ausländerausweis

Die wurde FIMM, als Dachorganisation der Migrantenvereine, nicht zur Vernehmlassung der Einführung der Biometrie beim Ausländerausweis eingeladen. Es geht um eine gesetzliche Änderung, die in der Schweiz lebende MigrantInnen direkt betrifft.

In der Schweiz lebende MigrantInnen schätzen die Schweizer Demokratie, insbesondere die Vernehmlassungsverfahren, die den betroffenen Personen und Institutionen die Möglichkeit einräumt, sich am Gesetzgebungsprozess zu beteiligen. Die MigrantInnen und ihre Vereinigungen würden sich, soweit  es möglich und nötig ist, auch an diesem Prozess beteiligen. Trotzdem wurde FIMM, als Dachorganisation der Migrantenvereine, nicht zur Vernehmlassung der Einführung der Biometrie beim Ausländerausweis eingeladen. Es geht um eine gesetzliche Änderung, die in der Schweiz lebende MigrantInnen direkt betrifft.

In diesem Sinne möchte FIMM dazu folgende Gedanken äussern: Die Verordnung (EG) Nr. 380 wurde zwar verabschiedet, aber die EU möchte vor der Umsetzung, umfangreiche Tests ab Oktober 2009 durchführen und „die Beantragung, Ausstellung und Sperrung von Ausweisen werden durch ausgewählte kommunale Behörden ab Anfang 2010 in einem Feldtest evaluiert. Die Ergebnisse beider Tests fließen noch vor dem Rollout in die laufende Projektabwicklung ein.“ (http://www.epass.de ). Grund dazu ist die breite Kritik im EU-Raum. (siehe unten)

Hingegen möchte der Bundesrat ohne solche Tests, Evaluation einführen. Als direkt Betroffene, würden wir es bevorzugen, vorerst die Ergebnisse abzuwarten. Ferner weisen wir auch drauf hin, dass die EU für die Umsetzung der genannten Verordnung, kein zwingendes Datum festgesetzt hat.

Es ist für uns auch nicht nachvollziehbar, weshalb nur ein Teil der in der Schweiz lebenden Personen, einen biometrischen Ausweis haben sollen. Jedenfalls wird dies von Seiten der MigrantInnen, als Hinweis auf nicht Gleichbehandlung angesehen.

FIMM steht der Einführung biometrischer Daten skeptisch gegenüber, da biometrische Daten höchst sensibel und bei ihrer Verwendung etlichen Risiken ausgesetzt sind. Wir sind der Meinung, dass die Schweiz sich bei der Umsetzung der europäischen Verordnung am Standard der EU orientieren und nicht darüber hinaus führende Massnahmen erlassen sollte – nicht zuletzt aus datenschutzrechtlichen Gründen. So sieht die europäische Verordnung zwar die Einführung biometrischer Daten in den Aufenthaltstiteln für Drittstaatenangehörige vor. Die Aufbewahrung dieser Daten in einer zentralen Datenbank, ist aber nicht vorgesehen.

Die zentrale Speicherung ist überhaupt eine der problematischsten Bereiche im Umgang mit biometrischen Daten. Biometrische Daten aller Ausländerausweise automatisch zentral zu speichern, mit der Begründung der Vereinfachung und Kosteneinsparungen bei einem möglichen Erneuerungsverfahren eines jeweiligen Ausländerausweises, erscheint uns als eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. In Bezug auf die Zielsetzung der europäischen Verordnung, ist diese Massnahme unverhältnismässig.

Sparen auf dem Buckel der Arbeitslosen

Die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK) will in der Arbeitslosenversicherung (ALV) noch mehr Leistungen kürzen als Bundesrat und Ständerat.

  • Personen unter 30 Jahren, die keine Kinder in ihrer Obhut haben sollen, höchstens noch 260 Taggelder erhalten. Für Personen unter 25 Jahren ohne Unterstützungspflichten sollen es sogar nur 130 Taggelder sein.
  • Eine Verschärfung des Gesetzes fordert die WAK auch in strafrechtlicher Hinsicht. So beantragt sie, dass Vergehen gegen das Arbeitslosengesetz künftig nicht nur mit Geldstrafen sondern auch mit Gefängnis bestraft werden können.

Zur Entschuldung der Versicherung soll auf der Leistungsseite über eine halbe Milliarde eingespart werden. Die dazu vorgesehenen Kürzungen der Versicherungsleistungen bedeuten für die Betroffenen und ihre Familien eine weitere massive Belastung (oder drängen Betroffene und ihre Familien schneller in die Armut). Insbesondere laufen Jugendliche Gefahr, working poors zu werden: bis zum 30. Altersjahr soll jegliche Arbeit zumutbar sein.

Ebenso verfehlt und unverständlich ist die vorgesehene Ausdehnung der sogenannten Ersatzarbeit. Dabei handelt es sich um unterbezahlte Arbeit, zu deren Annahme Arbeitslose verpflichtet werden können.

Für die Kantone und Gemeinden bedeutet die Vorlage eine erneute Überwälzung von Kosten. Der Bund und die ALV stehlen sich zunehmend aus ihrer Verantwortung und das verfassungsmässige Obligatorium wird durch Ausschluss von der Versicherung (für Teilnehmer von „arbeitsmarktlichen Massnahmen“), durch Verlängerung von Wartezeiten usw. ausgehöhlt.

Wenn die jetztige Version der Gesetzesrevision in der Wintersession durch den Nationalrat akzeptiert würde, könnten den Arbeitslosen bereits 2011 die Leistungen drastisch gekürzt werden. Ausgerechnet, in der aktuellen Krise! Und ausgerechnet in einem Staat, der erst gerade den Mitverursachern dieser Krise 36 Milliarden Steuergelder (!!) zur Verfügung gestellt hat.

Die vorgesehene Revision löst keines einziges der bestehenden Arbeitsmarktprobleme, sondern verschärft die bestehenden und schafft neue Probleme. Hauptwirkung dieser Vorlage ist, dass die Zahl der Armutsbetroffenen in der Schweiz um mehrere 10’000 Personen zunehmen wird.

Repressionswelle in Chiapas

Im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas eskaliert die paramilitärische und staatliche Gewalt gegen linke Organisationen. Am 30. September wurde José Manuel Hernández Martínez in der Gemeinde 28 de Junio von Sicherheitskräften festgenommen, die sich als Arbeiter der staatlichen Elektrizitätskommission CFE verkleidet hatten. Hernández alias „Chema“ ist eine historische Führungspersönlichkeit der Bäuerlichen Organisation Emiliano Zapata (OCEZ) im Kreis Venustiano Carranza, die dort seit den 1980er Ländereien besetzen und zahlreiche Projekte für ihre Basis durchsetzen konnte. Bei der Operation wurde das OCEZ-Mitglied Jordán López erschossen, mindestens drei weitere Bauern wurden verletzt, als sie sich ihrer Verhaftung widersetzen wollten. „Chema“ wird vorgeworfen, der marxistischen Guerilla Revolutionäres Volksheer (EPR) anzugehören, was von der OCEZ vehement zurückgewiesen wird. Die Kampffront für den Sozialismus (FNLS), zu der die OCEZ gehört, fürchtet, dass „Chema“ wie viele soziale AktivistInnen spurlos „verschwinden“ könnte und macht Gouverneur Juan Sabines von der sozialdemokratischen PRD direkt für die Repression verantwortlich.

Kurz zuvor, am 26. September wurde ein Brandanschlag auf die neuen Räumlichkeiten der Frauenorganisation Kinal Antsetik in San Cristóbal verübt. Die unabhängige Gruppierung fördert Bildungsprojekte und Kooperativen in Chiapas. Es gelang den indigenen Frauen, die auf dem Gelände leben, den Brand zu löschen. Kinal Antsetik sorgt sich nun um die körperliche Unversehrtheit ihrer Angehörigen und besonders der Mitarbeiterin Yolanda Castro. Mexikanische Behörden ermittelten gegen sie und bemühen sich, sie als Angehörige bewaffneter Gruppen darzustellen. Kinal Antsetik geht davon aus, dass der Staat ihre Arbeit als Menschenrechtsverteidigerin kriminalisieren will. In der Menschenrechtsarbeit habe Castro jüngst eine besondere Rolle eingenommen, da sie immer wieder Angehörige von Gefangenen und verschwundenen Personen juristisch begleitete.

Bereits am 18. September attackierten etwa 60 Personen mit Steinen, Stöcken und Schusswaffen den Anwalt Ricardo Lagunes, als dieser sich nach einer Besprechung in der indigenen Gemeinde Jotolá auf den Heimweg machen wollte. Der Anwalt, der für das international renommierte Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de las Casas arbeitet, wurde schwer zusammengeschlagen und entging nur knapp einem Lynchmord, da ihm  Gemeindemitglieder zu Hilfe eilten. Bei der Befreiungsaktion eröffneten Paramilitärs das Feuer und verletzten Carmen Aguilar aus San Sebastian Bachajón schwer. Die Angreifer sind Mitglieder der regierungsnahen „Organisation zur Verteidigung der indigenen und bäuerlichen Rechte“ (OPDDIC), die über einen bewaffneten Arm verfügt, der von Menschenrechtsorganisationen bereits mehrfach für Übergriffe auf zapatistische und andere linksoppositionelle Gemeinden verantwortlich gemacht wurde. Das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé kritisierte die Vorgehensweise der Polizei, die kurz vor dem Angriff in Jotolá noch mit OPDDIC-Mitgliedern gesprochen habe und danach verschwunden sei.

Die OPDDIC wird beschuldigt, auf gewaltsame und illegale Weise Land an ihre Mitglieder zu verteilen, das 1994 von der zapatistischen Befreiungsarmee EZLN besetzt wurde. Erst Anfang September hatten Paramilitärs mehrere Zapatistas im EZLN-kontrollierten Landkreis San Manuel schwer verletzt.

Thomas Zapf, Mitarbeiter des Internationalen Friedensdienstes (SIPAZ) in San Cristóbal, bezeichnete im Interview die jüngsten Attacken als „Ausdruck einer neuen Qualität von Repression“. Es sei besorgniserregend, dass in Chiapas selbst vor Angriffen auf Menschenrechtsaktivisten nicht mehr zurückgeschreckt würde.

Hintergrund der Auseinandersetzungen sind neben der Angst der Oligarchie vor einer weiteren Stärkung linker Basisbewegungen Landstreitigkeiten und umstrittene Entwicklungsprojekte in der Region. Sowohl die chiapanekische als auch die mexikanische Bundesregierung unter Präsident Calderón von der konservativ-neoliberalen Partei der Nationalen Aktion (PAN) fördern Monokulturen, Autobahnen und Tourismusprojekte in Zusammenarbeit mit multinationalen Konzernen, ohne die jeweils betroffenen Gemeinden zu konsultieren.

Von den bereits existierenden Tourismusprojekten wie z.B. den Wasserfällen in Agua Azul profitieren bisher vorwiegend regierungsnahe Kreise. Dabei haben die indigenen Gemeinden als Ganzes Anspruch auf eine kollektive Nutzung und Selbstverwaltung ihrer Territorien. Die mexikanische Regierung hat diese Rechte anerkannt, als sie 1990 das Abkommen 169 der Internationalen Arbeitsorganisation ILO unterzeichnete.

Aufgrund des alltäglichen Rechtsbruches durch die mexikanischen Eliten haben sich daher zahlreiche Gemeinden und Organisationen der „Anderen Kampagne“ angeschlossen, einer Mobilisierung des außerparlamentarischen zivilen Widerstands, die von der EZLN 2006 initiiert wurde und sich über lokale Kontexte hinaus für eine neue antikapitalistische Verfassung für ganz Mexiko engagiert.

Luz Kerkeling 3.10.2009

Pascale Fontaines vierter Streich

Der kürzlich verstorbene Literaturkritiker Marc Reinhart aus La Chaux-de-Fonds hat den bereits legendär gewordenen Pascale-Fontaine-Krimis jeweils eingehende Besprechungen gewidmet, und eben ist eine chinesische Übersetzung der Kriminalstory «Betonkönig» aus dem ersten Band «Sechs Fälle für Pascale Fontaine» in Vorbereitung. Wo traditionelle Techniken der Kriminalistik versagen, da ist die attraktive Kommissarin gefordert, mit den spezifischen Waffen einer Frau. Seit der Kreation der Kommissarin Pascale Fontaine durch H.P.Gansner ist die Attraktivität Frankreichs für nicht französischsprachige Krimi-AutorInnen stetig gestiegen: Barbara Traber liess ihren Berndeutschen Krimi «Poulet im Chörbli» (Licorne) im Burgund spielen, während der aus dem nebligen und kühlen Schottland stammenden, in Washinton DC als Journalist tätige Martin Walker seinen «Bruno, Chef de Police» (Diogenes) in der beliebten englischen Ferienregion des Périgord angesiedelt hat.

Tödliches Tête-à-Tête – mit erotischem Vorspiel…

Nun hat die französischen Kommissarin Pascale Fontaine wieder zugeschlagen: «Tödliches Tête-à-Tête auf Guadeloupe» (Edition Signathur, Dozwil 2009), es ist ein spannender Krimi über die Schrecken des Kinderhandels und der Kinderpornographie. Die Zerschlagung einer besonders brutalen Mafiaorganisation durch Pascale Fontaine, einer unerschrockener Kommissarin der französischen Brigade criminelle.

Der Boss einer gefürchteten Kinderhändler-Bande hat sein Domizil ausgerechnet auf der paradiesischen Insel Guadeloupe aufgeschlagen. Von diesem Hafen des Friedens und der Ruhe in der traumhaft schönen französischen Karibik aus hofft der Mafioso, unbemerkt seine Fäden um die Welt spinnen zu können. Doch da hat er die Rechnung ohne Pascale Fontaine, der französische Kommissarin für spezielle Aufgaben gemacht. Denn sie heftet sich ihm unerbittlich an die Fersen und geizt wie üblich nicht mit ihren Reizen, bis der Fisch im Netz zappelt. Denn nach vier weiteren Kindsentführungen nur auf der Insel selbst gelingt es ihr, mit einer ungewöhnlichen, sehr weiblichen Kriegslist, den Mafia-Boss an die Angel zu bekommen und ihn und seine kriminelle Organisation unschädlich zu machen.

«Tödliches Tête-à-Tête auf Guadeloupe» des in Genf und Hoch-Savoyen (Frankreich) lebenden Krimiautors H. P. Gansner ist eine spannende Kriminalnovelle, die man in einem Zug von der ersten bis zur letzten Seite liest. Sie vereinigt alle Qualitäten der klassischen Novelle: exotische Schauplätze, aussergewöhnliche Begebenheiten, sich überstürzende Dramatik, spannende Dialoge. Zudem ist die Story nach den schier unglaublichen Verbrechen der letzten Jahre im Bereich der Kinderpornographie von geradezu erschreckender Aktualität. Tödliches Tête-à-Tête auf Guadeloupe ist H. P. Gansners vierter Krimi mit der französischen Kommissarin Pascale Fontaine, die besonders verzwickte Fälle mit den ungewöhnlichen Methoden einer Frau zu lösen imstande ist.

«Grossartige Kriminalnovelle»

Jean Ziegler schrieb zu diesem ganz speziellen Krimi: «Eine grossartige Kriminalnovelle, brillant und faszinierend! – Guadeloupe, seine düstere, gewalttätige Vergangenheit, die Deportation, die Sklaverei sind wie Gespenster – un-heimlich – stets an den Stränden, in den Luxushotels präsent und verwandeln das singuläre Verbrechen in eine Nacht von Gewalt und nie überwundener Angst. Ein ausserordentlich spannendes und eindrückliches Buch.» Den Kontrast zwischen dieser «düsteren, gewalttätigen Vergangenheit» und dem exotischen Charakter der Karibikinsel hat die Grafikerin Belinda Oetterli mit grossem Einfühlungsvermögen und künstlerischem Flair in der Umschlaggestaltung dieser Meisternovelle dargestellt.

«Sechs Fälle Für Pascale Fontaine», «Mein ist die Rache» und «Frivole Fälle für Pascale Fontaine» sind im Karin Kramer Verlag, Berlin, erschienen; «Tödliches Tête-à-Tête auf Guadeloupe» in der Edition Signathur, Dozwil, 2009.

Wieder über Kommunismus und Sozialismus reden. Und zwar als Ziel!

Norberto, nach Jahrzehnten, in denen du aktiv in der Partei bist, hast du nun das Präsidium übernommen. Was ist deine Motivation?

Der Rücktritt aus familiären Gründen von Nelly Buntschu zwang die Partei rasch zu handeln und eine Nachfolge bis mindestens zum ordentlichen Kongress vom 2010 zu bestimmen. Da ich schon 22 Jahre in der Parteileitung bin – und somit der Dienstälteste in diesem Gremium – wurde ich vorgeschlagen. Ich habe das Amt vor allem aus einem Pflichtgefühl übernommen, um in der Partei Schwierigkeiten zu vermeiden, denn es war nie meine Absichten oder mein Ziel, Präsident der PdAS zu werden. Aber damit ich nicht missverstanden werde: Ich freue mich sehr auf die Aufgaben als Präsident der Partei.

Welche Ziele hast du als Präsident?

Spontan antworte ich, dass mein, unser Ziel, es ist, die Welt zu verändern, den Kapitalismus zu überwinden. Einen Beitrag zu leisten für den Aufbau einer solidarischen Welt, die in Frieden lebt. Das ist und bleibt meine, unsere Vision. Kurzfristig ist das Ziel die Stärkung unserer Partei, indem wir die Zusammenarbeit unter den Sektionen und unter den GenossInnen verbessern. Dies um einen grösseren Einfluss in der lokalen und nationalen Politik zu bekommen.

Wie schätzt du die aktuelle politische Situation in der Schweiz ein?

Die Situation ist explosiv und zwar durch die aktuelle Krise, die vor allem die schwächeren Schichten unserer Gesellschaft schwer trifft. Dies hat auch die Demonstration in Bern vom 19. September mehr als deutlich gezeigt. Die prekären Arbeitsverhältnissen, die tiefen Löhne, die Arbeitslosigkeit im Allgemeinen und die Jugendarbeitslosigkeit im Speziellen sowie das Fehlen von glaubhaften Perspektiven führen zu Enttäuschungen und Verbitterung, was der politische Kampf komplex und schwierig macht. Wir wissen, dass die Krisen des Kapitalismus nicht zwingend zu einem fortschrittlichen Ausweg führen. Ganz im Gegenteil: Die populistischen und rechtsextremen Stimmen werden immer lauter und unüberhörbar. Dabei gehen sie immer gleich vor: Sie werben mit billigen, einfachen und oberflächlichen Antworten auf komplexe gesellschaftliche Probleme, definieren dabei Sündenböcke und schlagen mit voller Wucht und Macht auf diese ein. Die SVP ist eine Meisterin in dieser Art von Kampagne und sie verfügt über eine Menge Gel, um nationale Abstimmungskämpfe so zu lancieren und führen. Sie spielt und setzt dabei auf die diffusen Ängste in der Bevölkerung, gewinnt so an Boden und erscheint als einzige, glaubwürdige Alternative gegenüber der Krise, welche immer mehr Schaden anrichtet.

Welche Rolle kann dabei eine kleine Partei wie die PdA haben?

Unsere Partei muss mit Hartnäckigkeit versuchen, diese gefährliche Entwicklung genau zu verstehen – und sie auch erklären zu können. Wir müssen mit aller Kraft die xenophoben und rassistischen Vorstösse der konservativen und reaktionären Rechte bekämpfen. Wir müssen aber auch eine Kritik entwickeln gegenüber den Parteien der Mitte und der Sozialdemokratischen Partei, welche die Türen für den Neoliberalismus und den wilden Kapitalismus geöffnet haben, der uns zu diesem Zusammenbruch geführt hat. Wir haben (oder sollten es haben) mit dem Marxismus ein hervorragendes Instrument, das uns erlaubt (oder uns erlauben sollte) die aktuellen Erscheinungen zu verstehen. Die Theorien von Marx, Engels, Lenin, Luxenburg, Gramsci und andere Denker des wissenschaftlichen Sozialismus, lassen uns vieles begreifen, wenn wir sie nicht als Dogmen sondern im kritischen und dialektischen Sinne verstehen und anwenden. Sie bilden sozusagen unseren Kompass, ohne den die Interpretation der Aktualität schwieriger und verworrener wird.

Welche ist zurzeit die grösste Herausforderung der Partei und der radikalen Linken in der Schweiz?

Ich glaube, dass die grösste Herausforderung das Zusammenführen der verschiedenen Kräfte, sprich die Bildung einer breiten Bewegung mit einem gemeinsamen Ziel ist. Dabei geht es um den Kampf gegen die bürgerliche Politik. Diese versucht, sämtliche sozialen Errungenschaften, die in jahrzehntelangen Kämpfen erreicht wurden, wieder rückgängig zu machen – und zwar auf Kosten der ArbeiterInnen. Um diese breite Bewegung aufzubauen, gibt es keine Abkürzungen, wie einige es uns glaub- und schmackhaft machen wollen. Es braucht Geduld, gegenseitigen Respekt und Anerkennung, guten Willen, keinen Missbrauch der Macht, Diskussionen und gemeinsame Arbeit. Zu behaupten, dass die Einheit der radikalen linken Kräften dringend notwendig ist, gleichzeitig aber neue Bewegungen gründen, welche die bestehenden Organisationen spalten und dadurch schwächen, ist widersprüchlich und wenig glaubhaft.

Wenn dich ein Jugendlicher fragt, warum er in unsere Partei eintreten soll, was antwortest du ihm?

Die Jugendlichen sind zum Glück sehr pragmatisch und wägen daher das Pro und Contra nicht ständig ab. Sie kommen in eine Partei wie die unsere, weil sie die Welt verändern wollen und wissen, dass wir dies auch wollen. Sie wissen, dass wir anders sind als eine Regierungspartei wie die Sozialdemokratische, die zu oft zu Kompromissen mit den bürgerlichen Parteien bereit ist. Die Jugendlichen von heute stehen viel weniger unter dem antikommunistischen Einfluss des Kalten Krieges, die uns KommunistInnen als antidemokratisch und FreiheitsräuberInnen abstempelte. Diese Art von Propaganda besteht zwar noch, sie ist zum Glück aber viel weniger effektiv. Mich hat noch nie ein Jugendlicher nach dem Grund gefragt, warum er in unsere Partei eintreten soll und es gab in letzter Zeit viele Jugendliche, die in den verschiedenen Sektionen der Partei eingetreten sind. Diese jungen AktivistInnen haben im Tessin und im Kanton Bern die «Kommunistische Jugend» gegründet und haben den festen Willen, bis Ende Jahr die «Kommunistische Jugend Schweiz» als Jugendorganisation der Partei zu gründen. Dies ist sehr ermutigend und lässt für die Zukunft gut hoffen.

Die PdA hat eine Kampagne gegen den Sozialabbau beschlossen. Was erwartest du konkret von dieser Initiative?

Der Sozialabbau ist ein zentrales Problem. Seit einigen Jahren ist es der offensichtliche Versuch, die sozialen Errungenschaften wieder abzubauen. Dieses Vorhaben der Bürgerlichen hat sich mit der Krise deutlich verschärft. Die Bourgeoisie will das Rad der Geschichte zurückdrehen. Zuerst wurde eine Reihe von Privatisierungen im service public durchgeführt. Dann wurden Steuererleichterungen für die Reichen durchgesetzt mit der Ausrede, dass dies der Wirtschaft und somit uns allen dienen würde.

Aber natürlich nützte dies nicht allen gleich viel: Es führte dazu, dass wenige Reiche noch reicher und viele dafür noch ärmer wurden. Die Kluft zwischen jenen, die ein Herrenleben führen und jene, die nur mit Mühe bis ans Monatsende kommen, ist grösser geworden. Danach hat die bürgerliche Politik die Löhne praktisch blockiert. Dies mit der Begründung, dass es die einzige Möglichkeit sei, um im internationalen Konkurrenzkampf bestehen zu können. Weiter wurden die Aufgaben des Staates neu definiert, was zu einem Abbau der Leistungen führte.

Unsere Kampagne soll eine breite Diskussion mit möglichst vielen Menschen ermöglichen. Dabei sollen die Mechanismen und Hintergründe aufgezeigt werden, die von den Bürgerlichen – insbesondere von der SVP – benutzt werden, um den Sozialabbau voranzutreiben. So wird in wirtschaftlich guten Zeiten behauptet, dass die Sozialleistungen überflüssig sind und das Wachstum der Wirtschaft verhindern. In Krisenzeiten wird dann behauptet, dass die Sozialversicherungen wie die AHV, IV und ALV hoch verschuldet sind und daher saniert werden müssen. Dabei ist das «Rezept» der Bürgerlichen, das sie vorschlagen immer das gleiche und heisst Abbau der Leistungen, Zerschlagung des Sozialstaates.

Unsere Aufgabe ist jedoch viel schwieriger: Es reicht nicht diese Mechanismen zu denunzieren. Wir müssen gleichzeitig unsere mittelfristigen Forderungen, aber auch unsere «Utopie» aufzeigen. Wir müssen den Mut haben, wieder über Sozialismus und Kommunismus zu reden. Und zwar als Ziele, die es zu erreichen gilt. Denn – vielleicht heute mehr denn je – trifft die Aussage «Sozialismus oder Barbarei» den Kern der Wahrheit. Die Barbareien haben wir täglich vor den Augen. Daher müssen wir für den Sozialismus kämpfen.

 

 

 

 

Linksfront in Frankreich

Die zu den EU-Wahlen erstmals als Wahlbündnis angetretene «Linksfront» soll «auf Dauer weitergeführt und erweitert werden», und zwar sowohl «in den Kämpfen wie an den Urnen». Darauf haben sich die Vertreter der drei Komponenten, die diese «Linksfront» tragen, nämlich die Kommunistische Partei (PCF), die «Parti de Gauche» («Linkspartei») und die Vereinigung «Gauche unitaire» («Einheitslinke»), bei einer Zusammenkunft am 23. September geeinigt. Es wurde die Bildung eines „Ständigen Verbindungskomitees“ und die Ausarbeitung einer «gemeinsam getragenen Plattform» vereinbart.

Ursprünglich war die Bekanntgabe der Fortsetzung der «Linksfront» mit Blick auf die im Frühjahr 2010 anstehenden Regionalwahlen schon früher erwartet worden. Es hatten sich jedoch Differenzen über die Haltung der «Sozialistischen Partei» (PS) ergeben. Die als «trotzkistisch» bzw. «linksradikal» bezeichnete «Neue Antikapitalistische Partei» (NPA) machte zur Bedingung einer eventuellen Mitwirkung in der „Linksfront“, dass es keinerlei Wahlabkommen mit der PS und keinerlei Mitwirkung in von der PS regierten Regionen geben dürfe. Die «Linkspartei», die sich im vergangenen Jahr von der PS getrennt hatte, drängte ebenfalls auch eine klare Abgrenzung der «Linksfront» von der PS, wenn sie auch «technische Vereinbarungen» mit ihr über die Stimmabgabe bei den Regionalwahlen im zweiten Wahlgang für möglich erklärte, wenn das zur Verhinderung eines Wahlsiegs der Rechten beitragen könnte. Demgegenüber vertrat die PCF die Ansicht, dass die Bildung von Wahlbündnissen der «Linksfront» auch mit der PS nicht von vornherein ausgeschlossen werden sollte. In bestimmten Situationen könnte die Bildung einer gemeinsamen Liste bei den Regionalwahlen auch schon im ersten Wahlgang dazu beitragen, die Rechtskreise abzuwählen. Auch PS-Politiker sollten ihrer Ansicht nach zu gemeinsamen Debatten über eine Linksplattform zu den Regionalwahlen und vor allem zur Ablösung von Staatschef Sarkozy bei den Präsidentenwahlen 2012 eingeladen werden. Obwohl diese «taktischen» Differenzen fortbestehen, betrachten es die Trägerorganisationen der «Linksfront» als Erfolg, dass sie sich nun auf eine «Verstetigung» ihrer Zusammenarbeit verständigen konnten und sich diese nicht nur auf das gemeinsame Auftreten bei Wahlen, sondern auch auf das gemeinsame Eingreifen in ausserparlamentarische Kämpfe beziehen soll.

Kriegstreiber an der Uni Zürich

Vergangenen Frühling hat das SIAF (Schweizerische Institut für Auslandforschung) für Aufsehen gesorgt, als es die neoliberalen Hardliner Daniel Vasella, Jean-Pierre Roth und Peter Brabeck an die Uni Zürich eingeladen hat. Um dieser ideologischen Offensive etwas entgegenzusetzen. gründeten wir das Aktionskomitee Uni von Unten. Mit Kundgebungen und Gegenveranstaltungen kritisierten wir das SIAF und die (Geschäfts-)Politik ihrer Referenten. Viele Studierende schlossen sich diesem Protest an und auch in der Öffentlichkeit wurde Kritik am SIAF laut.

Wir hätten erwartet, dass sich das SIAF nach den massiven Protesten von der Uni zurückzieht, allerwenigstens aber in Zukunft keine so provokativen Veranstaltungen mehr durchführt. Stattdessen setzt das SIAF mit dem Vortrag vom kommenden Mittwoch noch eins drauf: Mit Robert Kagan lädt das SIAF einen der führenden Köpfe der Neokonservativen in den USA ein. Kagan war Mitbegründer und Teil der Leitung des «Project for the New American Century» (PNAC). Dieser Think-Tank forcierte bereits 1998 die Invasion in den Irak und ist auch angesichts der desaströsen Entwicklung des Irakkriegs nie von der Forderung nach einer möglichst aggressiven Besatzung des Landes abgewichen. Der Irakfeldzug ist für das PNAC ein wichtiger Schritt bei der Errichtung einer Pax Americana für das 21. Jahrhundert, sprich der globalen Hegemonie der USA. Dieser Führungsanspruch sei mit Hilfe eines «weltweiten Kommando- und Kontrollsystems» nötigenfalls auch kriegerisch durchzusetzen. Dabei sei auch die Entwicklung biologischer Waffen nicht auszuschliessen.

In Europa, so Kagan, fehle leider immer noch der nötige «Sinn für militärische Notwendigkeiten». Die Einladung des SIAF ist da eine willkommene Gelegenheit, mit dem «schwächlichen» europäischen Vertrauen in die  Diplomatie und das Völkerrecht aufzuräumen und auf die militärische Weltherrschaft der USA einzustimmen.

Indem die Universität Zürich solche hochreaktionären Propagandaveranstaltungen anbietet, unterstützt sie politische Positionen, die mit fortschrittlichem Denken völlig unvereinbar und einer kritischen Bildungseinrichtung unwürdig sind. Deshalb rufen wir zum Protest gegen diese Veranstaltung auf. Weder Wirtschaftsbosse noch  Kriegstreiber an unserer Uni! Kagan go Home!

SIAF abschaffen!

«Ein Sieg der Mächtigen über das Volk»

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Das Lissabon-Referendum in Irland von Krisenangst und Meinungsmanipulation bestimmt.«Es war ein Sieg der Mächtigen über das Volk» – so fasste der Direktor der irischen «Worker’s Party» (WP), Padraig Mannion, für die Anti-Lissabon-Kampagne das Ergebnis des zweiten irischen Referendums am 3. Oktober zusammen.

Bei einer Beteiligung von 57 Prozent (2008: 53 %) stimmten knapp 1,2 Millionen der 3 Millionen Wahlberechtigten mit «Ja» (67,01 %), knapp 577 000 mit „Nein“ (32,99 %). Die von der offiziellen Politik und in den Medien gefeierte „überraschend deutliche Zweidrittelmehrheit“ verliert allerdings an Glanz, wenn berücksichtigt wird, dass rund 1,2 Millionen Wahlberechtigte an der Abstimmung nicht teilgenommen haben (42,97 %). Sie sind sicherlich nicht zu Hause geblieben, weil sie die bisherige EU-Politik so toll fanden. Umgerechnet auf die Gesamtzahl der Abstimmungsberechtigten liegt der Prozentsatz der Irländer, die bewusst für den Lissabon-Vertrag gestimmt haben, bei 38 Prozent.

Von Politikern der republikanischen Sinn Féin-Partei wurde nach der Abstimmung betont, dass es vor allem Angst war, was viele Irländerinnen und Irländer dazu veranlasst hat, diesmal für den gleichen Vertrag zu stimmen, den sie vor 14 Monaten bei der ersten Abstimmung im Juli 2008 schon einmal abgelehnt hatten, obwohl am Vertragstext inzwischen kein Jota verändert worden war. «Uns wurde erzählt, wenn wir mit ‹Nein› stimmen, werden wir Investitionen, Jobs und die Unterstützung der EU-Partner verlieren», sagte der Fraktionschef von Sinn Féin im irischen Parlament, O Caolain. Die EU-Abgeordnete Mary Lou MacDonald vermerkte, dass sich viele Iren aufgrund der internationalen Wirtschaftskrise verunsichert fühlten. Diese hatte Irland besonders stark betroffen und zu einem rasanten Anstieg der Arbeitslosenzahlen bis auf 12,5% geführt. Unter diesen Umständen seien viele empfänglich geworden für die schändliche Argumentation der Ja-Befürworter mit der Angst vor den Krisenfolgen: Die Menschen hätten mit ihrem Ja eigentlich «nicht für den Lissabon-Vertrag, sondern für wirtschaftlichen Wiederaufschwung, Jobs und weitere Mitgliedschaft in der EU» gestimmt, erklärte Patricia McKenna, gleichfalls Aktivistin der Nein-Kampagne.

Zugleich hat eine um das Vielfache verstärkte Mobilisierung der Ja-Befürworter zu dem Ergebnis beigetragen. „Sie hatten drei riesige Vorteile: 90 Prozent des Geldes, 95 Prozent der Medien und 100 Prozent des Establishments“, vermerkte der Sprecher der Worker’s Party. In der Tat war nicht nur die Präsenz der Ja-Plakate in den Städten und Dörfern diesmal weit beeindruckender als 2008. Auch eine Menge bekannter Leute waren aufgeboten worden, um für das «Ja» Reklame zu machen. Darunter der irische Dichter und Nobelpreisträger Seamus Heaney, aber auch Schlagersänger und Sportler. Der in Irland über viele Arbeitsplätze gebietende Chip-Konzern Intel hatte eine ganze Seite in der führenden Tageszeitung «Irish Times» finanziert, um per Anzeige vor den Folgen der Abwanderung vieler Firmen bei einem erneuten irischen Nein zu «warnen». Der Boss des Billigflugfirma Ryanair hatte sogar kostenlose Flüge für Leute aus anderen EU-Staaten nach Dublin angeboten, wenn sie sich verpflichteten, in Irland für das Ja zu werben.

Sprecher der Nein-Befürworter betonten, dass es von einem bemerkenswerten Kräftepotenzial zeuge, wenn sich ungeachtet dieses massiven Drucks und der propagierten Katastrophenszenarien Hunderttausende erneut aktiv an der Nein-Kampagne beteiligten und ein Drittel der Abstimmenden trotz der riesigen Angstmache und falschen Versprechungen mit Nein votierten, besonders in den Arbeitervierteln. In «Spiegel-Online» hiess es, dass es «besonders Irlands Mittelklasse war», die in die Wahllokale strömte. «In Arbeitervierteln hingegen, den Bastionen des Nein-Lagers, war die Beteiligung unterdurchschnittlich».

Von der Worker’s Party wurde darauf hingewiesen, dass die vielfältigen Versprechungen, mit denen die irischen Wähler zum Umschwenken animiert wurden, wohl kaum in Erfüllung gehen werden. Das kapitalistische Establishment Irlands habe mit aktiver Unterstützung der irischen Sozialdemokraten zwar einen Sieg davongetragen, aber die Kluft zwischen dem Volk und den EU-Institutionen werde sich in den nächsten Jahren weiter vertiefen. Auch Sinn Féin-Präsident Gerry Adams hob in seiner Stellungnahme zum Abstimmungsergebnis hervor: «Diejenigen, besonders in der Labour Party und in Fine Gael (liberale Partei, AdR), die damit argumentierten, dass die wirtschaftliche Rettung von einem Ja bei der Abstimmung komme, werden in dieser Hinsicht weiter zur Rechenschaft gezogen werden müssen». Er habe keinen Zweifel, dass die von der Rechtspartei Fianna Fail geführte Regierung sich von dem Ergebnis zu einem weiteren harten Sparkurs und Sozialabbau ermutigt fühlen werde. «Die Probleme, mit denen die irische Gesellschaft konfrontiert ist, werden durch das heutige Ergebnis in keiner Weise gelöst». Sinn Féin werde weiter für ein «besseres Europa» kämpfen, „«das demokratischer ist und die Interessen der gewöhnlichen Bürger und Arbeiter über die des big business und der Bürokraten stellt».

Protestpausen auf dem Bau

Die Baubranche boomt nach wie vor – jetzt fordern auch die Bauleute ihren verdienten Anteil: die Arbeitnehmenden im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe kämpfen gemeinsam für eine Lohnerhöhung von 120 Franken. Am kommenden Montag, 5. Oktober wird auf 20 Grossbaustellen eine Protestpause eingelegt.

Trotz Wirtschaftskrise hat das Baugewerbe auch 2009 eine sehr hohe Wachstumsdynamik. Die Mehrheit der Firmen hat volle Auftragsbücher. Gleichzeitig ist der Arbeitsmarkt ausgetrocknet. Auf den Baustellen sind darum Überstunden und Samstagarbeit die Regel. Enormer Termindruck führt zusätzlich zu einem Dauerstress für die Bauleute.

Die Beschäftigten der Baubranche haben darum eine Lohnerhöhung mehr als verdient. Gerade jetzt ist es wichtig, die Kaufkraft zu erhalten. Auch wenn die Teuerung stagniert, reicht der Lohn immer weniger weit. Denn nächstes Jahr werden die Krankenkassenprämien massiv steigen und grosse Löcher in die Portemonnaies reissen.

Darum kämpfen die Arbeitnehmenden im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe am ersten Aktionstag vom 5. Oktober gemeinsam für eine Lohnerhöhung von 120.- Franken pro Monat. Im Rahmen einer nationalen Aktionswoche werden in der Region Zürich-Schaffhausen die Bauleute auf rund 20 Grossbaustellen eine Protestpause einlegen und die Arbeit nach dem Mittag erst verspätet wieder aufnehmen. Die protestierenden Arbeitnehmenden treffen sich an 5 Orten zu einem gemeinsamen Mittagessen und (betrifft nur Zürich) zu einer anschliessenden Kundgebung über die Hardbrücke. Sie zeigen damit ihre Entschlossenheit, die kümmerlichen Angebote der Arbeitgeber in den bisherigen Lohnverhandlungen nicht zu akzeptieren. Denn harte Arbeit verdient anständige Löhne!

An diesen Orten finden die Aktionen statt:

Zürich: Baustelle „Prime Site Tower“ Hardstrasse 219 (Maag Areal) 8005 Zürich

Winterthur: Baustelle „Haldengut“, Rychenbergstrasse, 8400 Winterthur

Zürich Oberland: Baustelle Huber und Suhner, Speckstrasse, Pfäffikon

Limmattal: Baustelle Wohnüberbauung Steinwiesenstrasse 8952 Schlieren

Schaffhausen: Baustelle „Künzliheim“, Bürgerstrasse, 8200 Schaffhausen

Spontane Proteste gegen Atomtransport

Am 29. September fand zwischen Lüneburg und Gorleben ein so genannter Castor-Probetransport statt. Sowohl der Betreiber der Atomanlagen als auch der Polizei misslang es, diesen Transport geheim zu halten.

Als der mit einer schwarzen Plane getarnte Behälter durch BeobachterInnen gemeldet wurde, kam es zwischen beiden Orten zu einer Handvoll spontaner Protest-Aktionen. Im Bereich Lüneburg kletterten zwei AktivistInnen der Lüneburger Initiative gegen Atomanlagen trotz einer Dauerbewachung durch zahlreichen Polizeibeamten auf die Eisenbahnbrücke über den Elbe-Seiten-Kanal und entrollten zwei Transparente mit der Aufschrift «Stop Castor» und «Klimaschädlich, Kriminell, Katastrophal / Krümmel, Gorleben, Asse».

Mir Ihrer Aktion wollten die Aktivisten die Öffentlichkeit auf diesen geheimen Transport aufmerksam machen sowie Zeichen gegen die Atompolitik setzen. Bei dem heutigen Castortransport handelte es sich um einen so genanten Probe-Transport, der für die Genehmigung neuer Behälter erforderlich ist. 2010 soll der nächste Castortansport nach Gorleben mit hochradioaktivem Müll durchgeführt werden. «Leere Behälter sind zukünftige volle Behälter», warnte die Lüneburger Aktivistin Cécile Lecomte, eine der beiden KletterInnen. «Auf die Gefahren der Atomindustrie wollen wir jederzeit hinweisen.»

Die Protestaktion dauerte trotz Dauerregens über drei Stunden. Noch vor Duchfahrt des Transportes kletterten inzwischen vor Ort eingetroffene Polizisten einer Sondereinheit auf die Brücke hoch, die protestierenden KletteraktivistInnen wurden anschließend mit Karabinern an den Kletter-Polizisten befestigt, der Zug fuhr dann noch unten durch. Die AtomkraftgegnerInnen wurden zum Schluß herunter geseilt und nach einer Personalienkontrolle – obwohl sie bereits auf der Brücke von den Beamten namentlich angesprochen wurden, da dies ist nicht ihre erste luftige Protest-Aktion gegen Atomtransporte war – wieder entlassen.

Die beiden KletteraktivistInnen zeigten sich sehr zufrieden mit ihrer Aktion. Lecomtes Fazit lautet : «Am 5. September gingen 50 000 auf der Strasse. Wir werden weiterhin Druck für den sofortigen Atomausstieg machen, mit zahlreichen fantasievollen Protestaktionen. Der Atomausstieg wird von der Strasse/Schiene kommen! Schwarz-Gelb wird diesen Widerstand auch zu spüren bekommen, die AktivistInnen setzen sich dafür ein, was eine große Mehrheit der Menschen in diesem Lande wollen: den Atomausstieg!!!»

Beschwerde gegen Hooligan-Konkordat

Eine Analyse zeigt, dass  Rayonverbote, welche die Stadtpolizei Zürich sowie die Stadtpolizei Winterthur verfügt haben, die minimalsten rechtsstaatlich gebotenen Grundsätze nicht einhalten.

Am 18. Mai 2009 hat der Kantonsrat des Kantons Zürich das Gesetz über den Beitritt zum Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen erlassen. Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat am 12. August 2009 festgestellt, dass der Beschluss des Kantonsrates rechtskräftig geworden ist.

In der Folge wurde am 21. September 2009 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben. Es wird beantragt, dass der Beitrittsbeschluss zum Konkordat aufzuheben sei.Die Analyse der bekannt gewordenen Rayonverbote, welche die Stadtpolizei Zürich sowie die Stadtpolizei Winterthur verfügt haben, zeigt auf, dass die beiden Polizeien regelmässig Verbote erlassen haben, ohne die minimalsten rechtsstaatlich gebotenen Grundsätze einzuhalten.

Während bei der Luzerner Beschwerde dieser Mangel der polizeilichen Arbeit nur umschrieben wurde, ist die Zürcher Beschwerde mit zahllosen Rayonverboten und Beschwerdeentscheiden angereichert (total 39 Beilagen). Weiter wird gerügt, dass der vorgesehene Polizeigewahrsam grundsätzlich der EMRK widerspricht, und dass Bundesrecht verletzt wird (Einführung der Strafnorm «Transport von Pyro»). Mit dieser Beschwerde soll auch der Zentralstelle Hooliganismus die Existenzgrundlage entzogen werden.

Zuvo: Druck auf Streikende

Nach drei Schwerpunktstreiks – zwei in Zürich und einer in St. Gallen – reagiert die Geschäftsleitung der Zuvo mit massivem Druck gegenüber den streikenden Verträger/innen: alle erhielten eine schriftliche Verwarnung, im Wiederholungsfall werde auch eine Entlassung in Erwägung gezogen!

Die Verträger/innen sollen dafür bestraft werden, dass sie sich an einem durch die Gewerkschaften rechtmässig ausgerufenen Streik beteiligten. Die Gewerkschaften comedia und Kommunikation fordern die Zuvo auf, die Verwarnungen umgehend zurückzunehmen und sie aus den Personaldossiers zu entfernen. Lehnt dies die Zuvo ab, werden die Gewerkschaften gerichtliche Schritte vorbereiten.

Hunderte von Verträger/innen der Zuvo beteiligten sich am 26. August, 11. und 19. September an drei Schwerpunktstreiks. Dadurch protestierten sie gegen die massiven Lohnsenkungen und brachten zum Ausdruck, dass sie auch bereit sind für ihre Anliegen zu kämpfen. Die Geschäftsleitung der Zuvo wusste aber kein anderes Vorgehen zu wählen, als die Streikenden schriftlich zu verwarnen und ihnen zu drohen, dass in einem Wiederholungsfall auch eine Entlassung in Erwägung gezogen würde! Diese Bestrafung ist rechtswidrig, da die streikenden Verträger/innen nur einem rechtmässigen Streikaufruf der beiden Branchengewerkschaften Kommunikation und comedia folgten. Die zwei Gewerkschaften fordern die Zuvo mittels eines eingeschriebenen Briefes auf, die Verwarnungen sofort zurückzuziehen und sie aus den Personaldossiers zu entfernen.

Vor kurzem wollte die Zuvo zuerst die Gewerkschaften mit der Androhung von juristischen Schritten und Schadensersatzklagen knebeln. Mit der jetzt vorgenommenen schriftlichen Verwarnung gegenüber den streikenden Verträger/innen bringt die Firma Zuvo aber noch zusätzlich mit aller Deutlichkeit ihre kalte und unsoziale Haltung gegenüber dem Personal zum Ausdruck. Mit der Androhung einer Entlassung beim Wiederholungsfalle begibt sich die Zuvo im Weiteren auf das Parkett der Rechtsmissbräuchlichkeit. Mit diesem Handeln bestätigt die Zuvo abermals klar, dass sie an einer Verhandlungslösung mit den Gewerkschaften nicht interessiert ist.

Die Gewerkschaften Kommunikation und comedia bedauern die arrogante Haltung der Geschäftsleitung der Zuvo sehr. Die Gewerkschaften halten weiterhin an ihrer Forderung – Rücknahme der massiven Lohnsenkungen – zugunsten der Verträger/innen fest. Bestärkt worden in ihrer Haltung sind die Gewerkschaften auch durch zahlreiche von Abonnent/innen in den vergangenen Tagen eingegangenen Solidaritätsbriefe zugunsten der Verträger/innen.

Illegale Ausschaffung einer kolumbianischen Mutter

Am Sonntag 20. September 2009 um 18.00 Uhr wurde Maria Dennis Diaz (44), Kolumbianerin, wohnhaft in Zürich seit 1998, ausgeschafft. Die Ausschaffung fand drei Tage nach ihrer Verhaftung statt. Die Polizei tauchte am Donnerstag 17. 9. um etwa 5.30 Uhr in ihrer Wohnung auf und nahm sie mit zur Kaserne, wo ihr Sohn Juan Jacobo Montana (17) seit Dienstag 15. 9. in Haft war.

Der Junge wollte zum Fussballspiel ins Stadion, als er von der Polizei verhaftet wurde. Er wurde unterdessen dem Haftrichter vorgeführt und befindet sich in Ausschaffungshaft.

Das Bleiberecht-Kollektiv betont, dass das Vorgehen der Behörden in diesem Fall nicht nur moralisch unhaltbar, sondern auch eindeutig illegal ist. So wurde u.a. Art. 44 des Asylgesetzes zur Einheit der Familie verletzt (Maria Dennis Diaz war einmal in einem Asylverfahren). Die Trennung von Mutter und minderjährigem Sohn ist nicht rechtlich. Ausserdem sollte nach Art. 64 des Ausländergesetzes bei einer formlosen Wegweisung eine Beschwerde innert drei Tagen möglich sein. Die Sans-Papiers Anlaufstelle hat am Samstag, den 19.9. per Fax an die zuständigen Behörden eine substantiierte juristische Eingabe gemacht. Darin wurde gefordert:

·     eine beschwerdefähige Verfügung betreffend der formlosen Wegweisung gemäss Art. 64, Abs. 2 Aug

·        die unverzügliche Aufhebung des Vollzugs der Wegweisung gemäss EMRK, Art. 8 und Art. 9, KRK

·        die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung betreffend Vollzug der Wegweisung

Dass die Behörden die Ausschaffung nicht sistiert haben – im Wissen, dass die entsprechenden Ämter am Wochenende nicht arbeiten – kommt einer Ausserkraftsetzung des Beschwerderechts gleich. Eine Ausschaffung in drei Tagen an einem Sonntag ist ungesetzlich!

Am Freitagabend hat das Migrationsamt dem Anwalt von Dennis Diaz, Peter Nideröst, mitgeteilt, dass im Fall von Dennis und ihrem Sohn keine Entscheidung gefallen sei. Am Sonntag hat die Kantonspolizei klare Informationen über Dennis und Juan Jacobo verweigert. Weder die ca. 70 Personen, die sich spontan vor der Kaserne versammelt haben, um gegen die Ausschaffung zu protestieren, noch die Sanspapiers Anlaufstelle Zürich wurden über die Situation von Dennis und ihrem Sohn informiert. Am gleichen Abend gegen 20 Uhr hat Dennis mit einem Aktivisten des Bleiberechts aus Frankfurt telefoniert. In einem kurzen Gespräch erzählte sie, sie sei in der Kaserne gewesen, als die Demonstration stattfand.

Während der Verhaftung in ihrer Wohnung, erzählte Dennis, habe die Polizei 1.100.- Fr. in bar beschlagnahmt. Später, während der Inhaftierung, habe die Polizei zusätzlich 7.500.- Fr. Ersparnis, die sie in der Bezirksparkasse Dielsdorf hatte, weggenommen. Im Flughafen hat Dennis 700.- bekommen. Der Rest dieses Geldes [wie viel?] soll die Verfahrungskosten decken. Dennis wohnt seit ca. zwölf Jahren nicht mehr in Kolumbien. Ihre Familienangehörigen leben weit entfernt von Bogotá, Zielstadt der Ausschaffung.

Die Zeit der Inhaftierung hat Dennis getrennt von ihrem Sohn verbracht. Bis zur letzten Minute wurde ihr jeglicher Kontakt zu ihrem Sohn verweigert. Juan Jacobo ist mit fünf Jahren in die Schweiz gekommen. Hier besuchte er erfolgreich neun Jahre die Volksschule, bis er eine Lehrstelle finden musste, was wegen seiner Papierlosigkeit unmöglich war. Mehr als drei Viertel seines Lebens hat Juan Jacobo in Zürich verbracht. Er ist hier gross geworden und Kolumbien ist für ihn ein fremdes Land. Heute Montagvormittag wurde Juan Jacobo dem Haftrichter vorgeführt und ist anschliessend inhaftiert worden. Seine Ausschaffung konnte nicht vollzogen werden, da er keinen Pass besitzt. Die Polizei bemüht sich, eine Geburtsurkunde von Juan Jacobo zu finden, um ihn so bald als möglich ausschaffen zu können. Obwohl Dennis sich kooperativ gezeigt und angeboten hat, das Dokument aus ihrer Wohnung zu holen, hat die Polizei ihren Vorschlag abgelehnt.

Die Ungerechtigkeit, die Willkür und der Mangel an Transparenz in diesem Fall zeigen erneut deutlich die Essenz der Migrations- und Asylpolitik der Schweiz und deren spezielle Anwendung im Kanton Zürich. Eine Politik, die gegen die europäische Menschenrechtskonvention und andere internationale Abkommen verstösst.

Die Bleiberechtskampagne setzt sich weiterhin ein für eine allgemeine Regularisierung von Menschen ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz. Ebenfalls rufen wir dazu auf, das Bewusstsein gegen die Ungerechtigkeit zu schärfen. Wir brauchen Zivilcourage, um diese Ungerechtigkeit zu stoppen.

Die Situation von Asylsuchenden und MigrantInnen hat sich verschlechtert

Drei Jahre nach der Abstimmung über das verschärfte Asyl- und das neue Ausländergesetz haben die Beobachtungsstellen für Asyl- und Ausländerrecht in der Romandie, der Ostschweiz und im Tessin über 80 problematische Situationen dokumentiert.

In einer vor der Schweizerischen Beobachtungsstelle erstellten Übersicht wird deutlich, dass sich die Situation der Betroffenen in vielen Bereichen verschlechtert  hat. Im Bereich Asyl zeigen die dokumentierten Fälle die Schwierigkeiten, die entstehen, wenn auf Gesuche nicht eingetreten wird, weil die Asyl suchende Person nicht innerhalb von 48 Stunden Identitätspapiere vorlegen kann. Wie die Beobachtungen zeigen, wird – anders, als während der Asylgesetzrevision in Aussicht gestellt – von den Ausnahmeregelungen kaum Gebrauch gemacht.

Problematisch ist auch der Verweis von abgewiesenen Asylsuchenden bzw. Asylsuchenden mit Nichteintretensentscheid in die Nothilfe. Die knapp bemessene Nothilfe bringt die Betroffenen in eine Notlage – in manchen Fällen über Jahre hinweg – und führt nicht selten dazu, dass sie auf die Hilfe von Dritten angewiesen sind und sich damit in einer Bettelexistenz wiederfinden. Immer wieder führt die prekäre, unwürdige Nothilfe zu psychischen Erkrankungen der Betroffenen.

Für Asylsuchende, die seit fünf Jahren in der Schweiz sind, sowie für MigrantInnen ohne Aufenthaltsbewilligung ist seit dem neuen Gesetz die Erteilung einer Härtefallbewilligung möglich, wenn sie eine Reihe von Kriterien erfüllen. Dabei nutzen jedoch die Kantone ihren Ermessensspielraum sehr unterschiedlich, einige machen davon überhaupt keinen Gebrauch. Das Bundesamt für Migration (BFM) handhabt die Erteilung von Härtefallbewilligungen ebenfalls äusserst restriktiv. So müssen Betroffene in manchen Fällen nach jahrelangem Aufenthalt und Arbeit in der Schweiz und auch wenn die Kinder hier aufgewachsen und zur Schule gegangen sind, ausreisen, weil ihnen keine Härtefallbewilligung erteilt wird.

Die Schweiz verlassen müssen auch ausländische Familienväter oder -mütter, wenn die Lebensgemeinschaft aufgelöst wurde. Damit werden Familien auseinander gerissen. Auch verlieren immer wieder Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt sind und sich von ihrem gewalttätigen Partner getrennt haben, durch die Trennung ihre Aufenthaltsbewilligung – auch wenn gemäss dem Gesetz eine Härtefallbewilligung möglich wäre. Ebenfalls müssen immer wieder Schweizer Kinder die Schweiz verlassen, wenn die Aufenthaltsbewilligung ihrer ausländischen Mutter nicht verlängert wird.

Beobachtet wurde weiter, dass BeamtInnen die betroffenen AusländerInnen immer wieder unverhältnismässig behandeln, sei es wenn Polizisten Gewalt anwenden, Behörden die Betroffenen täuschen, Beamte immer neue Nachweise verlangen oder die eingereichten Unterlagen nicht würdigen.

Die verschiedenen Fälle und ihre Häufung zeigen, dass Handlungsbedarf auf politischer und zivilgesellschaftlicher Ebene dringlich ist. Es kann nicht im Sinne des Rechtsstaats sein, dass das Asyl- und das Ausländergesetz die von der Schweiz ratifizierten Konventionen missachten oder Asylsuchenden und MigrantInnen die in der Verfassung verbrieften Rechte nur selektiv zugestehen. Die regionalen und die schweizerischen Beobachtungsstelle werden weiterhin Fälle dokumentieren und sie Fachpersonen, PolitikerInnen und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

Einladung zum Streik

Die als Studer Revox bekannt gewordene Studer Professional Audio GmbH in Regensdorf ist bedroht. Die Belegschaft führt morgen Diestag, 22. September 2009 ab 14 Uhr einen Warnstreik druch. Alle sind zum Fest eingeladen!

Die Produktionsstätten des zum multinationalen Infotainment-Konzern Harman gehörenden Schweizer Traditionsbetriebes sollen nach England verlagert werden. Bereits sind 35 von 100 Mitarbeitenden entlassen worden. Obwohl  Studer bei der Entwicklung und Herstellung von High-Tech-Studioeinrichtungen weltweit führend ist und sogar in der Krise hoch profitabel wirtschaftet, droht  dem traditionsreichen Schweizer Industrieunternehmen damit das Aus in Regensdorf. Die Belegschaft will sich diesen Kahlschlag aber nicht gefallen lassen und kämpft um den Erhalt der 100 Arbeitsplätze. Sie legt morgen Nachmittag ab 14 Uhr für drei Stunden die Arbeit nieder und lädt zum Fest auf dem Firmengelände in Regensdorf ein.

Anlässlich dieses Events findet um 14.30 eine Medienkonferenz statt, an der Vertreter der Belegschaft und der Gewerkschaft Unia brisante Informationen zu den Hintergründen des Verlagerungsentscheids bei Harman International präsentieren werden

Staatlicher Terror!

Maria Dennis Diaz Montana, geb. 05.12.1965 und Juan Jacobo Montana Diaz, geb. 17.12.1991, beides kolumbianische Staatsangehörige. Beide kamen – damals zusammen mit dem Vater von Juan und Ehemann von Dennis – Anfang März 1998 in die Schweiz, wo sie ein Asylgesuch einreichten, weil der Vater der Familie politisch verfolgt wurde. Diese Verfolgung wurde seitens des (damaligen BFF) nicht anerkannt und das Asylgesuch wurde mit Verfügung vom 29. Juni 2000 abgelehnt. Die damalige Schweizerische Asylrekurskommission lehnte die Beschwerde gegen diese Verfügung mit Urteil vom 4. August 2000 ab. Der Vater trennte sich von Dennis und verliess die CH um weiterzuflüchten; Dennis und Juan „tauchten unter“.

Immer wieder hat Dennis versucht, ihren Aufenthalt in der Schweiz zu regularisieren, zuletzt mit einer Wiedererwägung vom 3. Oktober 2007, respektive der Beschwerde vom 23. Februar 2008. Alle juristischen Interventionen blieben erfolglos. Ein Härtefallgesuch ist in ihrem Fall nicht möglich, da der Härtefall über Art. 14.2 AsylG geregelt würde und dort muss der Aufenthalt den Behörden immer bekannt gewesen sein.

Juan wurde anlässlich des Fussballmatchs am Dienstag dieser Woche verhaftet; Dennis am Donnerstagmorgen früh in ihrer Wohnung. Der Anwalt hat sich am 18.9.09 beim zuständigen Sachbearbeiter des Migrationsamts über den Stand der Situation erkundigt; dort wurde ihm gesagt, dass noch nichts entschieden sei.

Am Samstag 19. 09, als die Sans Papiers Anlaufstelle Zürich, SPAZ, Dennis im Polizeigefängnis der Kaserne besuchte, wurde ihnen durch den Sachbearbeiter der Kantonspolizei eröffnet, dass für Dennis ein Flug am Sonntag, den 20. September 09 gebucht worden sei. Offenbar wurde am Freitag 18. 09., trotz anderslautender Auskunft gegenüber dem Anwalt, eine formlose Wegweisung gegenüber Dennis eröffnet.

Die SPAZ hat am Samstag 19.09 per Fax an das Migrationsamt und die Kantonspolizei einen Antrag auf eine beschwerdefähige Verfügung betreffend Wegweisung und auf eine unverzügliche Aussetzung des Vollzugs der Wegweisung sowie auf eine aufschiebende Wirkung des Vollzugs der Wegweisung bis zum Entscheid über die Wegweisung verlangt.

Die separate Ausschaffung von Dennis und die damit erfolgte Trennung von ihrem minderjährigen Sohn widerspricht Art. 9 der Kinderrechtskonvention und Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

In ihren 12 Jahren des nicht geregelten Aufenthalts in der Schweiz hat Dennis eindrücklich gekämpft, ein Kind grossgezogen und sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Dennis hat sich an verschiedenen solidarischen und politischen Aktivitäten beteiligt. Vor kurzem haben Dennis und Juan Jacobo im Lauf gegen Rassismus am 13. September teilgenommen, wo sie neben der Stadtpräsidentin Corine Mauch, der SP-Stadtratskandidatin Claudia Nielsen und dem CVP-Stadtrat Gerold Lauber, liefen.
Ein paar Tage später, nehmen die unter einer SP Politikerin stehenden Sicherheitskräfte und das unter CVP Politikern stehende Migrationsamt, Dennis von ihrem Kind weg und sperren sie und das Kind ein, obwohl sie gar kein Verbrechen begangen haben.

Der Fall von Dennis und Juan Jacobo ist keine Ausnahme in der Migrations- und Asylpolitik der Schweiz – und besonders des Kantons Zürich. Der Ausschaffungsknast in Kloten und die Kaserne in Zürich sind von unschuldigen Menschen zum Bersten voll.

Mit ihrer Migrations- und Asylpolitik verletzt die Schweiz ständig die Menschenrechte, die sie in der ganzen Welt verteidigen will. Mit ihrer Politik und ihren Sicherheitskräften bedrängt die Schweiz viele Menschen mit Terror, versetzt sie in Angst und beraubt sie jeder Hoffnung auf ein würdiges Leben.

ES REICHT! Wir wollen keine Ungerechtigkeit mehr! ES REICHT! Fertig mit dem staatlichen Terror! ES REICHT! Kein Ausschaffungsknast mehr! Freiheit für Dennis und Juan Jacobo. Freiheit für alle illegalisierten MigrantInnen!

KEIN MENSCH IST ILLEGAL, HIER UND JETZT UND ÜBERALL
BLEIBERECHT FÜR ALLE, AB SOFORT UND AUF DAUER

30’000 und mehr in Bern!

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Die eindrückliche und farbenprächtige Demo stand unter dem Motto „Arbeit, Lohn und Rente sichern“. Unverzüglich soll die Politik nun Massnahmen zur Sicherung der Arbeit verabschieden: ein umfassendes Konjunkturprogramm und wirksame Massnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit schnüren, den unsinnigen Sparkurs beenden, die Kurzarbeit auf 24 Monate verlängern. Mit Nachdruck verlangt wurde auch die Sicherung der Kaufkraft: durch Lohnerhöhungen von 80 bis 120 Franken im nächsten Jahr, durch Erhöhung und längeren Bezug der Arbeitslosen-Taggelder während der Krise, durch sofortige Rückerstattung der CO2-Abgabe und den vollen Ausgleich der massiv steigenden Krankenkassenprämien für tiefe und mittlere Einkommen. Entschieden sagten die Demonstrierenden zum dritten jeglichem Abbau bei AHV und Zweiter Säule den Kampf an.

Nach der heutigen Demo ist klar: Die Menschen in diesem Land wollen eine andere Politik als Bundesrat und Parlamentsmehrheit. Sie haben genug von einer Politik, wie sie der Nationalrat anfangs der Woche gezeigt hat, als er das ohnehin bereits lächerlich magere Programm einer konjunkturellen Stützung zum nackten Huhn gerupft hat – angesichts der täglichen Schreckmeldungen von Entlassungen ein blanker Hohn. Die Menschen haben es satt, eine Krise, die sie nicht verursacht haben, doppelt zu bezahlen: durch Verlust des Arbeitsplatzes und Abbau der sozialen Sicherheit. Sie haben es satt, dass die Politik jedes Mal spurt, wenn die Manager pfeifen. Sie haben genug von den Anmassungen der Chefboni-Bezüger, die nach einem tiefen Taucher sich wieder in altgewohnter Arroganz bemerkbar machen. Die Gewerkschaften werden, nach dieser eindrücklichen Demonstration gestärkt, mit den Menschen zusammen für die Sicherung von Arbeit, Lohn und Renten und gegen Profit und Gier kämpfen, an den Arbeitsplätzen und auf der politischen Bühne.

Protest des Verkaufspersonals in Zürich

Es brodelt im Detailhandel. Immer längere Betriebszeiten ohne zusätzliches Personal und fehlende Schutzbestimmungen für die Angestellten führen zu unhaltbaren Zuständen. 300 verärgerte VerkäuferInnen von der Zürcher Bahnhofstrasse forderten am Donnerstag, 17. September an einer Protestkundgebung faire Arbeitsbedingungen im Detailhandel.

Das Motto des protestierenden Verkaufspersonals liess keine Zweifel offen: „Nein zu immer längeren Ladenöffnungszeiten – Nein zu immer schlechteren Arbeitsbedingungen!“. Die 300 Verkäuferinnen und Verkäufer unterzeichneten an der Kundgebung einen offenen Brief an die City Vereinigung Zürich. Der Dachverband der Arbeitgeber müsse endlich seine Verantwortung wahrnehmen und zu fairen Arbeitsbedingungen Hand bieten. Es sei nicht haltbar, dass der Kampf um Marktanteile auf dem Buckel des Personals ausgetragen werde. Die demonstrierenden Verkäufer/-innen wollen die immer längeren Ladenöffnungszeiten und die dadurch stetig schlechter werdenden Arbeitsbedingungen nicht mehr akzeptieren und fordern die City Vereinigung zu Verhandlungen auf.

Immer länger

Im Anschluss zogen die Demonstrierenden zu den umliegenden fünf grossen Warenhäusern und hinterliessen vor jedem dieser Geschäfte einen mannshohen Aufkleber mit der klaren Botschaft: „Samstags bis 20 Uhr? Nicht mit uns!“. Die betroffenen Manor, Jelmoli, C&A, Migros und Globus gelten zusammen mit Coop als Initianten für die jüngste Verlängerung der Ladenöffnungszeiten am Samstagabend bis 20 Uhr an der Zürcher Bahnhofstrasse.

Hintergrund des Konfliktes sind die in immer kürzeren Abständen erfolgenden Verlängerungen der Ladenöffnungszeiten. Im Kampf um Marktanteile versuchen sich die einzelnen Shoppingzentren und Einkaufsgebiete mit längeren Öffnungszeiten gegenseitig Kunden abzujagen. Die wöchentliche Betriebsdauer der Verkaufsgeschäfte wurde in den letzten Jahren bereits um bis zu 20 Prozent ausgedehnt – und dies bei tendenziell sinkenden Personalbeständen und ohne jegliche Schutzmassnahmen für die Angestellten.

Die grosse Mehrheit des Verkaufspersonals ist keinem Gesamtarbeitsvertrag unterstellt. Während es in anderen Branchen mit unregelmässigen Arbeitszeiten z.B. Schichtmodelle mit Zulagen, Unterstützung bei der Kinderbetreuung und Schutzbestimmungen für das Personal gibt, dominieren im Detailhandel oft Willkür, Tiefstlöhne und der Grundsatz „wer nicht mitzieht, der fliegt!“.

Die heutige Kundgebung zeigt: das Verkaufspersonal hat die Nase voll! Die Arbeitgeber aus dem Detailhandel sind aufgefordert, die Anliegen der Angestellten nicht mehr länger zu ignorieren und endlich Hand zu fairen Arbeitsbedingungen im Verkauf zu bieten.

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