«Wir sind die Kinder der Rebellion»
sit. «Ich bin die Kugel, die in der Revolution abgefeuert wird, ich bin das Blut, das meine Generation vergiesst», heisst es im Song «1977» von Ana Tijoux. Sie ist eine der einflussreichsten Stimmen des lateinamerikanischen Hip-Hops. Ihre Texte erzählen Geschichten von Identität, Widerstand und sozialer Gerechtigkeit.
Werkzeug für soziale Kritik
Geboren wurde Ana Tijoux am 12.Juni 1977 in Lille, Frankreich. Dorthin waren ihre Eltern vor der Militärdiktatur in Chile geflohen. Als Tochter von Exilant:innen wuchs sie mit Geschichten über Widerstand und Repression auf. 1993 ging Ana als 16-Jährige mit ihrer Familie nach Chile. In einem Land, das noch immer von den Schatten der Diktatur geprägt war, erlebte sie die soziale Ungleichheit hautnah. Die politische Spannung, die Mitte der 1990er-Jahre in Chile herrschte, war für die junge Ana prägend. In den Strassen von Santiago lernte sie den Hip-Hop als Ausdruck von Rebellion und Kreativität kennen. Sie fand in der Rapmusik eine Möglichkeit, ihre Erfahrungen zu verarbeiten und eine neue Sprache für ihre politische und kulturelle Identität zu schaffen.
Beiträge zur gesellschaftlichen Debatte
1997 gründete sie gemeinsam mit Freun-den die Hip-Hop-Gruppe Makiza, die bald zu einer der bekanntesten Chiles wurde. Mit Makiza zeigte Ana, dass Hip-Hop nicht nur Unterhaltung, sondern auch ein Werkzeug für soziale Kritik und Selbstermächtigung sein kann. Die Texte der Gruppe handelten von den Erfahrungen der Exilant:innen, der Identitätssuche und der Notwendigkeit, sich gegen Ungerechtigkeit aufzulehnen. Doch trotz des Erfolgs ging die Gruppe 2001 auseinander, und Ana begann, sich auf ihre Solokarriere zu konzentrieren.
Ihr Soloalbum «1977», veröffentlicht 2010, war ein Wendepunkt. Der Titeltrack, der von ihrer Geburt und den politischen Umständen ihres Lebens inspiriert ist, wurde zu einem internationalen Hit und brachte Ana Tijoux weltweite Anerkennung. Das Album spiegelt ihre persönliche und politische Reise wider und verbindet lateinamerikanische Klänge mit klassischen Hip-Hop-Beats. Mit ihrer unverwechselbaren Stimme und ihrer Fähigkeit, komplexe Themen wie Feminismus, soziale Ungleichheit und Widerstand in kraftvolle Texte zu verpacken, wurde sie zu einer Stimme der Unterdrückten.
Ana Tijoux hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den MTV Latin America Award und mehrere Premios Altazor. Zudem wurde sie mehrfach für den Latin Grammy nominiert, unter anderem für ihre Alben «1977» und «Vengo». Ihre Werke werden nicht nur als musikalische Meisterleistungen, sondern auch als wichtige Beiträge zur gesellschaftlichen Debatte anerkannt.
Es lebe Palästina
Bekannt ist Ana Tijoux auch für ihre Solidarität mit Palästina. In Interviews bezeichnete sie das Leid des palästinensischen Volkes als eine der grossen humanitären Tragödien unserer Zeit und rief zu globaler Solidarität auf. Ihr Song «Somos Sur» (Wir sind der Süden) ist praktisch an jeder Solidarität-Demo für Palästina zu hören – weltweit. Veröffentlicht auf ihrem Album «Vengo» (2014), ist er eine kraftvolle Hymne des Widerstands und der Solidarität mit unterdrückten Völkern, darunter insbesondere Palästina: «Wir sind der Süden, der Wind, der kommt, aus der Erde, der Flüsse, aus der Tiefe, die singt. Wir sind die Kinder der Rebellion, wir tragen den Samen der Revolution. Wir stehen auf, um zu kämpfen, gegen Kolonialismus, der uns zu Sklaven machte. Wir sind die Stimme, die sich erhebt.» Der Song entstand in Zusammenarbeit mit der palästinensischen Rapperin Shadia Mansour. In ihrem arabischen Teil heisst es: «Es lebe der Kampf der Völker ohne Land, es lebe Palästina, verdammt!»
Die Musik von Ana Tijoux erinnert daran, dass Widerstand vielen Formen hat, ja, haben muss.
Sämtliche Infos zum Konzert: unite.000.pe.