Nein zum «Entlastungspaket 27»
sit. Während Steuergeschenke für Unternehmen die Staatskassen leeren, hat der Bundesrat einen Frontalangriff auf den Service public und die sozialen Rechte der Bevölkerung lanciert und verschleiert dabei die wahren Gründe. Die politische Linke steht vor einem schwierigen Abwehrkampf.
Die Folgen von Steuergeschenken an die Unternehmen sind sogenannte «Sparpakete» auf Kosten der breiten Bevölkerung. Das ist wahrlich keine bahnbrechende Neuigkeit, trotzdem von höchster Aktualität. «Das sogenannte ‹Entlastungspaket 27› ist ein Frontalangriff auf den Service public und die Rechte der Bevölkerung», schreibt die Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS) in ihrer Stellungnahme von Mitte April. Und sie hält unmissverständlich fest: «Wir fordern den Bundesrat auf, auf diese Massnahmen zu verzichten, die die Bevölkerung verarmen lassen.» Doch der Reihe nach.
Weniger Schulstoff, mehr Feinstaub
Am 5.Mai endet die Frist der Vernehmlassung für das sogenannte «Entlastungspaket 27» (EP27) – ein wunderbar verschleiernder und schönfärberischer Name. Das vom Bundesrat vorgelegte Paket hat zum Ziel, in den Jahren 2027 und 2028 total 6,3 Milliarden Franken «einzusparen». 59 Massnahmen werden vorgeschlagen. Einige sind so irreführend wie der Name des Pakets, zum Beispiel: «Erhöhung des Kostendeckungsgrads im regionalen Personenverkehr» oder «Stärkung der Nutzerfinanzierung der kantonalen Hochschulen». Übersetzt: Erhöhung der Billettpreise im öffentlichen Verkehr und der Studiengebühren.
Andere Massnahmen werden direkter benannt, zum Beispiel: «Verzicht auf Förderung in den Bereichen Bildung und Umwelt» (weniger Schulstoff, dafür mehr Feinstaub zum Atmen), «Streichung der Ausbildungsbeiträge für die Opferhilfe» (Schwächlinge, die selbst schuld sind), «Kürzung der indirekten Presseförderung» (einseitige Meinungsbildung reicht völlig), oder «Abbau der Subventionen für ausserschulische Kinder- und Jugendförderung» (natürliche Selektion beginnt im Kindergarten).
Massiver Angriff auf die Hochschulen
Nehmen wir als Anschauungsbeispiel den Hochschulbereich. Laut der Gewerkschaft VPOD sind Universitäten, ETHs und Fachhochschulen besonders hart betroffen. Bereits im vergangenen Herbst haben die Räte in diesem Bereich die finanzielle Unterstützung eingeschränkt. Jetzt drohen weitere Massnahmen. Auf dem Rücken der Studierenden sollen jährlich 200 Millionen Franken «eingespart» werden. Dies, indem die Studiengebühren für «inländische» Studierende verdoppelt und für «ausländische» Studierende vervierfacht(!) werden sollen. Diese fremdenfeindliche Massnahme schränkt den Zugang zu höherer Bildung weiter ein und fördert so eine Elitenbildung im illustren kleinen Kreis der Wohlhabenden.
Der Angriff im Hochschulbereich ist derart massiv, dass sogar der ETH-Rat, der Schweizerische Nationalfonds sowie die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung Innosuisse Anfang Februar öffentlich gegen die vorgeschlagenen Massnahmen Stellung bezogen. Sie befürchten einen Verlust der Wettbewerbsfähigkeit.
Nur beim Militär wird nicht gespart
Doch,warum überhaupt das EP27? Der Bund erwartet für die Jahre 2027 und 2028 ein strukturelles Defizit von zwei bis drei Milliarden Franken. «Ohne Gegenmassnahmen können die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Schuldenbremse nicht mehr eingehalten werden», informiert das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) am 16.April auf seiner Website. Die Verfassung dient hier aber mehr als Schutzschild. Denn die Frage lautet: Was sind die Gründe für das erwartete Defizit von bis zu drei Milliarden Franken? So muss auch das EFD zugeben: «Die Umsetzung der Massnahmen ist nicht zuletzt Voraussetzung für ein beschleunigtes Armeewachstum und für die Finanzierung des Bundesbeitrages an die AHV.»
Dass die Schweiz die Armeeausgaben massiv erhöht hat, ist bekannt. Jetzt wissen wir auch, dass die Finanzierung der Mehrausgaben der Kriegsmaschinerie über höhere Studiengebühren und die Streichung von Geldern bei der Kinder- und Jugendförderung erfolgt – wie erbärmlich.
Die Folgen des Kuhhandels
Der Hinweis auf den Bundesbeitrag an die AHV führt uns direkt zu
einem der Hauptgründe, die zum EP27 führten: die Steuergeschenke an die Unternehmen. Blicken wir kurz zurück: Am 19.Mai 2019 nahm das Schweizer Stimmvolk die sogenannte «Steuervorlage 17» an der Urne deutlich an. Die SV17 war das Ergebnis eines der grössten «Kuhhandel» der eidgenössischen Geschichte: Für jeden geschenkten Steuerfranken an die Unternehmen sollte ein Franken in die AHV-Kasse fliessen. Diesem Kompromiss stimmten auch die SP und weite Teile der Gewerkschaften zu. Die Rede war von 2,1 Milliarden Franken. Die Umsetzung der SV17 lässt sich am Beispiel des Kantons Zürich gut nachvollziehen: Am 19.Mai wird darüber abgestimmt, ob die Gewinnsteuer für Unternehmen von sieben auf sechs Prozent gesenkt werden soll. Zu den Befürworter:innen der SV17 gehörte auch der Bundesrat. Sie alle sprachen davon, mit der SV17 auch die AHV längerfristig zu sichern. Haha – keine sechs Jahre nach der Abstimmung legt die Landesregierung ein massives Sparprogramm auf Kosten der breiten Bevölkerung vor. Und nennt dafür als einen der beiden Hauptgründe die «Finanzierung des Bundesbeitrages an die AHV». Ist damit nicht alles gesagt?
Der Nationalrat wird in der Wintersession das EP27 behandeln. 36 der 59 vorgeschlagenen Massnahmen unterliegen dem obligatorischen Referendum und somit einem Volksentscheid. Gegen zahlreiche weitere wird das Referendum ergriffen werden. Kurz: Wir stehen vor einem gigantischen Abwehrkampf.