Freiheit und Sonnenschein für die Gefangenen

Berlin 24.März 2024: Menschenjagd auf Ex-RAF-Mitglieder.

Mara Benario. Die Verfolgung linker Organisationen und Bewegungen hat in der BRD eine unrühmliche Tradition. Im März soll im norddeutschen Celle erneut eine Revolutionärin für ihr politisches Engagement abgeurteilt werden.

Vor gut einem Jahr, am 26.Februar 2024, wurde Daniela Klette in Berlin-Kreuzberg verhaftet. Die Staatsanwaltschaft wirft der 66-Jährigen neben Enteignungsaktionen auch die Mitgliedschaft in der Stadtguerilla «Rote Armee Fraktion» RAF vor. Im März steht sie deswegen in Celle vor Gericht. Eine Verurteilung ist ihr sicher. Ebenso sicher ist, dass das Gerichtsverfahren alles andere als fair sein wird.

Perspektive Befreiung
Die RAF existiert seit über einem Vierteljahrhundert nicht mehr, auch ist die Erfahrung der Stadtguerilla zumindest in Deutschland längst Geschichte. Doch das kümmert die Staatsanwaltschaft wenig. Sie ist auf Rache aus. Sie will sich an jenen rächen, die es gewagt haben, die bürgerliche Herrschaft nicht nur verbal zu kritisieren, sondern handfest infrage zu stellen. Auf der Anklagebank sitzt damit nicht nur eine einzelne Revolutionärin, sondern mit ihr ebenso die kollektive Perspektive des politischen Aufbruchs, aus dem der bewaffnete Kampf Ende der 1960er-Jahre entstanden ist: die Perspektive der gesellschaftlichen Befreiung.
Daniela wurde nach ihrer Verhaftung im Februar 2024 einem unverhältnismässig harten Haftregime unterworfen. Das erinnert an die Bedingungen, denen die Gefangenen aus der Guerilla und dem antiimperialistischen Widerstand unterworfen waren: Isolation, eine 24-stündige Videoüberwachung der Zelle, Sichtblenden am Fenster, scharfe Zensur der Post, kein Schreibzeug, Schikanen ohne Ende. Erst auf öffentlichen und juristischen Druck hin wurden Danielas Haftbedingungen etwas gelockert.

Menschenjagd
Nach ihr wurde seit Jahren intensiv gefahndet. Und nicht nur nach ihr, sondern ebenso nach zwei weiteren Genossen, den 56-jährigen Burkhard Garweg und den 70-jährigen Ernst-Volker Staub. Die beiden konnten sich einer Verhaftung bislang erfolgreich entziehen. Keine Selbstverständlichkeit, traten doch die Staatsschützer:innen nach der Verhaftung von Daniela eine bemerkenswerte Repressionswelle los. Hundertschaften bis an die Zähne bewaffneter Polizist:innen durchsuchten Häuser und Gelände, Polizeipanzer fuhren durch Quartiere, Aufrufe zur Denunziation, mehrere missbräuchliche Verhaftungen sind dokumentiert. Die grossangelegte, von den Medien tatkräftig unterstützte Menschenhatz führte zum Glück ins Leere – von Burkhard und Ernst-Volker fehlt jede Spur.
Gemäss Medienberichten kam es zur Verhaftung von Daniela, weil Journalist:innen sie mittels Gesichtserkennungssoftware im Internet gesucht, gefunden und danach bei der Polizei denunziert hatten. Burkhard schrieb in einem Brief vom Dezember 2024: «Journalist:innen, die sich bereitwillig als Hilfspolizist:innen angedient haben und dazu beitrugen, den zunehmend autoritär agierenden Staat die staatliche und gesellschaftliche Gemeinschaft von Fahnder:innen und Denunziant:innen zu ergänzen, hatten mit KI-Technologie Bilder von Daniela im Internet aufgespürt. Das historische Verdienst dieser podcastjournalistischen Denunziant:innen wird es gewesen sein, im richtigen Moment den Beweis für die angebliche Notwendigkeit biometrischer Kontrolle durch Gesichtserkennung auf dem Weg zum totalitären Kontrollstaat erbracht zu haben.»

Unsere Waffe: Solidarität
Verfolgt werden nicht nur ehemalige Guerillas. Ins Visier der Staatsschützer:innen geraten alle, die sich mit Daniela solidarisieren und sich für menschenwürdige Haftbedingungen einsetzen. Ein Beispiel ist Ariane Müller, die mehrere Knastkundgebungen in Solidarität mit Daniela angemeldet hatte und deswegen von ihrer Arbeit freigestellt wurde. Sie ist eine von über zwanzig Personen, die von der Staatsanwaltschaft als Zeug:innen vorgeladen werden – allesamt Linke mit einer bewegten Geschichte, viele sind über 70 Jahre alt. Auch jene, die Daniela besuchen wollen, landen auf dieser Liste. Und wer nicht mit einem Staatsanwalt plaudern will, dem und der drohen Geldbussen und Beugehaft.
Eine Solidaritätsgruppe schrieb im November 2024: «Zeugenladungen sind Repressionsmittel, grundsätzlich um Aussagen zu erzwingen, um zum Denunzieren aufzufordern, Druck durch Bussgeld oder Beugehaft zu machen, also gegen ein solidarisches Verhalten. Es kann nur eins dagegen geben – Solidarität untereinander und mit den Gefangenen. Auch in Zeiten, in denen nur noch wenige politisch organisiert sind, in denen das, worum es geht, die Aktivitäten, weit zurückliegen, ist es möglich, eine politische Grundhaltung zu haben oder sich wieder anzueignen.»
Unterdessen haben zahlreiche Personen ein Besuchsverbot sowie hohe Geldbussen kassiert, weil sie sich geweigert haben, den Behörden als Denunziant:innen zur Verfügung zu stehen. Die Absicht der Staatsanwaltschaft ist klar: Zusätzlich zur Isolation durch die Haft soll Daniela so von der Solidarität draussen abgeschnitten werden. Diese Rechnung geht indes nicht auf. Denn es sind weitere Demonstrationen, Kundgebungen, Veranstaltungen sowie internationale Aktionstage geplant. Die Solidarität mit Daniela, Burkhard und Ernst-Volker nimmt praktische Gestalt an.

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