Australiens kommunistische Bewegung entstand vor 90 Jahren

Diese beeinflussten das Denken auch der meisten Proletarier, deren Klassenbewusstsein schwach ausgeprägt war, so dass reformistische Ideen die Oberhand gewannen. Selbst auf dem Höhepunkt ihres Einflusses, als sie etwa 20 000 Mitglieder zählte, gelang es der CPA nicht, auch nur einen einzigen Sitz im Bundesparlament zu erringen.

Der Klassenfeind liess keine Gelegenheit aus, die Kommunisten zu terrorisieren und sie gleichzeitig zu bezichtigen, selbst Terroristen zu sein. Dubiose Elemente, die mit den Faschisten vor der Roten Armee geflohen oder aus sozialistischen Ländern emigriert waren, überfielen Meetings und Demonstrationszüge der CPA. Zu solchen antikommunistischen Stosstrupps gehörten dann auch frühere Anhänger des südvietnamesischen Marionettenregimes.

Umfassende geheimpolizeiliche Überwachung war die Regel. Hinzu kam die Denunziation am Arbeitsplatz, um Unternehmer, die Kommunisten beschäftigten, zu deren Entlassung zu drängen. In die Reihen der Partei wurden Spitzel und Provokateure eingeschleust. Während der 30er Jahre sah sich die CPA zur Aufstellung einer Arbeiter- Verteidigungsliga als Selbstschutz gegen ständig drohende faschistische Attacken gezwungen.

Formell wurde die Partei am 30. Oktober 1920 in Sydney gegründet. Sie war zunächst ein Zusammenschluss mit der Oktoberrevolution sympathisierender linker Gruppen. Diese traten gegen die Einbeziehung australischer Verbände in die weisse Intervention von 14 Staaten auf. Australiens damalige Labor-Regierung bekämpfte Sowjetrussland mit Vehemenz, während sich revolutionäre Strömungen der Arbeiterbewegung mit den Bolschewiki solidarisierten. Die ideologische Situation in der CPA war während dieser frühen Phase trotz des Bekenntnisses vieler zu Lenin eher verworren.

Erst nach dem Eingreifen der Kommunistischen Internationale, die einer neuen Führung den Weg bahnte, gelang es, ultralinke und anarchistische Einflüsse zurückzudrängen. 1929 wurde Australien von der Weltwirtschaftskrise hart getroffen. Die Arbeitslosigkeit explodierte. Damals gewannen die Kommunisten rasch an Einfluss. In Fabriken, Bergwerken und anderswo entstanden Zellen der CPA. Der Kommunist Jim Healy kämpfte erfolgreich für die Organisierung der Docker und Schauerleute. Kommunisten standen fast überall an der Spitze derer, welche neue Gewerkschaften ins Leben riefen: Mit ihrer Hilfe formierten sich die Unions der Seeleute, Lehrer, Bergarbeiter, Metaller, Kellnerinnen, Strassenbahner, Postler, Bauarbeiter, Krankenschwestern und etliche andere.

Sogar die Schauspieler organisierten sich. Viele CPA-Mitglieder wurden in die Leitungen der Verbände gewählt. Als Hitler und Mussolini 1936 zugunsten Francos in den spanischen Bürgerkrieg eingriffen, standen auch Australier in den Reihen der Internationalen Brigaden für die bedrohte Republik ein. Nach Hitlers Überfall auf Polen verschärfte sich in Australien der antikommunistische Kurs. Generalstaatsanwalt Robert Menzies verbot am 15. Juni 1940 die CPA. Eine Periode der faktischen Illegalität begann. Sie währte so lange, bis die Siege der Roten Armee selbst hartnäckige Gegner des Kommunismus zu Meinungskorrekturen zwangen. Gegen Kriegsende war das Prestige der CPA auf Grund ihres anerkannten Beitrags zum Kampf gegen die Achsenmächte so gewachsen, dass kommunistische Gewerkschaftsführer wie Healy sogar zu Kabinettssitzungen eingeladen wurden. Damals gab es Zellen der Partei mit bis zu 200 Mitgliedern. Ihr zunehmender Einfluss erzeugte bei manchen Genossen das Gefühl, die Revolution sei «beinahe um die Ecke».

Solchen Vorstellungen bereitete der durch Churchill in seiner berüchtigten Fulton-Rede eingeleitete Kalte Krieg ein rasches Ende. Die nun einsetzende Furcht vor einem atomaren Schlagabtausch beider Lager brachte viele zum Verstummen. In dieser Phase bildete der Kampf für die Verhinderung eines Nuklearkrieges den Hauptinhalt der Tätigkeit der CPA. Nach dem Sturz der Labor-Regierung kam der berüchtigte Robert Menzies ans Ruder. Er blieb mehr als zwei Jahrzehnte Premier, wobei ihm der ökonomische Aufschwung jener Zeit sein Spiel erleichterte. In den 50er Jahren geriet die CPA innerparteilich in Schwierigkeiten. Die nun an ihrer Spitze stehenden Aarons-Brüder vertraten den Standpunkt, die Arbeiterklasse könne nicht länger die führende Kraft im sozialen Befreiungskampf sein. Kurzerhand liquidierten sie die CPA-Strukturen in der Industrie – das Rückgrat der Partei. In jener Zeit gelangten auch führende Trotzkisten in deren Spitzengremien. Die Mehrheit der Mitglieder war dem ideologisch und theoretisch nicht gewachsen. Man sprach von einer «Bewegung ohne Bücher».
Zusätzliche Belastungen brachte der XX. Parteitag der KPdSU. Ein Teil der CPA mit Ted Hill an der Spitze trennte sich von der Partei und bildete eine pro-chinesische Organisation. Viele Enttäuschte erteilten dem Marxismus-Leninismus eine Absage und gingen auf sozialdemokratische Positionen über. Während die CPA geschwächt weiterbestand, trugen die 68er Ereignisse in der CSSR zusätzlichen Zündstoff in ihre Reihen. Die Aarons-Brüder verurteilten den Einmarsch sowjetischer Truppen. Dadurch kam es zu einer neuerlichen Spaltung der Partei. Der USA-Aggressionskrieg gegen Vietnam stiess in Australien auf heftigen Widerstand. Doch die CPA war ausserstande, diese Chance zur Erlangung neuen Einflusses wirksam zu nutzen. Während ein Teil der Genossen aktiv an der Friedensfront kämpfte, war die Masse der Mitglieder durch interne Auseinandersetzungen gebunden. Die rechtsopportunistischen Aarons-Brüder suchten jede Opposition gegenüber ihrer Linie zu ersticken – eine Situation, die von den an Einfluss gewinnenden Trotzkisten genutzt wurde.

Anfang der 70er Jahre stand die Forderung, eine neue marxistisch-leninistische Partei zu formieren, zwingend auf der Tagesordnung. Unter dem historischen Namen von 1920 gründete sich die Sozialistische Partei Australiens. Ihr Generalsekretär war eine gute Wahl: Mit dem theoretisch gebildeten, politisch erfahrenen, menschlich integren, in Strategie und Taktik profilgebenden Peter Symon gelang der SPA die Konsolidierung.

Von Beginn an durchschaute er das verräterische Spiel Gorbatschows und gab seiner Partei eine entsprechende Orientierung. Unterdessen liquidierte sich die von Opportunisten geführte CPA Schritt für Schritt selbst. Schliesslich löste sie sich auf.

1995, fünf Jahre später, beschloss ein Parteitag der SPA einstimmig deren Umbenennung in KP Australiens. Unter ihrem alten Namen fand sie breitere Akzeptanz. 2009 konnte Peter Symon feststellen, daß die Kommunisten wieder ein Teil der politischen Landschaft Australiens sind. Nach dem Tod ihres prestigereichen Generalsekretärs übernahmen erfahrene Genossen mit Dr. Hannah Middleton – sie promovierte übrigens in der DDR, das Steuer der neuen CPA. Ihre Wochenzeitung «The Guardian» kündet vom Kampfesmut und der mit politischem Realismus gepaarten Zukunftsgewissheit der australischen Kommunisten.

Quelle: Rotfuchs

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