USA: 334 Todesfälle beim Einsatz von Tasern
Die Behauptung der Industrie, Taser seien keine tödlichen Waffen, hält einer gründlichen Überprüfung nicht stand. Amnesty International veröffentlicht heute einen neuen Bericht über die Gefährlichkeit der Elektroschockwaffen. Zwischen 2001 und August 2008 starben in den USA 334 Menschen nach einem Taser-Einsatz. Die Menschenrechtsorganisation fordert die Behörden auf, die Verwendung von Tasern stark einzuschränken oder auszusetzen.
«Taser-Pistolen sind keine ‹nicht-tödliche Waffen› wie oft behauptet wird», erklärt Denise Graf, Polizeiexpertin und Juristin der Schweizer Sektion von Amnesty International. Graf nahm vergangene Woche in Lausanne an einem Podiumsgespräch mit dem Geschäftsführer von Taser France teil. «Elektroschockwaffen können töten und dürfen nur als letztes Mittel zum Einsatz kommen. Das Problem mit Tasern besteht darin, dass sie von Natur aus zu Missbräuchen verleiten. Die Waffe ist handlich, leicht zu bedienen und fügt starker Schmerz zu, ohne grosse Spuren zu hinterlassen», sagte Graf.
Die Studie vom Amnesty International stützt sich auf 98 Autopsien und kommt zum Schluss, dass 90 Prozent der nach einem Taser-Einsatz Verstorbenen nicht bewaffnet waren und von ihnen keine unmittelbare Bedrohung ausging. Die Personen waren oft wiederholten und anhaltenden Stromstössen ausgesetzt – deutlich länger als die «normalen» Elektroschocks von 5 Sekunden. In machen Fällen wurde ein weiterer Stromstoss verabreicht, weil die Zielperson nach dem ersten Einsatz paralysiert war und nicht auf Anweisungen reagiert hatte.
In mindestens sechs Todesfällen wurde ein Taser gegen Menschen mit neurologischen Problemen eingesetzt. Beispielsweise gegen einen Arzt, der nach einem Autounfall einen epileptischen Anfall erlitt. Er starb nach mehreren Stromstössen, nachdem er, verwirrt und benommen, den Befehlen der Polizisten nicht nachkam.
Die Polizei setzte Taser-Pistolen auch gegen Kinder, schwangere Frauen und Menschen mit Altersdemenz ein. In Florida erhielt im März 2008 ein Mädchen mit Lernstörungen einen Stromstoss, nachdem es einen Polizisten ins Gesicht geschlagen hatte. Der Polizist war in die Schule gerufen worden, weil das Mädchen verstört war, Stühle und Tische herumwarf und das Personal anspukte.
In den meisten der untersuchten 334 Todesfälle spielten weitere Faktoren wie Drogen eine Rolle. Trotzdem kamen GerichtsmedizinerInnen und Justizbehörden zum Schluss, dass die Stromstösse von Tasern in mindestens 50 Fällen direkt oder indirekt zum Tod führten. «Amnesty International ist sehr besorgt über die Tatsache, dass man den breiten Einsatz von Elektroschockwaffen bewilligt hatte, bevor die möglichen Folgewirkungen rigoros und von unabhängigen Studien geprüft wurden», erklärte Denise Graf.