Unterschreiben!

sit. Weil der Bundesrat den westlichen Staaten mit Atomwaffen und ihren Verbündeten treu und hörig ist, hat er den UN-Atomwaffenverbotsvertrag bisher nicht unterschrieben. Eine im Juli lancierte Volksinitiative will dies ändern: Das UN-Abkommen soll unterzeichnet und ratifiziert werden.

TPNW steht für Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons, auf Deutsch: Atomwaffenverbotsvertrag (AVV). Im Dezember 2016 nahm die UN-Generalversammlung eine Resolution an, den Vertrag auszuarbeiten. Die ausgearbeitete Fassung wurde am 7.Juli 2017 mit 122 Stimmen angenommen und trat am 22. Januar 2021 in Kraft.

Ein Armutszeugnis
Der UN-Vertrag verbietet unter anderem Entwicklung, Tests, Produktion, Transfer, Besitz, Einsatz sowie Androhung des Einsatzes von Nuklearwaffen. Das Abkommen verbietet auch die Unterstützung sowie die Ermutigung oder Veranlassung Dritter zur Unterstützung von Tätigkeiten, welche den Vertragsstaaten verboten sind. Weiter dürfen Vertragsstaaten nicht erlauben, dass Nuklearwaffen auf ihrem Territorium stationiert werden. Ferner enthält das Abkommen Verpflichtungen zu Opferhilfe, Umweltsanierung infolge von Nukleartests sowie zum Einsatz von Nuklearwaffen und zur internationalen Zusammenarbeit in diesen Bereichen. Ziel des Vertrags ist eine Welt frei von Atomwaffen. Der TPNW markiert somit einen Paradigmenwechsel hin zu einem Verbot von Atomwaffen und ist ein Schritt hin zu einer möglichen Zukunft ohne Atomwaffen.
Die Schweiz hat den Vertrag nicht unterschrieben. Dies soll sich aber ändern. Im Juli hat ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis die eidgenössische Volksinitiative «Für den Beitritt der Schweiz zum Vertrag der Vereinten Nationen über das Verbot von Atomwaffen (Atomwaffenverbots-Initiative)» lanciert. Sie fordert den «Beitritt» und die «Ratifizierung» des Atomwaffenvertrags durch die Schweiz. Dass es eine Initiative braucht, um die Landesregierung zu zwingen, dieses UN-Abkommen zu unterzeichnen, ist ein Armutszeugnis für das Land, ja, eine Schande.
Dem ein Ende zu setzen, liegt nun in den Händen des Schweizer Volks. Die Chancen dazu sind vorhanden. Davon zeugt auch die Petition der Schweizerischen Friedensbewegung (SFB), die bereits im Februar dieses Jahrs dem Bundesrat überreicht wurde. Sie forderte genau das gleiche wie die Initiative und wurde von knapp 5000 Menschen unterschrieben.

Das Nein der Schweiz
Doch, warum unterzeichnet die Schweiz den Vertrag nicht? Was hindert sie daran? Die Antwort besteht aus vier Buchstaben – und dies nicht erst seit gestern. Bereits im Februar 2017 ersuchte der damalige SP-Nationalrat (heute Ständerat) aus Genf, Carlo Sommaruga den Bundesrat in einer Motion auf, «so schnell wie möglich den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen und diesen umgehend dem Parlament zur Genehmigung für die Ratifikation vorzulegen». In seiner Antwort laberte die Bundesregierung zuerst vor, «das Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt» zu teilen. Und hielt auch fest: «Das Nuklearwaffenverbot stellt einen Schritt in diese Richtung dar.» Einen Schritt, den die Schweiz aber nicht tun wollte. So schrieb der Bundesrat: «Die Erreichung des Ziels dürfte aber dadurch erschwert werden, dass die den Verhandlungen ferngebliebenen kernwaffenbesitzenden Staaten sowie deren Verbündete dem Vertrag in absehbarer Zukunft nicht beitreten werden.»
Dann geschah fünf Jahre lang praktisch nichts. Bis FDP-Nationalrat Josef Dittli im Juni 2022 in einem Postulat die Regierung aufforderte, über «die aussen- und sicherheitspolitischen Folgen eines Beitritts der Schweiz zum Kernwaffenverbotsvertrag (TPNW) Bericht zu erstatten.» Insbesondere solle «auch auf die Veränderung der Ausgangslage durch den Krieg in der Ukraine eingegangen werden». Der Bundesrat stimmte dem Postulat zu und gab den Bericht in Auftrag. Mehr noch, in seiner Antwort auf das Postulat lässt er so quasi die Katze aus dem Sack. Es bedürfe «einer ganzheitlichen und zukunftsorientierten Betrachtung vor einer möglichen Ratifizierung des Vertrags», schreibt die Landesregierung. So müssten die Auswirkungen des TPNW auf «die künftige Sicherheitsarchitektur Europas und der Schweiz ganzheitlich in Betracht gezogen werden». Und, der wohl springende und wichtigste Punkt für die Regierung: «Zudem müssen die Folgen eines Beitritts der Schweiz auf eine mögliche künftig engere Zusammenarbeit mit der Nato abgeklärt werden.»

Ein Ja, das gleichzeitig ein Nein ist
Wie zu erwarten war, führte der Bericht nicht zu einem Stimmungswandel innerhalb der Regierung. Im Gegenteil: Ausgehend vom Bericht sei der Bundesrat zum Schluss gekommen, dass «es derzeit keinen Bedarf für einen Richtungswechsel gibt, und er dem TPNW im Moment nicht beitreten wird», informierte die Landesregierung am 27.März. Sie sei überzeugt, dass «ein Beitritt im gegenwärtigen internationalen Umfeld, in welchem mit einem neuen Krieg in Europa sicherheitspolitische Aspekte wieder in den Vordergrund gerückt sind, nicht im Interesse der Schweiz liegt». Auch sei die Wirkung des TPNW gering. Grund dafür sei, dass «die Kernwaffenbesitzer und die mit ihnen verbündeten Staaten ihm bisher nicht beigetreten sind», informierte der Bundesrat. Und diesen «Kernwaffenbesitzern» und «verbündeten Staaten» will die Schweizer Regierung hörig bleiben.
Die Schlussfolgerung ist einfach: Der Bundesrat will den Atomwaffenverbotsvertrag nicht unterschreiben, um sich nicht selbst einen Stein auf dem Weg zur Nato zu legen. So ist ein Ja zur Initiative gleichzeitig auch ein Nein zum Beitritt der Schweiz ins westliche Kriegsbündnis.

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