Kahlschlag bei der Post

sit. 170 Poststellen will die Post schliessen. Diese drastische Massnahme ist Teil eines umfassenden Umstrukturierungsplans, der von der Gewerkschaft Syndicom stark kritisiert wird. Nötig werden wohl weitreichende Kampfmassnahmen sein.

«Die Post bestätigt heute ihre Pläne, in der Schweiz jede fünfte Poststelle schliessen zu wollen. Das ist ein rabenschwarzer Tag für den Service public und gefährdet den Zusammenhalt des Landes», schreibt die Gewerkschaft Syndicom in ihrer Medienmitteilung vom Dienstag, 29.Oktober. Wie Ende Mai 2024 angekündigt, geht es um rund 170 Standorte in der ganzen Schweiz. Mit den Plänen der Post würden zudem mehrere hundert hochwertige Arbeitsplätze in der ganzen Schweiz unwiederbringlich verloren gehen. Syndicom verlangt von der Post «Garantien dafür, dass sie keine einzige Kündigung ausspricht». Auch zeigt ein Blick auf die Sparpläne der Post, dass insbesondere «die Randregionen besonders stark betroffen sind. Die Folgen? Sie würden damit ihren Zugang zu einer vollwertigen postalischen Grundversorgung verlieren.

Massiver Abbau
Die Forderungen der Gewerkschaft bringt Manuel Wyss, Sektorleiter Logistik bei Syndicom, so auf den Punkt: «Das heutige Netz mit 770 eigenbetriebenen Filialen ist weiterzuführen. Die postalische Grundversorgung und damit der Service public darf etwas kosten, denn er stärkt den Zusammenhalt der Schweiz.» Syndicom erwartet, dass die Post den Service public stärkt und nicht weiter schwächt.
Doch genau das tut die Post. Sie will weiterhin die postalische Grundversorgung an sogenannte Partnerfilialen auslagern, die sich oft in Dorfläden oder Apotheken befinden. Ende 2023 gab es 1200. «Diese Übertragung stellt einen Abbau des Service public dar, weil Postagenturen nicht dieselben Dienstleistungen für alle mit demselben hoch qualifizierten Personal anbieten können», hält die Gewerkschaft diesbezüglich zurecht fest. Und, was noch viel wichtiger ist: Mit dieser Praxis der Auslagerung wird der geltende Gesamtarbeitsvertrag (GAV) der Post umgangen und ausgehöhlt. Denn die Arbeiter:innen in Dorfladen unterstehen nicht dem GAV der Post, müssen aber die gleichen Dienstleistungen für die Partnerfirma erbringen.

Videoberatung und Selbstautomaten
Weitere Bestandteile des Kahlschlags bei der Post sind Videoberatungen und Selbstbedienungsautomaten. Bezüglich Videoberatung läuft bereits eine Testphase in acht Standorten in der Deutsch- und Westschweiz, darunter Städte wie Bern, Basel und Genf. In der Testfiliale Postparc über dem Berner Bahnhof werden Kund:innen nicht mehr am traditionellen Schalter bedient, sondern in speziellen Beratungsboxen per Videoschaltung beraten. Die Postangestellten arbeiten dabei in zwei sogenannten Contact Centern in Kriens und Fribourg und werden von dort aus zugeschaltet. Der Testlauf für dieses neue Beratungskonzept ist bis Mitte 2025 angesetzt.
Die Selbstbedienungsautomaten hingegen erinnern stark an die Selbstzahlkassen, welche die Arbeiter:innen an den Kassen in den Läden verdrängen. Eine Dienstleistung wird abgeschafft, indem die Aufgabe den Kund:innen auferlegt wird – und das Ganze wird noch als Fortschritt verkauft. Ob Videoberatung oder Selbstbedienungsautomaten – für die Gewerkschaft Syndicom ist klar: «Digitalisierungsvorhaben müssen den Menschen dienen, den Kund:innen und den Arbeitnehmenden, und nicht der Post zur reinen Kostensenkung», schreibt die Gewerkschaft in ihrer Stellungnahme. Wie wahr.

Reden alleine nützt wenig
Die Forderungen der Gewerkschaft sind klar. Es stellt sich die Frage, wie diese erreicht werden können. Sie ruft als erstes «alle politischen Akteur:innen auf, aktiv gegen diese Pläne vorzugehen und sich einzusetzen für einen vollwertigen und barrierefreien Zugang zur postalischen Grundversorgung». Syndicom fordert die Politik auf, sich aktiv für die Weiterführung des heutigen Poststellennetzes einzusetzen. Insbesondere die betroffenen Gemeinden und die Kantonsbehörden sollen sich gegen den Kahlschlag zur Wehr setzen. Ratsam ist aber auch, sich konkrete Kampfmassnahmen zu überlegen, die bis zum Streik gehen müssen. Denn die Vergangenheit zeigt, dass nur mit Reden und Aufforderungen an die Post und Politik kaum was erreicht wurde: 2016 hatte die Post noch 1323 eigene Filialen, aktuell sind es 770. Ein Abbau von 42 Prozent. Rechnet man die 170 hinzu, die bis 2028 geschlossen werden sollen, wird die Post im Zeitraum von 2012 bis 2028 rund 55 Prozent ihrer Postfilialen vernichtet haben.

Share

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.