Für mehr Lohn und höhere Renten!
sit. Weil alles teurer wird, aber die Löhne und Renten nicht steigen, bleibt für die arbeitende Bevöl-
kerung in der Schweiz immer weniger zum Leben. Deshalb ruft ein breites Bündnis zur grossen
Kaufkraft-Demo in Bern am 16. September auf.
Bekanntlich hat sich die finanzielle Lage der Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung in den letzten Jahren spürbar verschlechtert. Höhere Preise für Produkte des täglichen Bedarfs, steigende Mieten und Krankenkassenprämien haben viel Kaufkraft gekostet. Und der Blick in die Zukunft verspricht nichts Gutes: Die Krankenkassenprämien werden auf 2024 nochmals um fünf Prozent oder mehr steigen. Auch für die Mieten muss tiefer ins Portemonnaie gegriffen werden. Hinzu kommt eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.4 Prozentpunkte. Die Teuerung dürfte 2023 auf rund 2.2 Prozent zu liegen kommen. Zudem gibt es laut dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) aus «den letzten Jahren einen erheblichen Nachholbedarf», der alleine «fünf Prozent oder mehr» beträgt. Für die Gewerkschaften ist daher klar: Nötig ist für 2024 eine Lohnerhöhung im Bereich von fünf Prozent.
Wenige haben viel, viele haben wenig
820,95 Milliarden Schweizer Franken. So hoch war das Gesamtvermögen der 300 reichsten Menschen in der Schweiz im Jahr 2022. Ihr Vermögen stieg innerhalb von zwei Jahren um 114 Milliarden. Seit 2010 wächst das Vermögen der 300 reichsten Personen der Schweiz ungebremst weiter. Ihr durchschnittliches Vermögen belief sich Ende 2022 auf 2,74 Milliarden Franken. Im Jahr 1989 betrug es 600 Millionen. Heisst: In den letzten 33 Jahren stieg das Vermögen der 300 Reichsten in der Eidgenossenschaft um das 4,2-fache. Hätte diese 4,2-fache Zunahme auch bei den Löhnen stattgefunden, ergäbe dies folgendes Bild: Betrug der Lohn einer Verkäuferin 1989 noch 3500 Franken im Monat, müsste der Monatslohn heute 14700 Franken betragen. Zum Vergleich: 2022 lag der sogenannten Medianlohn (die eine Hälfte verdient mehr, die andere weniger) bei 6665 Franken – und dass eine Verkäuferin zu jener Hälfte gehört, die weniger verdient, ist so klar wie das Amen in der Kirche.
In der Schweiz sind rund 5,18 Millionen Personen erwerbstätig, etwa 60 Prozent der Gesamtbevölkerung. 16,8 Prozent, also rund 870000 Proletarier:innen, verdienen zwischen 4000 und 5000 Franken brutto im Monat. 31 Prozent (1,61 Millionen Lohnabhängige) haben einen Monatslohn von höchstens 4000 Franken. Somit haben im Land, in dem die 300 Reichsten 821 Milliarden Franken besitzen, rund 2,48 Millionen Arbeiter:innen einen Monatslohn, der nur knapp oder gar nicht zum Leben reicht. 160’000 Personen sind trotz Erwerbsarbeit arm – sie sind die sogenannten Working Poor. Und auch bekannt ist, dass Frauen besonders stark von den tiefen Löhnen und den Folgen davon betroffen sind. Einfach zur Erinnerung: Die Hälfte aller Frauen verdient weniger als 4130 Franken im Monat – brutto wohlverstanden.
Geradezu euphorische Firmen
Ganz im Gegensatz zu den Superreichen hat sich die Lage für die arbeitende Bevölkerung nun also verschlechtert: «Die Reallöhne sinken 2023 zum dritten Mal in Folge. Das gab es seit dem 2.Weltkrieg noch nie. Entsprechend sind die Löhne heute fast drei Prozent tiefer als im Jahr 2020», informiert der SGB auf seiner Website. Dies, obwohl es der Wirtschaft gut gehe, die Arbeitslosigkeit tief sei und die Arbeitgeber:innen über einen «Fachkräftemangel» klagen würden. Der SGB kommt zum Schluss: «Von der guten Konjunktur sahen die Arbeitnehmenden wenig bis nichts.» Wer dann? Profitiert haben die Unternehmen. «Viele haben aufgrund der guten Absatzsituation und der Lieferengpässe ihre Preise und ihre Margen angehoben», berichtet der SGB weiter. Die grossen Schweizer Firmen sind in ihren jüngsten Quartalsberichten teilweise geradezu euphorisch. Die ABB hat «die Marge […] erhöht» und meldet «das beste Ergebnis in einem ersten Quartal seit vielen Jahren». Auch Novartis «erzielt […] eine robuste Margenerhöhung». Und Nestlé meldet: «Durch […] Preisanpassungen konnte der Druck der seit zwei Jahren andauernden Kosteninflation ausgeglichen werden.»
Und wenig überraschend: Weitere Profiteure der letzten Jahre waren die Kader in den Firmen. «Ihre Löhne sind wesentlich stärker gestiegen als diejenigen der normalen Arbeitnehmenden. Sie waren die Einzigen, die zwischen 2020 und 2022 auch real mehr Lohn hatten», hält der SGB fest.
Ein Monatslohn weniger
Auch Rita Maiorano, langjährige Aktivistin der PdA Zürich und Kandidatin der Partei für den Ständerat, sagt auf Anfrage des vorwärts: «Alles steigt, nur die Löhne und Renten nicht. Eine Erhöhung der Löhne, so wie sie die Gewerkschaften fordern, ist daher wichtig, um zu verhindern, dass noch mehr Menschen von Armut betroffen werden.» Sie unterstreicht, was auch der SGB vorrechnet: «Wenn es keine Lohnerhöhung gibt, wird ein Paar mit zwei Kindern im kommenden Jahr 3000 Franken weniger zur Verfügung haben. Für viele arbeitende Frauen schon fast ein Monatslohn weniger.»
Doch der wichtige Kampf für höhere Löhne alleine «reicht auf die Dauer aber nicht aus», ist Maiorano überzeugt. «Einen radikalen Wandel braucht es unter anderem auch in der Frage der Mieten, um die Lebensqualität der arbeitenden Menschen zu verbessern. Notwendig sind staatlich kontrollierte Mieten», erklärt die PdA-Genossin. Sie fügt hinzu: «Es geht konkret darum, die Mieten der kapitalistischen Marktlogik zu entziehen. Und dies kann nur mit einer staatlichen Kontrolle erfolgen.» Für Maiorano ist dies ein Kampf, der «die politische Linke gemeinsam zu führen hat».
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