Für eine soziale Wohnungspolitik
sit. In der Stadt Bern sind die Mieten gegenüber dem Vorjahr um drei Prozent gestiegen. Die AL/PdA-Fraktion im Stadtberner Parlament reicht eine Motion ein, um den steigenden Mieten auf dem städtischen Immobilienmarkt Halt zu bieten. Gefordert wird unter anderem eine Mietzinsdeckelung.
«Der Vergleich mit dem Landesindex der Konsumentenpreise und dessen Teilindex zu den Wohnungsmieten zeigt, dass der Mietpreisanstieg in der Stadt Bern und gesamtschweizerisch seit 2004 ähnlich verläuft», informiert die Präsidialabteilung der Berner Stadtregierung in ihrer Medienmitteilung vom 7. März. Eine schönredende Kommunikationsart, um Folgendes zu sagen: Die Mietpreise für Wohnungen in der Stadt Bern steigen kontinuierlich an. Gegenüber dem 2023 sind die Mieten um ganze drei Prozent gestiegen, wie die Mietpreiserhebung 2023 beweist. Gleichzeitig sind gemäss der letzten Lohnstrukturerhebung des Bundesamts für Statistik die Reallöhne bei leicht steigenden Nominallöhnen 2022 um 1,9 Prozent gesunken. So muss auch die Stadtregierung festhalten und dabei gibt es nichts mehr schönzureden: «Weiter ist ersichtlich, dass die Entwicklung der Mietpreise deutlich über jener des gesamten Warenkorbes der Konsumentenpreise liegt.»
Konkrete Lösungsvorschläge
«Für eine soziale Wohnungspolitik –Mietzinsdeckel statt Luxussanierungen» ist der Titel der Motion, die eine Woche nach der Veröffentlichung der Statistik der Mietzinserhebung von der AL/PdA-Fraktion im Stadtrat (Parlament) eingereicht und von Matteo Micieli (PdA) und Raffael Joggi (AL) unterzeichnet worden ist. «Die Stadt Bern muss das Recht auf Wohnen anerkennen und notwendige Massnahmen umsetzen, damit Personen, die in der Stadt Bern wohnhaft und angemeldet sind, Wohnraum finden, der ihren finanziellen Möglichkeiten entspricht», fordert die Motion.
Von der massiven Erhöhung der Mietzinsen sind auch Stadtwohnungen betroffen, in denen vielfach Menschen leben, die kaum in den höheren Einkommensklassen zu finden sind. Dies zeige, so Micieli und Joggi weiter in ihrer Motion, dass es nicht reichen würde, nur «marktergänzend zu funktionieren», so wie es der Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik der Stadt Bern festhält. «Vielmehr müssen auch Lösungen gefunden werden, um den steigenden Mieten auf dem städtischen Immobilienmarkt Gegenhalt zu bieten», hält die Motion unmissverständlich fest.
Daher wird der Gemeinderat (Exekutive) beauftragt, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, um «eine verbindliche Definition von bezahlbarem Wohnraum festzulegen», einen «Mietzinsdeckel nach Sanierungen einzuführen» sowie «ein Rückkehrrecht nach Sanierungen für die Mieter:innen einzuführen.» Weiter soll in «Zeiten von Wohnungsnot für Sanierungen, Umbau oder Abbruch und Ersatzneubau eine zusätzliche Bewilligungspflicht» eingeführt und die Vermieter:innen dazu verpflichtet werden, die «Mietzinse der Vormieterschaft den Mietinteressenten zwingend anzugeben einzuführen». Diese Massnahmen seien notwendig, um die Ziele auszubauen, welche im «Reglements über Boden- und Wohnbaupolitik» sowie in der Wohnstrategie der Stadt Bern festgehalten werden.
100 Milliarden zu viel Miete bezahlt
In der Schweiz übersteigen die realen Mietkosten massiv die zu erwartenden Kosten für die Mieten. Genauer: Wie eine Studie vom Büro BASS zeigt, sind die Mieten gemäss Mietpreisindex 36,2 Prozent höher angestiegen, als das aufgrund der «relevanten Kostenfaktoren gemäss geltendem Mietrecht» zu erwarten gewesen wäre. Allein im Jahr 2021 haben so Mieter:innen schweizweit 10,4 Milliarden Franken zu viel Miete bezahlt. Seit Messbeginn im Jahr 2006 bis zur Veröffentlichung der Studie 2021 haben so Mieter*innen in der Schweiz über 100 Milliarden Franken zu viel Miete bezahlt.
«Dem müssen wir etwas entgegensetzen», halten Micieli und Joggi in ihrer Motion zurecht fest. Der in der Stadt Bern «immer kleinere Teil an bezahlbarem Wohnraum» müsse daher «besser geschützt werden», fordert die Motion. Vorzeitige Sanierungen oder preistreibende Renovationen sollten deshalb «stark eingeschränkt werden». Abgesehen davon, dass sie ökologisch schädlich seien, «treiben sie die Mieten in der Stadt unnötig in die Höhe und verdrängen so einkommensschwächere Mietparteien, Familien und alleinerziehende Elternteile».
Zum Schluss hält die Motion der AL/PdA-Fraktion fest: «Eine sozialere Wohnpolitik ist dringend nötig, um Armut, prekären Lebenssituationen und der Verdrängung im Stadtraum entgegenzuhalten.»
Wem gehört die Stadt?
Dass Micieli und Joggi nicht das Blaue vom Himmel verlangen, zeigt das Beispiel in Basel-Stadt: Hier wurde eine Verordnung über den Schutz von Wohnraum beschlossen, die praktisch eins zu eins die Forderungen der beiden Berner Stadträte umsetzt. Die Motion der AL/PdA-Fraktion ruft aber auch in Erinnerung, dass die radikale Linke besonders in der Wohnungspolitik ständig die Grundsatzfrage stellen muss. So lautete der Wahlslogan der PdA bei den Stadtratswahlen 2020 in den Städten Bern und Biel: «Wem gehört die Stadt?» Es ist die Aufforderung, in der Wohnungspolitik (und auch hier wiederum nicht nur) die herrschenden Machtverhältnisse zu überwinden – was nach wie vor die Hauptaufgabe einer radikalen Linken sein muss.