Das Auge-Ausschroten muss  aufhören 

Es ist an der Zeit, das Gummischrot zu verbieten! Bild: zVg

sit. Mit der Polizeigewalt am diesjährigen 1.Mai in Zürich, bei der ein Aktivist durch den Einsatz von Gummischrot schwer am Auge verletzt wurde, wird sich nun auch die Stadtregierung beschäftigen müssen: AL und SP stellen zahlreiche, wichtige Fragen.

«Auge! Auge!», schreit plötzlich jemand. Es ist der 1.Mai, die Polizei hat rund 300 vermummte Personen auf dem Kanzleiareal ein-gekesselt. «Es fliegen Bierflaschen und Böller auf die Einsatzkräfte, die Antwort darauf ist Gummischrot, Tränengas und ein Wasserwerfer. Mittendrin im Getümmel steht ein Mann Mitte 20 und hält sich das blutende Auge.» Mit dieser Schilderung des Tages-Anzeigers beginnt die Fraktionserklärung der Alternative Liste (AL) an der Sitzung des Stadtzürcher Parlaments vom 10.Mai.

Lange Liste
Richtig und wichtig ist, dass die AL gleich zu Beginn darauf hinweist, dass der Gewaltvorfall seitens der Polizei kein Einzelfall ist, viel mehr ein «Déjà-vu» sei. «Die Liste der Aktivist:innen, die wegen einer von Polizeiangehörigen abgeschossenen Salve Gummischrot schwere Augenverletzungen davontragen haben, ist lang», erinnert die AL. Fast immer treffe es Personen, die nicht in den vorderen Reihen stehen. Da sie nicht erwarten, dass ein Projektil sie treffen könnte, seien sie nicht der Lage, sich «zu schützen oder abzuwenden». So wie der Siebdrucker 2013 an einer Tanzdemo in Bern. So wie der nach der Rückkehr von einer WEF-Demonstration in der Zürcher Bahnhofhalle stehende Berufsschullehrer in den Nullerjahren. So wie die junge Frau in den 1980er-Jahren, die vor dem Landesmuseum
stand. 

Warum hat die Polizei geschossen?
«Wir wissen nicht, ob der junge Mann am 1.Mai 2023 das Augenlicht ganz verlieren wird, oder mit einer sehr starken Einschränkung der Sehkraft leben muss», erklärt die AL. Sie hält aber fest: «Was wir wissen, ist Folgendes: Gemäss Doktrin der Stadtpolizei ist Gummischrot eine Distanzwaffe. Gummischrot wird eingesetzt, um direkten Körperkontakt und Schlägereien zwischen Polizei und Demonstrierenden zu vermeiden.» Und ausgehend von diesem Grundsatz stellt sie die Frage, warum die Polizei «mit Gummischrot auf die eingekesselten Menschen geschossen» hat?
Mit dieser Frage wird sich nun auch der Stadtrat (Exekutive) befassen müssen. Denn Moritz Bögli (AL) und Luca Maggi (Grüne) haben eine sogenannte «Schriftliche Anfrage» eingereicht. Zum schlimmen Vorfall mit dem Auge wird die Stadtregierung direkt gefragt: «Wurden bei diesem Vorfall alle Vorgaben sowie Dienstanweisungen in Bezug auf den rechtmässigen Einsatz von Gummischrot eingehalten? Wie evaluiert die Stadt- resp. Kantonspolizei diesen Vorfall?» Bögli und Maggi thematisieren einen weiteren Vorfall: «Während des Polizeikessels rund um das Kanzleiareal wurde laut Teilnehmenden eine weitere Person schwer an der Hand verletzt. Dabei habe sich die Stadtpolizei anfänglich geweigert, die Person in medizinische Obhut zu überführen. Ist dem Stadtrat dieser Vorfall bekannt und wie beurteilt er diesen?» Total sind es 19 Fragen, die an die Stadtregierung gestellt werden. Mensch darf auf die Antworten gespannt sein.

Festareal überwacht
Moritz Bögli reichte, diesmal mit Tiba Ponnuthurai (SP), eine weitere «Schriftliche Anfrage» ein. Thema bei dieser ist die Überwachung des Kasernenareals, auf dem das traditionelle Volksfest des 1.-Mai-Komitees vom 29.April bis am 1.Mai stattfand. «Verschiedene Teilnehmende sowie das Organisationskomitee meldeten, dass Menschen auf dem Festareal sowie bei Eingängen zum Areal durch Polizist:innen gefilmt bzw. fotografiert wurden», hält die Anfrage fest. Es sind zehn Fragen, die gestellt werden. Unter anderem: «An welchen Tagen und Orten wurde das Festareal in welcher Art überwacht? Wir bitten um Auflistung nach Tag, Zeitfenster, welchen Teil des Areals, mit welchen Überwachungsmitteln, von wo aus und ob die Über-wachung verdeckt oder offen war.» Und: «Wie beurteilt der Stadtrat die Gesetzmässigkeit der Videoüberwachung am 1.-Mai-Fest?» Zum Schluss wollen Bögli und Ponnuthurai wissen: «Wie beurteilt der Stadtrat die Notwendigkeit von Personenkontrollen in unmittelbarer Nähe von bewilligten Gross­-veranstaltungen?»

Verbot gefordert
«Das Ausschroten von Augen muss aufhören!», fordert zu Recht die AL-Fraktion in ihrer Erklärung. Dieses Ziel verfolgt auch die Petition «Verbot des Einsatzes von Gummigeschossen», die am 10. Mai lanciert wurde. «Gummigeschosse sind eine gefährliche Munition, die weiterhin von der Polizei in der Schweiz eingesetzt wird und die Unversehrtheit und Gesundheit der Menschen gefährdet», hält die Petition fest, die an die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) gerichtet ist. Es sei daher an der Zeit, den «Einsatz solcher Geschosse zu verbieten.» Innert einer Woche wurde sie von mehr als 5600 Personen unterzeichnet.

Link zur Petition:
act.campax.org/p/verbot-von-gummigeschossen 

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