Ausgeschafft verschnürt wie ein Gepäckstück

In den letzten Tagen hat augenauf erfahren, dass zwei von der Polizei für die Vorbereitung der Ausschaffung in den Kongo verhaftete Flüchtlinge im «provisorischen» Polizeigefängnis in der Zürcher Kaserne versucht haben, sich das Leben zu nehmen.

Nach dem Besuch einer kongolesischen Delegation im Dezember 2008 hat sich der Druck der Ausschaffungsbehörden auf die zum Teil seit Jahren in der Schweiz lebenden kongolesische Sans-Papiers für viele Betroffene zu einer unerträglichen Härte gesteigert.

Bundesrätin Widmer-Schlumpf versucht ihren abgewählten Vorgänger vergessen zu machen und lässt die Behörden mit äusserster Härte gegen abgewiesene Flüchtlinge aus Afrika vorgehen. In den letzten Wochen kam es zu einer ganzen Reihe von Verhaftungen von Flüchtlingen, insbesondere von Menschen aus der Demokratischen Republik Kongo, sowie zu mindestens zwei Ausschaffungs-Sonderflügen.

Ein Abkommen und die traurigen Folgen

Am 23. Februar 2008 schloss das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement ein Abkommen mit der DR Kongo «über die einvernehmliche Steuerung der Migration». Darin wurde unter anderem festgelegt, dass die Schweiz die Kosten für Reise und Unterkunft einer kongolesischen Delegation übernimmt, die regelmässig in die Schweiz reisen soll, um hier die Nationalität von abgewiesenen Flüchtlingen „festzustellen“. Solche Delegationsreisen kongolesischer Beamten sind vor Jahren nach einem gescheiterten Ausschaffungsversuch und aufgrund massiver Korruptionsvorwürfe gegen die zuständige kongolesische Ausländerbehörde eingestellt worden.

Vom 16. bis zum 18. Dezember hielt sich eine kongolesische Delegation in Bern auf, wo ihr verschiedene, abgewiesene Flüchtlinge, davon 13 aus dem Kanton Zürich, vorgeführt wurden. Seitdem werden die in Zürich* seit Jahren systematischen Kontrollen von Menschen schwarzer Hautfarbe dazu benützt, um papierlose Flüchtlinge aus dem Kongo «einzusammeln» und zu verhaften. So ist augenauf der Fall eines psychisch schwer kranken Flüchtlings (Name und Dossier liegen augenauf vor) aus der DR Kongo bekannt, der im Februar aus dem Tram heraus verhaftet und ins Polizeigefängnis Kaserne gebracht wurde. Trotz seiner dringenden Bitte um einen Arzt und dem Hinweis, er sei absolut auf seine Medikamente angewiesen, wurde ihm beides am Tag seiner Verhaftung verweigert. In der Zelle begann der Mann, eine Decke zu zerreissen, um sich aufzuhängen. Die Gefängnisbeamten, die dies bemerkt haben, warfen ihn nackt in eine kalte Überwachungszelle. Der Gesundheitszustand des kongolesischen Mannes, der über keinerlei Papiere verfügt, hatte sich nach drei Tagen Haft soweit verschlechtert, dass er sich für einige Tage in stationäre Behandlung begeben musste. Die Schweiz beharrt weiterhin auf seine Ausschaffung. Eine weitere Verhaftung eines Flüchtlings aus der DR Kongo zwecks Ausschaffung endete am 9. März 2009 im Zürcher Polizeigefängnis mit einem Selbstmordversuch, der fast tödlich verlaufen wäre. P. (Name und Dossier sind augenauf bekannt) wurde auf dem Migrationsamt Zürich verhaftet und ins Polizeigefängnis Kaserne gebracht. Man präsentierte ihm ein Flugbillet nach Kinshasa, worauf er sich in der Zelle aufgehängt hat. Der Mann, der in einer intakten Beziehung lebt und das Kind seiner Partnerin betreut, wurde nur durch Zufall rechtzeitig gefunden und in eine Klinik gebracht. Die Ausschaffungshaft wurde trotz des nur zufällig glimpflich ausgegangenen Selbstmordversuchs verlängert und erst auf eine Beschwerde hin (vorläufig) aufgehoben.

Sonderflug: «Verschnürt wie Gepäckstücke»

augenauf hat in den letzten Tagen auch von zwei Sonderflügen zwecks Ausschaffung nach Afrika erfahren**. In einem Flug im März flogen sechs Polizeibeamte mit rund drei Dutzend Flüchtlingen aus dem Kongo nach Brüssel. Dort führten die Beamten die abgewiesenen Flüchtlinge in eine Maschine der äthiopischen Fluggesellschaft, die den Weiterflug über Addis Abbeba nach Kinshasa organisiert hat.

Ebenfalls im März ging ein Flug von Zürich nach Kinshasa. Gemäss einem ersten telefonischen Bericht eines der Opfer befanden sich in der Maschine sechs Ausschaffungshäftlinge sowie über zwei Dutzend Polizeibeamte. Die Flüchtlinge seien «wie Gepäckstücke verschnürt» gewesen, so der Bericht des ausgeschafften Flüchtlings aus Kinshasa.

Die unmenschliche Hatz muss aufhören

Die bestens funktionierende Zusammenarbeit der Schweiz mit dem Regime von Präsident Joseph Kabila bei der Beschaffung von Papieren hat offenbar bei den Zürchern Behörden die Hoffnung geschürt, unerwünschte und abgewiesene Flüchtlinge aus dem Kongo gleich im Multipack loszuwerden. Anders lässt sich die systematische Verhaftung von Schwarzen, insbesondere von Kongolesen in den letzten Wochen nicht erklären. Viele der Flüchtlinge aus dem Kongo, die teilweise seit vielen Jahren in der Schweiz leben, können unmöglich in dieses von Bürgerkrieg, Ressourcenraub und Korruption zerrüttete Land zurück. Daran können auch Entscheide der Schweizer Asylbürokratie nichts ändern. Die von einer Ausschaffung nach Kinshasa bedrohten Sans-Papiers sind verzweifelt und gehetzt; manche von ihnen werden sich eher umbringen, als sich in den Kongo zurückschaffen zu lassen.

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