Oranges statt rotes Licht

sah. 16 Aktionstage gegen Gewalt an Frauen: Die Mehrheit aller Frauen und nicht-binären Menschen erfährt mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt. Der diesjährige Höhepunkt der Kampagne ist eine grosse nationale Demonstration am 23.November in Bern

Auch 2024 gibt es die Aktionstage, und zwar vom 25.November bis 10.Dezember. Als internationale Kampagne gegen Gewalt an Frauen und Mädchen wurde bewusst die Zeit zwischen dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und dem Tag der Menschenrechte ausgewählt. Ausgangspunkt war die Ermordung von Frauen, die 1960 in der Dominikanischen Republik als Aktivistinnen im Untergrund gegen die damalige Diktatur kämpften und heute Symbol für den Widerstand gegen Gewaltherrschaft sind. An einem Treffen von Feministinnen 1981 in Bogotá erinnerte man sich an diese Aktivistinnen und wählte das Datum aus, um alljährlich zu gedenken: Frauenrechte sind auch Menschenrechte. Geschlechtsspezifische Gewalt ist immer auch eine Menschenrechtsverletzung. Als Praxis dazu lancierte das US-amerikanische «Center for Women’s Global Leadership» seit 1991 die Kampagne «16 Days of Activism Against Gender Violence». Das Projekt will durch Prävention und Sensibilisierung zur Reduktion aller Gewaltformen beitragen.

Erfasst ist nur ein Bruchteil
Seit der Lancierung haben in über 187 Ländern viele Organisationen bei der jährlich stattfindenden Kampagne mitgemacht. Seit 2008 ist die Schweiz mit dabei, mit unter anderem der feministischen Friedensorganisation Frieda, die bis heute Organisatorin ist. Jährlich kommen verschiedene staatliche und nichtstaatliche Beratungs- und Fachstellen, Frauenhäuser, Kirchgemeinden sowie Menschenrechtsorganisationen hinzu. Sie alle bringen ihre Visionen ein und bereichern das Programm der Kampagne in Form von Aktivitäten und Veranstaltungen.
Ziel ist es, für eine gewaltfreie Gesellschaft zu kämpfen. Mittel dazu sind das «darüber Sprechen» und damit das Sichtbarmachen der Gewaltformen. Da es viele Arten gibt und geschlechtsspezifische Gewalt ein multidimensionales Problem ist, wird jedes Jahr ein neues Fokusthema bestimmt und Angebote sowie Aktivitäten darauf ausgerichtet. 2024 steht für geschlechtsspezifische Gewalt mit dem Titel «Wege aus der Gewalt». Diese Form der Gewalt ist in der Schweiz alltäglich und niemand hat genaue Zahlen dazu, weil die polizeiliche Statistik sie nicht erfasst. Es gibt verschiedene Formen: Abwertung, Belästigung, psychische Gewalt, Vergewaltigung oder auch Feminizid. Betroffene sprechen nicht darüber oder schrecken oft davor zurück, eine Anzeige zu machen. Mit der Kampagne 2024 sollen Frauen und Mädchen, welche die Gewalterfahrungen individuell erfahren haben, in die Mitte genommen und Prävention und Bekämpfung kollektiv organisiert werden.

Stärken, stärken, stärken
So unterschiedlich die Unterformen dieser Gewalt auch sind, es gibt ein toxisches Fundament, das sie möglich macht: fehlende Gleichstellung und patriarchale Strukturen. Dies alles gilt es zu stoppen. Lösungen finden sich in individueller Unterstützung als auch auf struktureller Ebene. Es braucht gesellschaftliche Veränderungen, ausreichend finanzielle Mittel und eine Verbesserung der rechtlichen Situation. Die aktuelle Lage ist ein Desaster: So ist die rechtliche Lage bezüglich des Sexualstrafrechts unbefriedigend. Mitglieder der Strafverfolgungsbehörden sind ungenügend geschult und kaum sensibel zum Thema. Frauenhäuser und Schutzunterkünfte verfügen über zu wenig finanzierte Plätze. Zahlreiche Beratungsstellen der Opferhilfe kämpfen mit Geldnot. Das Programm für die Aktionstage steht bereits weitgehend, neue Aktivitäten kommen laufend dazu. Im Kalender finden sich Veranstaltungen in Schweizer Städten. Der Höhepunkt der Kampagne ist die nationale Demonstration am Samstag, 23.November in Bern.

Opferschutz hat politische Priorität
An vielen Orten auf der Welt werden während der Zeit der Kampagne wichtige Gebäude orange beleuchtet, um auf geschlechtsspezifische Gewalt aufmerksam zu machen. Diese Aktion wird «Orange Days» genannt. Auch das Bundeshaus soll während dieser Tage orange leuchten und so ein Zeichen hierzulande setzen.
Erinnert sei an dieser Stelle, dass seit Juli 2024 da revidierte Sexualstrafrecht mit dem Grundsatz «Nein heisst Nein» gilt. Vergewaltigung, Übergriff oder Nötigung liegen vor, wenn das Opfer mit Worten, Gesten oder durch Erstarren ausgedrückt hat, dass es mit der Handlung nicht einverstanden ist. Strafbar sind auch «beischlafähnliche Handlungen» mit dem Eindringen in den Körper und (Stealthing) wenn die Täterschaft ohne vorgängiges Einverständnis der anderen Person das Kondom abstreift oder von Anfang an keines benutzt. Der Schockzustand des Opfers (Freezing) gilt ebenfalls als «Nein», wenn die Täterschaft den Schockzustand erkennt. Die konkrete Umsetzung zu diesem Graubereich hinterlassen Fragezeichen. Es gilt daher abzuwarten, wie die Auswirkungen der Gesetzgebung sich entwickeln werden.

Sämtliche Infos: 16tage.ch

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