Bundesrätliche Privatisierungswut
flo. Im Juni 2020 hatte der Bundesrat eine Teilprivatisierung der Postfinance vorgeschlagen. Nun teilte die Regierung am 20.Januar mit, dass das Finanzinstitut des Bundes ganz privatisiert werden soll. Probleme bei der Grundversorgung sind zu befürchten. Linke Parteien und Gewerkschaften künden den Kampf an.
Wer Kunde bei ihr ist, hat es manchmal schlicht einfacher. An gewissen Orten in der Schweiz, an denen man eine Kreditkarte bräuchte, kommt man ohne diese nur weiter, wenn man ein Konto bei der Postfinance hat. So beispielsweise, wenn man sich an der Universität Zürich für ein Masterstudium anmelden möchte. Diese Sonderrolle trägt die Postfinance auch, weil sie als Tochtergesellschaft der Post laut Postgesetz die Grundversorgung im Bereich Zahlungsverkehr zu tragen hat (siehe dazu Notiz am Rand). Doch genau diese Rolle könnte nun bedroht sein. Anstatt wie ursprünglich geplant, soll es nun nicht «nur» zu einer Teilprivatisierung und einer Aufhebung des Kredit- und Hypothekenverbots der Postfinance kommen. Neu soll die Post ihre Aktienmehrheit an ihrem Finanzinstitut abgeben. Das teilte der Bundesrat am 20.Januar mit. Die Postfinance würde damit in private Hände gehen.
Dass dieser Schritt bei der Grundversorgung für Probleme sorgen kann, wittern auch schon andere Banken. Sie hoffen, die Lücke, die eine Privatisierung der Postfinance aufreissen könnte, selbst füllen zu können. So liess sich Raiffeisen-CEO Heinz Huber im Online-Wirtschaftsportal Finews wie folgt zitieren: «Raiffeisen ist bereit, sich an dieser Diskussion über den Service public zu beteiligen. Es wäre zum Beispiel denkbar, dass ein Grundversorgungsauftrag öffentlich ausgeschrieben wird.» Und auch bei der Bankiervereinigung hält man die Privatisierung für einen Schritt in die richtige Richtung.