Betrug mit Ansage

flo. Vor kurzem machten Enthüllungen rund um gekaufte Volksinitiativen Schlagzeilen. Gewisse Teile des politischen Spektrums verteidigten die Praxis aber und kündigten schon ein nächstes Referendum an, das garantiert in die Kategorie «Demokratie zum Verkauf» fällt.

Erst machen Enthüllungen deutlich, dass der Bundesrat mit Addition und Subtraktion doch so seine liebe Mühe hat: Mit einem Mal stand die AHV besser da, als es von Bürgerlichen jahrelang behauptet wurde. Und zwar hatte man sich nicht um ein «paar Hunderttausenden» vertan, sondern um Milliarden von Franken. Doch nicht nur der Umstand, dass Stimmberechtigte mit falschen Angaben im Abstimmungsbüchlein keine qualifizierten Entscheidungen treffen können, stellt infrage, wie intakt unsere Demokratie ist. Nach Enthüllungen zu Betrügereien bei kommerziellem Unterschriftensammeln für Initiativen müssen wir uns auch fragen, ob die Vorlagen, über die wir abstimmen, überhaupt hätten vors Volk kommen dürfen.

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«Willkommen in der Hölle, Bruder»

Bild: Klaus Petrus

Klaus Petrus. Das Geschäft mit Elektroschrott rentiert. Doch wer in Ghana auf einer der grössten Müllhalden der Welt Smartphones und Laptops zerlegt, hat nichts davon. So wie der 26-jährige Jack, der bereits als Kind lernte, wie man aus Schrott das Allerletzte herausholt.

In Agbogbloshie scheint an keinem Tag die Sonne. Wie eine Gewitterwolke hockt der Qualm auf Bergen von Plastik, Metall, Kleidern und Kuhfladen, es ist schwül, es windet und müffelt. Männer, die meisten jung, zertrümmern Kühlschränke, sie hämmern Bildschirme entzwei, ziehen Kabel aus Gehäusen, als wären es Därme von frisch geschlachteten Ziegen. Sie singen Lieder und reissen Sprüche. Ihre Augen sind gerötet, die Gesichter ölverschmiert, verätzt und verbrannt. Wer hier ist, sagen die, die hier sind, ist verloren für die Ewigkeit und einen Tag, denn hier ist Sodom und Gomorrha, sagen sie, oder auch: Willkommen in der Hölle, Bruder! » Weiterlesen

Der Revolutionär der Praxis

Marius Käch. Mit tiefgreifender Kritik am Kapitalismus und dem Kommunismus als Ziel hat Nguyen Phu Trong Vietnams Weg der sozialistischen Entwicklung neu definiert. Unter seiner Führung hat die Republik bedeutende Fortschritte in Wirtschaft und Gesellschaft erzielt und hat dabei ihre sozialistischen Prinzipien bewahrt.

«Es ist von entscheidender Bedeutung, unbeirrbar auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus zu beharren – der wissenschaftlichen und revolutionären Doktrin der Arbeiterklasse und der werktätigen Massen», so die Worte von Nguyen Phu Trong. Der Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams (KPV) kämpfte bis zu seinem Tod am 19.Juli dieses Jahrs für eine bessere und gerechtere Welt. » Weiterlesen

Niemand wird zurückgelassen!

9Marius Käch. Am 14.September traf der Taifun «Yagi» Vietnam und richtete verheerende Schäden an. 276 Menschen verlieren ihr Leben, ganze Dörfer und Landstriche werden dem Erdboden gleichgemacht. In dieser Not zeigt sich jedoch die Kraft des vietnamesischen Volks.

In Hanoi füllen sich die Läden – von Ein-kaufszentren bis hin zu Familienbetrieben – mit Menschen, die sich mit Wasser, Instantnudeln und anderen haltbaren Lebensmitteln eindecken. In den Strassen werden Sandsäcke gefüllt, Dächer verstärkt und Fenster verbarrikadiert. Es ist die Ruhe vor dem Sturm. Im Ostmeer erreicht der Taifun «Yagi» Geschwindigkeiten von über 200 Kilometer pro Stunde. Die Küstenregionen wird es am schlimmsten treffen, danach wird er etwas abgeschwächt sein, bis er die Hauptstadt erreicht – aber nicht minder tödlich.

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Unrecht als System

2Ricarda Rotach. Die Lage der palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen hat sich seit dem 7. Oktober 2023 drastisch verschlechtert Die Berichte über die unmenschlichen Haftbedingungen häufen sich. Die Physicians for Human Rights Israel setzen ihren Kampf gegen Willkür, Missbrauch und Folter fort.

«Das Leben jede:r Palästinenser:in in israelischen Gefängnissen ist in Gefahr,» schreibt die Organisation Physicians for Human Rights Israel (PHRI) in ihrem Recherchebericht vom Februar. Seit dem 7.Oktober 2023 hat die israelische Armee Tausende Palästinenser:innen aus dem Gazastreifen und dem Westjordanland festgenommen, darunter Minderjährige, Frauen, ältere Menschen und Dutzende Gesundheitsarbeiter:innen. Die Anzahl der palästinensischen Gefangenen hat sich nahezu verdoppelt. » Weiterlesen

Frieden für Chiapas

Philipp Gerber. Zehntausende Personen demonstrierten am Wochenende von Mitte September im mexikanischen Chiapas gegen die zunehmende Gewalt der organisierten Kriminalität. Und in Oaxaca-Stadt setzt die Eröffnung einer neuartigen Universität ein wichtiges Zeichen gegen die historische Diskriminierung der Schwarzen Bevölkerung Mexikos.

Der Friedensmarsch in Tuxtla Gutiérrez, der Haupt-stadt Chiapas, fand breites Echo. Die je nach Quelle zwischen 10’000 bis 30’000 Demonstrant:innen aus dem ganzen Bundesstaat, zu denen auch die indigenen Maya-Völker der Tzotzil, Tzeltal, Tojolabal, Chol und Zoque gehörten, trugen weisse Fahnen als Friedenssymbol und Transparente mit Botschaften wie «Frieden für Chiapas» und «Frieden ist ein Schrei, der es verdient, gehört zu werden». Zum Friedensmarsch aufgerufen hatte die katholische Kirche.

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Angriffe auf Frauen legal

sah. Zweiter Jahrestag im Iran der Proteste im Rahmen der Bewegung «Frau, Leben, Freiheit»: Die Menschen kämpfen gegen die Terrorherrschaft und leiden unter völkerrechtlichen Verbrechen. Ein neues Gesetz soll die Situation der Frauen weiter verschlimmern. Ein Update zur Lage.

Seit Jina Mahsa Amini tot ist, dauern die soziale Kämpfe im Iran an. Einige schätzen sogar die Aktivitäten der Bewegung «Frau, Leben, Freiheit» so ein, dass es die am längsten andauernden Proteste gegen das Regime des Irans seit der Islamischen Revolution 1979 sind. Was geschah vor zwei Jahren?

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Freigeistig und divers

Salomé, Vernissage Galerie Deschler Berlin 2006, fotografiert von Henning von Berg. Bild: Wikihomo

sah. 70 Jahre Salomé. Die Berliner Galerie Deschler eröffnet eine Ausstellung von Wolfgang Ludwig Cihlarz, der den Künstlernamen Salomé trägt. Die Bilder erzählen vom langen Kampf für Geschlechtergerechtigkeit und Akzeptanz, von sexueller Vielfalt.

Wolfgang Ludwig Cihlarz alias Salomé wuchs in Deutschland in Karlsruhe auf. In den 1970er-Jahren zog er nach West-Berlin und studierte an der Universität der Künste Berlin (UdK) Malerei. Im Rahmen von Nebenjobs in einschlägigen Bars wie dem «Dschungel» tauchte er nach und nach tiefer in die queere Szene ein. Zu dieser Zeit war Berlin ein kreativer Treffpunkt – unter anderem auch David Bowie lebte hier. Es entstanden allerlei Projekte in dieser Zeit. Ende der 1970er-Jahre gründete Wolfgang Ludwig Cihlarz zusammen mit Freunden eine Galerie. Salomé war aber auch Mitglied einer Punkband.

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Patriarchat und Doppelmoral

lmt. Alle gleich, alle dabei, keine Diskriminierung. So lautet die Werbung für die diesjährigen Olympischen Spiele. Dass dies nichts weiter als heisse Luft und billige Propaganda ist, wird jedoch schnell klar.

#GenderEqualOlympics. Mit diesem Slogan wirbt Paris für die Olympischen Spiele. Alles soll unter dem Stern der Inklusion und Diversität stehen. Da passt die lesbische Aktivistin und DJ Barbara Butch perfekt in dieses Schauspiel rein. Die «dicke, jüdische, queere Lesbe», wie sie sich selbst bezeichnet, nahm als DJ an der pompösen Eröffnungsfeier teil. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) spricht gar von einer «monumentalen Errungenschaft» an diesen Spielen: Zum ersten Mal ist eine numerische Geschlechterparität erreicht worden. Das heisst: Es treten gleich viele Athleten wie Athletinnen an. Doch aus den Diskussionen der letzten Jahre sollte langsam klar geworden sein, dass es mehr als nur zwei Geschlechter gibt. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, dass die Olympischen Spiele von einer «vollständigen Geschlechterparität» weit entfernt sind.

Streit um Inter- und Transmenschen
In den Leitlinien für Fairness, Inklusion und Nicht-Diskriminierung des IOC aus dem Jahr 2021 heisst es ausdrücklich, dass grundsätzlich kein:e Athlet:in aufgrund des Transgender-Status ausgeschlossen wird. Doch sportliche Fairness und Diversität – beides hochverehrte olympische Werte – unter einen Hut zu bekommen, scheint für das IOC eine Sache der Unmöglichkeit zu sein. Was tat es? Es verabschiedete lediglich eine Rahmenrichtlinie und schob so die Verantwortung und die Entscheidungskompetenz an die internationalen Verbände der jeweiligen Sportart ab. Und die entschieden radikal: Fast überall wurden die Teilnahmebedingungen für inter-, und transgeschlechtliche Menschen verschärft, sodass sie faktisch ausgeschlossen werden. Viele Verbände legen fest, dass die Transition vor Eintritt der Pubertät stattfinden muss, damit eine Teilnahme erlaubt ist, was in vielen Ländern nicht erlaubt ist.
Die Geschlechterkategorien wurden ursprünglich aus einem Fairnessgedanken geschaffen. Nur ist das Geschlecht nicht immer das, was den entscheidenden Unterschied macht. Für jede Sportart braucht es eine andere Qualität: beim 100-Meter-Lauf Geschwindigkeit, beim 5000-Meter-Lauf Ausdauer, beim Gewichtsheben Kraft und so weiter. Für den sportlichen Erfolg braucht es neben Talent und einem sehr harten Training auch den idealen Körper für die betriebene Sportart. Das ist bei inter- und transgeschlechtlichen Menschen nicht anders. Aber wenn diese Menschen in ihrer Sportart gut sind, dann wird das als unfairen Vorteil ausgelegt. Und je nachdem werden sie aus ihrer Disziplin ausgeschlossen – vor allem bei der Transition von Mann zu Frau.

Unfairer Vorteil?
Aber ist am Vorwurf des Vorteils wirklich etwas dran? Zunächst ist festzuhalten, dass nur jene Athlet:innen getestet werden, die einen Podestplatz erreichen oder ein Verdacht besteht. Dabei wäre vielleicht die Läufer:in auf Rang acht auch inter- oder transgeschlechtlich, aber da interessiert es niemanden. Weiter gibt es noch zu wenige Forschungsergebnisse, die Faktoren vorlegen können, welche einen klaren Vorteil beweisen würden. Auch der so heissgeliebte Testosterontest ist umstritten und wird von Wissenschaftler:innen kritisiert. Denn der Testosteronspiegel allein ist nicht aussagekräftig, ein Mensch braucht auch die passenden Rezeptoren dafür, damit das Testosteron aufgenommen werden kann. Dazu kommt: Wenn Testosteron wirklich so leistungsfördernd wäre, dass ein Mensch mit einem hohen Level automatisch viel besser ist, wieso wird dann nur die Frauenkategorie getestet? Bei den Frauen macht es den entscheidenden Unterschied, aber bei den Männern nicht?! Dabei sind in der Männerkategorie die Testosteronunterschiede viel grösser.
Ob intergeschlechtliche Menschen oder Transfrauen wirklich einen Vorteil haben und somit die sportliche Fairness gefährden, kann nicht abschliessend beurteilt werden. Was aber mit Sicherheit ein unfairer Nachteil ist, ist die Feindlichkeit, mit welcher inter- und transgeschlechtliche Athlet:innen begegnet wird. Schon allein wegen ihres Geschlechtes kommen sie in die Medien und es werden Urteile über ihre Teilnahme erlaubt. Zum Teil müssen sie ihre ganze medizinische Geschichte offenlegen und durch demütigende Verfahren gehen. Das IOC wird nicht darum herumkommen, die Geschlechterkategorien zu überdenken und allenfalls neue Kriterien einzuführen, welche an die jeweilige Sportart angepasst, wissenschaftlich belegt und für alle gleich sind.

Diskriminierung vom Feinsten
Auch bei einem weiteren Thema hat Paris sein Ziel von Diversität und Inklusion weit verfehlt. Während der niederländische Beachvolleyballer Steven van de Velde, ein verurteilter Kindervergewaltiger, teilnehmen darf, dürfen französische Athlet:innen nicht mit Kopftuch antreten. Begründet wird das mit dem gesetzlich verankerten Laizismus, also der strikten Trennung von Staat und Religion. Aber wieso wird nichts gegen Kreuz-Ketten oder andere christliche Symbole unternommen? Und warum wird das Beten mit dem Kreuzzeichen auf Stirn, Brust und Schultern nicht verboten?
Es geht hier nicht nur um antimuslimischen Rassismus, sondern auch um geschlechtsspezifische Diskriminierung. Denn Politiker:innen haben Frauen nicht vorzuschreiben, was sie anziehen sollen und was nicht. Weiter ist es eine absolute Frechheit, dass Frauen gezwungen werden, sich zwischen dem von ihnen geliebten Sport und ihrem Glauben oder ihrer kulturellen Identität zu entscheiden. Die diskriminierenden Kleidungsvorschriften verletzen die Menschenrechte von muslimischen Frauen und Mädchen. Sie erschweren zudem ihre Teilnahmemöglichkeiten und blockieren die Bemühungen, den Sport für alle zugänglich zu machen. #GenderEqual
Olympics? Ein Kartenhaus, das rasch zusammenbricht. Zurück bleiben Patriarchat und Doppelmoral.

Munter weiter aufrüsten und militarisieren

flo. Für manche Polizeikorps in der Schweiz kamen Weihnachten dieses Jahr verfrüht: Vor allem bei sogenannten Mehrfachwerfern darf sich die Schmier über neue Instrumente zur Einschränkung des Versammlungsrechts freuen.

Loser Finger, schlechte Augen, gemeines Grinsen hinter dem Visier versteckt: Für viele, die in der Schweiz an Demonstrationen oder nach Fussballspielen Gewalt durch die Polizei erlitten haben, dürfte das Bild von Demopolizist:innen nicht allzu positiv ausfallen.

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Unterschreiben!

sit. Weil der Bundesrat den westlichen Staaten mit Atomwaffen und ihren Verbündeten treu und hörig ist, hat er den UN-Atomwaffenverbotsvertrag bisher nicht unterschrieben. Eine im Juli lancierte Volksinitiative will dies ändern: Das UN-Abkommen soll unterzeichnet und ratifiziert werden.

TPNW steht für Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons, auf Deutsch: Atomwaffenverbotsvertrag (AVV). Im Dezember 2016 nahm die UN-Generalversammlung eine Resolution an, den Vertrag auszuarbeiten. Die ausgearbeitete Fassung wurde am 7.Juli 2017 mit 122 Stimmen angenommen und trat am 22. Januar 2021 in Kraft.

Ein Armutszeugnis
Der UN-Vertrag verbietet unter anderem Entwicklung, Tests, Produktion, Transfer, Besitz, Einsatz sowie Androhung des Einsatzes von Nuklearwaffen. Das Abkommen verbietet auch die Unterstützung sowie die Ermutigung oder Veranlassung Dritter zur Unterstützung von Tätigkeiten, welche den Vertragsstaaten verboten sind. Weiter dürfen Vertragsstaaten nicht erlauben, dass Nuklearwaffen auf ihrem Territorium stationiert werden. Ferner enthält das Abkommen Verpflichtungen zu Opferhilfe, Umweltsanierung infolge von Nukleartests sowie zum Einsatz von Nuklearwaffen und zur internationalen Zusammenarbeit in diesen Bereichen. Ziel des Vertrags ist eine Welt frei von Atomwaffen. Der TPNW markiert somit einen Paradigmenwechsel hin zu einem Verbot von Atomwaffen und ist ein Schritt hin zu einer möglichen Zukunft ohne Atomwaffen.
Die Schweiz hat den Vertrag nicht unterschrieben. Dies soll sich aber ändern. Im Juli hat ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis die eidgenössische Volksinitiative «Für den Beitritt der Schweiz zum Vertrag der Vereinten Nationen über das Verbot von Atomwaffen (Atomwaffenverbots-Initiative)» lanciert. Sie fordert den «Beitritt» und die «Ratifizierung» des Atomwaffenvertrags durch die Schweiz. Dass es eine Initiative braucht, um die Landesregierung zu zwingen, dieses UN-Abkommen zu unterzeichnen, ist ein Armutszeugnis für das Land, ja, eine Schande.
Dem ein Ende zu setzen, liegt nun in den Händen des Schweizer Volks. Die Chancen dazu sind vorhanden. Davon zeugt auch die Petition der Schweizerischen Friedensbewegung (SFB), die bereits im Februar dieses Jahrs dem Bundesrat überreicht wurde. Sie forderte genau das gleiche wie die Initiative und wurde von knapp 5000 Menschen unterschrieben.

Das Nein der Schweiz
Doch, warum unterzeichnet die Schweiz den Vertrag nicht? Was hindert sie daran? Die Antwort besteht aus vier Buchstaben – und dies nicht erst seit gestern. Bereits im Februar 2017 ersuchte der damalige SP-Nationalrat (heute Ständerat) aus Genf, Carlo Sommaruga den Bundesrat in einer Motion auf, «so schnell wie möglich den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen und diesen umgehend dem Parlament zur Genehmigung für die Ratifikation vorzulegen». In seiner Antwort laberte die Bundesregierung zuerst vor, «das Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt» zu teilen. Und hielt auch fest: «Das Nuklearwaffenverbot stellt einen Schritt in diese Richtung dar.» Einen Schritt, den die Schweiz aber nicht tun wollte. So schrieb der Bundesrat: «Die Erreichung des Ziels dürfte aber dadurch erschwert werden, dass die den Verhandlungen ferngebliebenen kernwaffenbesitzenden Staaten sowie deren Verbündete dem Vertrag in absehbarer Zukunft nicht beitreten werden.»
Dann geschah fünf Jahre lang praktisch nichts. Bis FDP-Nationalrat Josef Dittli im Juni 2022 in einem Postulat die Regierung aufforderte, über «die aussen- und sicherheitspolitischen Folgen eines Beitritts der Schweiz zum Kernwaffenverbotsvertrag (TPNW) Bericht zu erstatten.» Insbesondere solle «auch auf die Veränderung der Ausgangslage durch den Krieg in der Ukraine eingegangen werden». Der Bundesrat stimmte dem Postulat zu und gab den Bericht in Auftrag. Mehr noch, in seiner Antwort auf das Postulat lässt er so quasi die Katze aus dem Sack. Es bedürfe «einer ganzheitlichen und zukunftsorientierten Betrachtung vor einer möglichen Ratifizierung des Vertrags», schreibt die Landesregierung. So müssten die Auswirkungen des TPNW auf «die künftige Sicherheitsarchitektur Europas und der Schweiz ganzheitlich in Betracht gezogen werden». Und, der wohl springende und wichtigste Punkt für die Regierung: «Zudem müssen die Folgen eines Beitritts der Schweiz auf eine mögliche künftig engere Zusammenarbeit mit der Nato abgeklärt werden.»

Ein Ja, das gleichzeitig ein Nein ist
Wie zu erwarten war, führte der Bericht nicht zu einem Stimmungswandel innerhalb der Regierung. Im Gegenteil: Ausgehend vom Bericht sei der Bundesrat zum Schluss gekommen, dass «es derzeit keinen Bedarf für einen Richtungswechsel gibt, und er dem TPNW im Moment nicht beitreten wird», informierte die Landesregierung am 27.März. Sie sei überzeugt, dass «ein Beitritt im gegenwärtigen internationalen Umfeld, in welchem mit einem neuen Krieg in Europa sicherheitspolitische Aspekte wieder in den Vordergrund gerückt sind, nicht im Interesse der Schweiz liegt». Auch sei die Wirkung des TPNW gering. Grund dafür sei, dass «die Kernwaffenbesitzer und die mit ihnen verbündeten Staaten ihm bisher nicht beigetreten sind», informierte der Bundesrat. Und diesen «Kernwaffenbesitzern» und «verbündeten Staaten» will die Schweizer Regierung hörig bleiben.
Die Schlussfolgerung ist einfach: Der Bundesrat will den Atomwaffenverbotsvertrag nicht unterschreiben, um sich nicht selbst einen Stein auf dem Weg zur Nato zu legen. So ist ein Ja zur Initiative gleichzeitig auch ein Nein zum Beitritt der Schweiz ins westliche Kriegsbündnis.

Absurde Vorwürfe abgewiesen

lmt. Am 17.Juli hat das Bezirksgericht Dielsdorf alle Angeklagten der Rümlanger Waldbesetzung vom Vorwurf des Verstosses gegen das Waldgesetz freigesprochen. Das Urteil zeigt, dass die Anschuldigungen willkürlich, nicht zu beweisen waren und zu einem Chilling-Effekt beitragen sollten.

Ein acht Hektar grosses Waldstück mit über 1000 Bäumen soll in Rümlang abgeholzt werden, um eine Bauschuttdeponie zu erweitern.

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Ungenügende Note

dom. Der vom Zürcher Regierungsrat neu definierte Berufsauftrag für Lehrpersonen verspricht nur auf den ersten Blick Verbesserungen für das Schweizer Bildungswesen. Einmal mehr wird deutlich: An einem umfassenden Wandel des Bildungssystems führt kein Weg vorbei.

Die Sommerferien haben begonnen und somit auch die üblichen Diskussionen um den Lehrkräftemangel und den leidigen Zustand unseres Bildungswesens. » Weiterlesen

Zehn Jahre nach dem Genozid

Die mobile Klinik der Nahri-Organisation ist für die Menschen in der Shengal-Region oft der einzige Zugang zu medizinischer Versorgung. Bild:medicointernational.ch

sit. Tausende Ezid:innen wurden brutal ermordet, Frauen und Mädchen wurden entführt und versklavt, religiöse und kulturelle Stätten zerstört. Nach dem Massaker im August 2014 durch den «Islamischen Staat» kämpfen die Ezid:innen in Nordirak fernab der Weltöffentlichkeit für ein selbstbestimmtes Leben. Dabei spielen die Frauen eine zentrale Rolle.

Am 3. August 2014 fiel der «Islamische Staat» in das Shengal-Gebiet im Nordirak ein. Während ihrer Offensive und in den darauffolgenden Tagen und Wochen töteten IS-Terrorist:innen bis zu 10’000 Ezid:innen. Rund 7000 Frauen und Mädchen wurden verschleppt und als Sklavinnen ausgebeutet. Über 4000 wurden wiedergefunden, 3000 werden bis heute vermisst. Minderjährige Jungen wurden entführt, um sie als Kindersoldaten oder Selbstmordattentäter auszubilden. Alle religiösen und kulturellen Stätten der ezidischen Gemeinschaft in der Region wurden zerstört. Die Vereinten Nationen klassifizierten diese Verbrechen als den ersten Genozid des 21.Jahrhunderts.
In der Mitte der Shengal-Region erhebt sich ein karges Berggebiet. Dort hinauf flohen im August 2014 mehrere Zehntausend Ezid:innen. Die Bilder der Menschen, die tagelang bei bis zu 40 Grad auf dem belagerten Berg ausharrten, gingen um die Welt. Helikopter von westlichen Regierungen warfen Trinkwasser und Malzeiten ab, Staatschefs versprachen Hilfe. Diese kam aber nicht von Staatspräsident:innen oder Abgesandten von ihnen, sondern von den kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ aus Rojava und Kämpfer:innen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Von Syrien aus erkämpften sie einen sicheren Korridor bis in den Shengal, über den über 50000 Ezid:innen nach Rojava fliehen konnten. So wurde ein noch grösseres Massaker verhindert.

«Ferman 74»
Die Ezid:innen (deutsch meist Jesid:innen) sind eine ethnisch-religiöse Gemeinschaft, deren Wurzeln dem eigenen Verständnis nach mehr als 4000 Jahren zurückreichen. Ihre traditionellen Siedlungsgebiete sind auf den Irak, Syrien, die Türkei und den Iran aufgeteilt. Die nordirakische Provinz Ninive mit ihren Distrikten Shengal und Shekan gilt als das kulturelle und religiöse Zentrum der Ezid:innen. Die Ezd:innen bezeichnen sich teilweise als ethnische Kurd:innen, teilweise als eigenständige Ethnie. Im kollektiven Bewusstsein der Ezid:innen ist der Völkermord, der 2014 begann und bis heute nachwirkt, als «Ferman 74» bekannt. Der Begriff «Ferman» stammt aus dem Osmanischen Reich und bedeutet Erlass oder Befehl. Die Zahl 74 steht für die Anzahl der Pogrome und Massenmorde, die seit dem 15.Jahrhundert an den Ezid:innen verübt wurden.
Die Mehrheit der Ezid:innen aus Shengal lebt nach dem Genozid immer noch in Lagern für intern Vertriebene im Nordirak oder in Flüchtlingslagern in Nordsyrien (Rojava) unter prekären Bedingungen oder als Geflüchtete in anderen Teilen der Welt. Den Menschen in den Flüchtlingslagern in Nordirak droht jedoch ein weiterer brutaler Schicksalsschlag. Recherchen des vorwärts und Berichte von verschiedenen unabhängigen NGOs zeigen, dass mit der Schliessung der Flüchtlingscamps begonnen wurde. Grund dafür ist, dass in der Region ein erneuter Angriff der türkischen Armee erwartet wird.

Die Widerstandskraft der Frauen
Seit der Befreiung vom IS-Terror 2017 durch die kurdischen Kämpfer:innen und ihre Alliierten sind mehr als 100’000 Ezid:innen nach Shengal zurückgekehrt. Die Ezid:innen fühlen sich aus guten Gründen von der irakischen Regierung und der internationalen Gemeinschaft im Stich gelassen. Internationale Organisationen sind kaum noch vor Ort. Die Ezid:innen wollen nie wieder schutzlos sein und sehen selbstbestimmte Strukturen als einzige Lösung. Nach dem Vorbild von Rojava streben sie eine autonome, paritätisch besetzte Selbstverwaltung mit eigenen Verteidigungskräften an.
Bei diesem gesellschaftlichen Wandlungsprozess spielen die Frauen eine zentrale Rolle. Denn der Genozid an der ezidischen Bevölkerung ist auch ein gezielter Femizid. Während des «Ferman 74» wurden ezidische Frauen von IS-Kämpfern massakriert, systematisch vergewaltigt, verschleppt und – wie bereits erwähnt – auf Sklavenmärkten verkauft. Doch die Frauen leisten an vorderster Front Widerstand. Die IS-Angriffe von 2014 förderten die Emanzipation der Frauen in einer ultrakonservativen Gesellschaft. Die Begegnungen mit den kurdischen Kämpferinnen weckten ihre Widerstandskraft.

Freie Frauen, freie Gesellschaft
Unter dem Einfluss der Frauenbewegung aus Rojava begannen die ezidischen Frauen, sich zu organisieren und die neu entstehenden Gesellschaftsstrukturen im Shengal entscheidend mitzugestalten. Am 20.September 2016 wurde die Gründung der Freiheitsbewegung der Êzidischen Frauen (TAJÊ) in einem Kongress offiziell verkündet. Sie vereint Ezidinnen aus allen Altersgruppen und verschiedenen Orten in der Region. Basierend auf den Slogans «Freie Frauen, freie Gesellschaft» und «Jin, Jiyan, Azadî» arbeitet TAJÊ auf der Grundlage der Ideen und der Philosophie von Abdullah Öcalan und seinem Konzept des demokratischen Konföderalismus und der Freiheit der Frauen. « TAJÊ sieht die Befreiung der Frauen als Grundlage für die Befreiung der gesamten Gesellschaft und steht damit an vorderster Front des Widerstandes in Shengal», ist auf der Website der Organisation zu lesen.
TAJÊ organisiert sich in Form von Gemeinden und gründet selbstverwaltete Frauenräte in ganz Shengal. Sie gründet ihre eigenen Komitees, wie die Komitees für Bildung, Wirtschaft, Kultur und Kunst, Diplomatie und Gesundheit. «Darüber hinaus baut TAJÊ Beziehungen zu Frauenorganisationen anderer Ethnien und Religionen auf, darunter Kurden, Araber, Assyrer und chaldäische Katholiken», ist auf der Website der Freiheitsbewegung der ezidischen Frauen zu lesen.

Jede Frau hat das Recht, sich zu wehren
Höchste Priorität hat für TAJÊ «die Befreiung der Ezidinnen, die von Daesh versklavt wurden». In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen konnten «bisher rund 1500 Ezidi-Frauen aus den Händen der Daesh-Dschihadisten befreit und mit ihren Familien wiedervereint werden», informiert die Frauenorganisation. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Bildungsarbeit: «Bildung ist entscheidend für ein freies Leben, freies Denken und freien Willen. TAJÊ betrachtet daher den Bereich der Bildung von Frauen als eine seiner wichtigsten und grundlegenden Aufgaben», schreibt TAJÊ. Es sei wichtig für Frauen zu wissen, dass «das Patriarchat und seine sexistische Mentalität die Wurzel aller Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Herrschaft ist». Auf der Grundlage dieses Wissens sollen Frauen ihre eigene Meinung entwickeln und lernen, «Entscheidungen gegen die männliche Vorherrschaft zu treffen, die alle Bereiche ihres Lebens betreffen». Jede Frau habe das Recht, sich gegen Gewalt zu wehren, sei es zu Hause oder in der Öffentlichkeit, und gegen «alle anderen Angriffe auf den freien Willen und das Leben der Frau». Für TAJÊ ist klar, dass «organisierte Frauen ihre Ziele durch Kampf erreichen» können. Und dieser Kampf «wird unter allen Bedingungen und Umständen geführt». Denn: «Es ist notwendig, mit der Geschichte der 74 Genozide zu brechen», hält TAJÊ fest.

Lichtblicke durch Solidarität
Der Wiederaufbau, sprich der Neuaufbau, ist jedoch schwierig: Die Region ist isoliert und die Sicherheitslage bleibt instabil. Das Gebiet ist schwer zugänglich und verschiedene politische und militärische Akteur:innen kämpfen um die Kontrolle. Immer wieder wird die Shengal-Region gezielt von türkischen und irakischen Streitkräften angegriffen, wodurch wichtige Infrastrukturen beschädigt und bedeutende Persönlichkeiten für den sozialen Wandel getötet werden. Besonders in der Bergregion, wo viele aus Angst weiterhin ausharren, gibt es kaum Grundversorgung. Es fehlen Gesundheitseinrichtungen und -personal und die Blockade der Region erschwert den Zugang zu Medikamenten und den Transport von Patient:innen.
Aber es gibt auch Hoffnung, Lichtblicke durch Solidarität. «Im November 2023 begleitete ich die mobile Klinik der Nahri-Organisation», sagt Maja Hess, Präsidentin von Medico International Schweiz. Die Nahri-Organisation mit Sitz in Erbil ist eine Partnerorganisation von Medico Schweiz und eine der wenigen NGOs, die noch im Shengal-Gebiet aktiv sind. «Die Fahrt von Mossul nach Shengal, eine Strecke von etwa 130 Kilometer, dauerte wegen der über 20 Checkpoints mehrere Stunden. Als wir in der kargen Berglandschaft ankamen, warteten die Menschen bereits. Die mobile Klinik ist für sie ein Zeichen, dass sie nicht ganz vergessen sind», sagt Maja Hess weiter dieser Zeitung.

Ein Gefühl der Sicherheit
Die Teams von Nahri betreuen Patient:innen mit chronischen Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck und chronischen Schmerzen. Pro Einsatz-Tag behandeln sie 35 bis 45 Personen, davon 80 Prozent Frauen und Kinder. Aufgrund des extremen Klimas, der prekären Ernährungslage und mangelnden Wasserversorgung in der Region leiden viele Kinder und Schwangere an Infektionskrankheiten. Auch ältere Menschen und jene in abgelegenen Gebieten profitieren besonders von den mobilen Kliniken, die direkt in die Bergregion und Zeltlager fahren. Zudem vermittelt das lokale, ezidische Personal den Menschen ein Gefühl der Sicherheit.
«Unsere regelmässigen Besuche ermöglichen es uns, unsere Patient:innen angemessen zu behandeln und das Vertrauen der ezidischen Bevölkerung zu gewinnen», sagt der Direktor der Nahri-Organisation. Und er fügt hinzu: «Für die Menschen in der kargen Bergregion ist die mobile Klinik oft der einzige Zugang zu medizinischer Versorgung.»

Weitere Infos: medicointernational.ch

 

Hellfeld-Tour zu Feminiziden

sah. Gewalt ist keine Privatangelegenheit, sondern betrifft uns als ganze Gesellschaft. Aus diesem Grund muss es eine kollektive Antwort geben zur Aufklärung: zum Beispiel mit der Tour gegen Feminizide diesen Sommer, um Namen, Gesichter und Geschichten der ermordeten Personen auf die Strassen zu tragen.

Wir alle wissen: Immer wieder werden Frauen – weil sie Frauen sind oder als Frauen gelesen werden – in der Schweiz getötet von ihren Ehemännern, Partnern, Exfreunden, Brüdern oder Söhnen.

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Imitieren! Sofort!

sah. Kunst ist eine todernste Sache… und nur Erwachsene können das? Nein! Spass muss es machen und keine:r ist zu klein, um dabei zu sein. Alles beginnt mit Inspiration und Nachahmung und mündet in Ideenvielfalt und eigene Projekte.

Da spricht mir jemand aus dem Herzen mit der Aussage: «Für Kunst ist es nie zu früh». Heute laufen entsprechende Bücher für Kinder eher unter dem Motto: «Lieber später oder nie».

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«Wir stehen vor einer schwierigen Zeit»

Melanie Wirz. Südafrika hat gewählt. Erstmals seit den Wahlen vor 30 Jahren, als Nelson Mandela Präsident wurde, verlor der African National Congress die absolute Mehrheit im Parlament. Was bedeutet dies für die Arbeiter:innen? Ein Gespräch mit Ighsaan Schroeder, Leiter der Gewerkschaft Casual Workers Advice Office.

Die Wahlergebnisse von Ende Mai in Südafrika sind schnell zusammengefasst: die geringste Wahlbeteiligung seit 1994 und historisch tiefe 40 Prozent der Stimmen für die Mandela-Partei African National Congress (ANC). Die Folge davon ist, dass

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