Höhere Löhne jetzt!
Redaktion. Über 15’000 Arbeiter:innen aus der ganzen Schweiz gingen in Bern unter dem Motto «Höchste Zeit für höhere Löhne» auf die Strasse. Ihre Forderung ist klar: Die Reallöhne müssen 2025 wieder steigen.
Arbeiter:innen aus allen Branchen und Landesteilen demonstrierten am 21.September in Bern auf dem Bundesplatz für höhere Löhne. Die Situation ist ernst. Seit 2021 sinken in der Schweiz die Reallöhne. Das gab es seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie. Gleichzeitig wird alles teurer: Lebensmittelpreise, Energie, Mieten, Krankenkassenprämien. Die Arbeiter:innen können sich mit ihrem Lohn immer weniger leisten. Personen und Familien mit tiefen und mittleren Einkommen trifft das besonders hart.
Klarer Handlungsbedarf
Ob Maler:innen oder Mitarbeitende bei Post und Bahn, ob Pflegefachkräfte oder Bauarbeiter:innen: Verschiedene Beispiele von Berufsleuten aus unterschied-lichen Berufen und Branchen zeigen den grossen Handlungsbedarf. «Wir sind heute hier, um erneut klarzumachen, dass unser Service public systemrelevant ist. Es fehlt nicht zuletzt an Wertschätzung uns gegenüber, deshalb sind gute Arbeitsbedingungen und entsprechende Löhne ein Muss – gerade in Zeiten ungebremster Teuerungen und Prämienexplosionen.», so Beat Haldimann, Paketbote bei der Schweizerischen Post und Syndicom-Gewerkschafter. Friederike Flückiger, seit 30 Jahren Pflegefachfrau in der Intensivpflege und VPOD-Gewerkschafterin, forderte, dass die mit der Pflegeinitiative geforderten Verbesserungen in der Pflege rasch realisiert werden. Denn gerade in sogenannten Frauenberufen ist die Lohnsituation trotz guter Ausbildung ungenügend: «Alle Statistiken zeigen es: Arbeiten im Gesundheitswesen bedeutet harte Arbeit für zu niedrige Löhne. Diplomierte Pflegefachpersonen verdienen viel weniger als andere Berufsgruppen mit demselben Ausbildungsniveau!»
Auch die beiden Malerinnen Yelines Hofer und Nina Zingg lieben ihren Beruf und sprachen auf der Kundgebung Klartext. Unia-Kollegin Yelines Hofer erklärt: «Unser Beruf ist anstrengend: Manchmal stehe ich tagelang bei Wind und Kälte auf einem Gerüst. Manchmal stehe ich im Hochsommer in einem Zimmer mit 40 Grad, weil darin gleichzeitig die Bodenheizung läuft, damit alles schneller trocken wird. Aber unsere Löhne, die sind tief.» Ihre Kollegin Nina Zingg ergänzt: «Vor allem bei Kolleg:innen mit Familie reicht der Lohn vorn und hinten nicht mehr. Darum bolzen viele von ihnen möglichst viele Überstunden. Dafür sehen sie ihre Familien kaum noch und das dauernde Krampfen schadet der Gesundheit.»
Als Vertreter der jungen Generation macht der SBB-Kundenbegleiter und Vertreter der Gewerkschaft SEV, Jordi D’Alessandro, auf die Situation der Jungen und die Notwendigkeit von Lohnerhöhungen aufmerksam. Er ruft die Jungen dazu auf, sich für ihre Rechte und bessere Löhne einzusetzen: «Wir, die jungen Arbeitnehmer:innen, müssen Stellung beziehen. Es sind nicht nur unsere Renten, die in Gefahr sind, sondern auch unsere Löhne und Arbeitsbedingungen. Man verspricht uns eine Zukunft, aber man verweigert uns eine würdige Gegenwart. Alle reden von Chancen, aber man zwingt uns Opfer auf.»
Am Geld fehlt es nicht
Die ernste Lage der Arbeiter:innen in der Schweiz brachte auch der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes Pierre-Yves Maillard auf den Punkt: «Alles ist teurer geworden. Die Arbeitnehmenden haben heute weniger im Portemonnaie als vor fünf Jahren. Obwohl es der Wirtschaft gut geht. Ohne Anpassung der Löhne an die Inflation verarmt die Bevölkerung. Diese Politik hat keine Zukunft. Deshalb müssen die Löhne endlich wieder steigen.»
Während die unteren und mittleren Löhne real sinken, kassieren die Aktionär:innen gleichzeitig Jahr für Jahr immer höhere Milliardensummen an Dividenden und aus Aktienrückkäufen. Die Lohnschere hat sich weiter geöffnet. Bei den Firmen ist mehr als genug Geld vorhanden. Die öffentlich angekündigte Weigerung der Unternehmer:innen, die Teuerung vollständig auszuglei-chen und die Löhne deutlich zu erhöhen, ist eine Frechheit. Vania Alleva, Präsidentin der Gewerkschaft Unia sprach Klartext: «So geht das nicht! Wir erwarten bei den Lohnverhandlungen im Herbst substanzielle und generelle Lohnerhöhungen. Mit Peanuts geben wir uns nicht zufrieden! Es ist dringend notwendig und für viele Menschen schlichtweg lebenswichtig, dass die Löhne real steigen. Dazu braucht es den vollen Ausgleich der letzten drei Jahre. Darum fordert die Unia Lohnerhöhungen im Bereich von fünf Prozent.»
Ein Mindestlohn muss her
Der Teuerungsausgleich ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, denn ohne diesen bekommen die Arbeiter:innen für die gleiche Arbeit immer weniger Lohn. Der automatische Teuerungsausgleich gehört darum in alle Gesamtarbeitsverträge. Gleichzeitig braucht es gute Mindestlöhne. Dafür setzte sich die Präsidentin der Gewerkschaft Syna Yvonne Feri ein: «Wir verlangen anständige Mindestlöhne für ausgebildete Berufsleute, die auch zum Leben reichen.» Darum setzen sich die Gewerkschaften dafür ein, dass es keine Löhne mehr unter 4500?Franken gibt und alle mit einem Berufsabschluss mindestens 5000 Franken verdienen.