Auf zum historischen GAV
sit. Die Gewerkschaft VPOD ruft dazu auf, sich am Prozess für einen Gesamtarbeitsvertrag für die Stadtzürcher Kitas zu beteiligen. Es geht auch darum, Forderungen des feministischen Streiks umzusetzen.
«Hallo historisch», dann folgt ein sogenanntes Emoji einer Baby-Rassel. So beginnt die WhatsApp-Nachricht, die aufruft, an der ersten Versammlung für einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für die Stadtzürcher Kitas teilzunehmen. Dann ist zu lesen: «Wir wollen, dass er (der GAV) bahnbrechend wird und die Arbeitsbedingungen der Kitas nachhaltig verbessert.» Dies gehe aber nur, wenn «möglichst viele Kita-Mitarbeitende am Prozess mitbeteiligen.» Unten dann der Link auf die Seite der Gewerkschaft VPOD, die zum Treffen aufruft.
Das Ziel
Die Verhandlungen beginnen im Frühling. «Historisch» ist sicherlich ein grosses Wort für das Vorhaben. Aber so ganz überrissen, ist es nicht. In der Kinderbetreuung gibt es in der Deutschschweiz noch keinen Gesamtarbeitsvertrag. Die privaten Trägerorganisationen oder Vereine entscheiden heute einseitig über die Anstellungsbedingungen. «Darum sehen diese von Ort zu Ort und von Einrichtung zu Einrichtung unterschiedlich aus. Das muss sich ändern!», hält der VPOD auf seiner Webseite fest. Und was bei den GAV-Verhandlungen eines der wichtigen Ziele sein wird, verschweigt die Gewerkschaft nicht: «Die Romandie zeigt, wie es geht: dort gibt es Gesamtarbeitsverträge in den Kantonen Waadt und Genf. Alle Anbieter in diesen Kantonen müssen die vereinbarten Anstellungsbedingungen einhalten», ist im VPOD-Dossier «Feministisch streiken in Hort und Kita» zu lesen.
Zwar steige die Nachfrage nach familienergänzender Kinderbetreuung in der Schweiz seit einigen Jahren kontinuierlich an. Und auch die Ausbildung zur Fachperson Betreuung ist äusserst beliebt: 2022 lag sie bei den zehn meistgewählten Berufen an vierter Stelle. In den letzten Jahren seien erfreulicherweise zahlreiche neue Betreuungsplätze geschaffen worden. Doch was nach einer Erfolgsgeschichte tönt, sei «in Wahrheit eine verpasste Chance», hält der VPOD in seinem lesenswerten Dossier fest. Denn: «Immer mehr Personal kehrt dem Beruf nach kurzer Zeit den Rücken.». Die Gründe dafür seien zahlreich: «Zu den wichtigsten zählen die schlechten Arbeitsbedingungen und die ungenügende Finanzierung. Die Leidtragenden sind wie so oft das Personal, aber auch die Kinder, die nicht von einer qualitativ hochstehenden frühen Förderung profitieren können.»
Feministische Grundlage
Auch erfährt man, dass «die Löhne in der Kinderbetreuung mit hohem Frauenanteil sind mit Blick auf Berufe mit vergleichbarer Ausbildung und psychosozialer Belastung und hohem Männeranteil zu tief». Dies, obwohl es sich um eine anspruchsvolle und verantwortungsvolle Arbeit handele, die «eine qualifizierte Ausbildung, Fachwissen und stetige Weiterbildung verlangt». Ursachen seien neben der fehlenden Wertschätzung für typische «Frauenberufe» die fehlende Bereitschaft der Politik und der öffentlichen Hand, die Kinderbetreuung angemessen zu finanzieren – wie wahr.
Der Arbeitgeberverband Kinderbetreuung Schweiz (Kibesuisse) empfiehlt für Mitarbeitende mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) als Fachperson Betreuung Einstiegslöhne von 4000 bis 4200 Franken. Sie liegen damit unter der Tieflohnschwelle, die 2022 bei rund 4400 Franken lag. «Zudem handelt es sich lediglich um Lohnempfehlungen. Die tatsächlichen Löhne in der Branche, insbesondere in der Deutschschweiz, dürften noch um einiges tiefer liegen», hält das Dossier «Feministisch streiken in Hort und Kita» weiter fest.
Dieses Dokument kann als Grundlage für den bevorstehenden Kampf verstanden werden. So wird der VPOD versuchen, einige der Forderungen des feministischen Streiks umzusetzen – die VPOD-Mitglieder können stolz auf ihre Gewerkschaft sein.
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