In den Diensten der Banken

lmt. Am 18.November verurteilte das Zürcher Obergericht neun Klimaaktivist*innen. Diese hatten 2019 den Eingang zur Credit Suisse in Zürich blockiert. Der erneute Schuldspruch ist ein Armutszeugnis der Schweiz, welche lieber die Finanzriesen und ihre Profite schützt, als sich der Klimakrise zu stellen.

Erneut schuldig – so das Urteil. Das Zürcher Obergericht verurteilte am Freitag, 18.November neun Klimaaktivist*innen zu bedingten Geldstrafen und die Übernahme der Prozesskosten wegen Nötigung und Hausfriedensbruch. Ein harter Schlag ins Gesicht. Denn damit bestätigt das Zürcher Obergericht nicht nur das im Mai 2021 gefällte Urteil des Bezirksgerichts Zürich, sondern verschärft gar die Geldstrafen. Die Verteidiger*innen der Angeklagten meinten zum Entscheid: «Das mutlose Urteil, welches sogar noch schwerer ausfällt als das der ersten Instanz, ignoriert sowohl die Dringlichkeit und Unmittelbarkeit der Klimakrise wie auch verschiedene Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte.» Aber es geht um mehr. Mit diesen beiden Urteilen stellt sich die Justiz auf die Seite der Finanzriesen und kriminalisiert friedliche Proteste. Eine Repression, die so nicht stehen gelassen werden kann.

Unter einer Decke
Doch spulen wir zurück zum Anfang. Am frühen Morgen des 8.Juli 2019 blockierten Hunderte Menschen die Zugänge zum Hauptsitz der Credit Suisse (CS) am Zürcher Paradeplatz und zum Hauptsitz der UBS in der Basler Aeschenvorstadt. Vorgesehen war eine zweitägige Blockade. Aber bereits nach wenigen Stunden platzten der UBS und der CS der Kragen und sie liessen ihre Macht spielen. Die zwei Grossbanken beantragten die Räumung und erstatteten Anzeige.
Kurz darauf folgte sowohl in Basel als auch in Zürich ein immenses Polizeiaufgebot. «Während der Räumung nahm die Polizei rund 100 Aktivist*innen für bis zu 48 Stunden fest», berichtet Climate Justice auf ihrer Webseite. Mehr noch: «Die Staatsanwaltschaft ordnete Hunderte Anhörungen, DNA-Proben, hohe Geld- sowie Haftstrafen (auf Bewährung) und Landesverweise von bis zu drei Jahren für Aktivist*innen ohne Schweizer Pass an.» Von den festgenommenen Aktivist*innen haben ein gutes Dutzend Einsprache gegen die Vorwürfe der (versuchten) Nötigung und des Hausfriedensbruchs erhoben. Neun von ihnen standen drauf im Mai 2021 vor dem Zürcher Bezirksgericht, welche sie für schuldig sprach. Daraufhin zogen die Aktivist*innen das Urteil weiter zur nächsten Instanz, das Zürcher Obergericht. Und auch dieses entschied sich, die Grossbanken und ihre umweltzerstörenden Profitinteressen zu schützen.

Menschenrechte verwehrt
Die Räumung des Protestes steht im internationalen rechtlichen Kontext auf wackligem Boden. Unmissverständlich wurde die Rechtslage im Plädoyer der Verteidiger*innen offengelegt: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte machte in mehreren Urteilen klar, dass «gewaltlose Blockaden, welche etwa den Verkehr oder den alltäglichen Verlauf des Lebens behindern, von der Versammlungsfreiheit in Artikel 11 der europäischen Menschenrechtskonventionen (EMRK) geschützt sind». Weiter fallen Blockadeaktionen als Teil einer politischen Demonstration unter den Schutzbereich der Meinungsäusserungsfreiheit gestützt auf Artikel 10 der EMRK. Dieser Rechtslage zu Folge stellt die Blockade vor der CS in Zürich die Ausübung von Menschenrechten dar. Angesichts dieser Ausgangslage werfen die brutale Räumung der Blockade sowie die Verhaftungen und die Urteile der Zürcher Gerichte Fragen auf. Wurden hier die Menschenrechte der Klimaaktivist*innen beschnitten? Und wieso wurde bei der Rechtsprechung internationale Menschenrechte missachtet? Sonnenklar ist hingegen, dass die Schuldsprüche gegen die Klimaaktivist*innen das Ziel der Abschreckung verfolgen. Durch Repression soll verhindert werden, dass künftig solche legitimen Blockaden nicht mehr stattfinden. Dadurch und durch die wertvolle Unterstützung der Schweizer Justiz können Hauptakteur*innen der Klimaerwärmung wie die UBS und die CS sich aus der Verantwortung ziehen und ihre dreckigen, profitgenerierenden Geschäfte weiterführen. Ein Paradebeispiel der Klassenjustiz.

Unbeirrt weiter aufheizen
Rund 40 Prozent des weltweiten Kohlehandels wird über die Schweiz abgewickelt. Dabei kommt der CS eine entscheidende Rolle zu. Die zweitgrösste Bank der Eidgenossenschaft stellt mehr als die Hälfte der Schweizer Gelder für den Kohlemarkt zur Verfügung. Mit der UBS zusammen verursachen die zwei Grossbanken seit 2016 durch die Finanzierung der Kohle-, Öl- und Gasbranche mehr Treibhausgas, als die ganze Schweiz ausstosst. Um es in einer Grössenordnung einzufügen: Der Schweizer Finanzplatz verursacht mit seinen globalen Investitionen in fossile Brennstoffe das 20-fache der Schweizer Inlandsemissionen. Das Kollektiv Climate Justice schreibt auf ihrer Webseite dazu: «Er finanziert damit ein Klimaerwärmungsszenario von vier bis sechs Grad Celsius.»
Während die Schweizer Finanzriesen unbekümmert die Klimakrise für ihre Profite weiter vorantreiben können, werden jene kriminalisiert, die nach Gerechtigkeit schreien.

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