Widerstand gegen Nestlé

Elango Kanakasundaram. Der lokalen Bevölkerung in Vittel (Frankreich) wird die Lebensgrundlage entzogen. Ein ähnliches Schicksal erleiden die Menschen rund um die Welt. Dem global tätigen Konzern, der 10,5 Prozent des weltweiten Wassermarktes kontrolliert, muss zwingend ein globaler Widerstand entgegengesetzt werden – auch hier in der Schweiz.

Nestlés Flaschenwasser-Marke Vittel «erweckt die Vitalität in Ihnen», verspricht die Werbung des Schweizer Multi. Gleichzeitig wird jedoch ausgeblendet, dass der lokalen Bevölkerung in Vittel, in den Vogesen im Osten Frankreichs, aus deren Grundwasserquellen das Flaschenwasser stammt, die Lebensgrundlage entzogen wird. Denn der Wasserspiegel in dem Gebiet sinkt jährlich um 30 Zentimeter. Die Quelle droht zu versiegen.

Vom Kampf ums Wasser in Vittel
Nestlé verfügt in Vittel praktisch über ein Monopol auf eine Ressource, die niemandem gehören sollte, ausser der lokalen Bevölkerung, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. So lautet die Kritik vom Collectif Eau 88 (ein Zusammenschluss von Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen). Nestlé pumpt seit 1992 jedes Jahr 950000 Kubikmeter Wasser. Mittlerweile stellt sich heraus, dass spätestens 2050 die Quelle einen kritischen Stand erreichen wird.
Mit wachsender Kritik senkt Nestlé im Jahr 2017 den Wasserverbrauch auf 750000 Kubikmeter – Kritiker*innen relativieren diese Senkung, Nestlé habe bloss an einer anderen Stelle in der Region ihren Wasserverbrauch erhöht. Damit Nestlé auch in Zukunft Profit aus dem Vittel-Wasser schlagen kann, schlägt der Konzern vor, dass die lokale Bevölkerung mit einer Pipeline aus einer benachbarten Quelle mit Wasser versorgt werden soll. Mit einer Petition, Protestaktionen und Demonstrationen leistet die lokale Bevölkerung Widerstand gegen dieses Pipeline-Projekt.

… über den Widerstand in Ontario …
Auch in der kanadischen Provinz Ontario regt sich seit längerem Widerstand gegen Nestlés Bestrebungen, die Kontrolle über die Trinkwasserversorgung zu erlangen. Grund dafür ist die anhaltende Dürre in dieser Zone und die Tatsache, dass Nestlé weiterhin Millionen von Litern Trinkwasser zu Spottpreisen abbauen darf, obwohl dies der Strategie des nachhaltigen Wasserabbaus der Provinz widerspricht. Aufgrund der anhaltenden Proteste der Bevölkerung beschliesst die Lokalregierung ein Moratorium für die Erhöhung des Wasserabbaus für zwei Jahre, um diesen Industriezweig neu zu regulieren. Das Moratorium trat am 1. Januar 2017 in Kraft und wurde mittlerweile um ein weiteres Jahr verlängert. Das Moratorium vereitelt Nestlés Pläne, sich eine weitere Quelle anzueignen. Die Umweltorganisation Wellington Water Watchers setze sich seit 2007 gegen die Pumplizenzen für Nestlé im kanadischen Staat Ontario ein. Das Collectif Eau 88 lädt anlässlich einer Vernetzungsveranstaltung Mitglieder der Wellington Water Watchers nach Vittel ein. Auch dabei ist Franklin Frederick, der seit Jahrzehnten die Wasserentnahme durch den Schweizer Multi in Brasilien kritisiert. Er engagierte sich im Kampf gegen Nestlé um die Wasserreserven im brasilianischen São Lourenço.

… und der Besetzung des Nestlé-Sitzes in São Lourenço …
Im März 2018 besetzen 600 Frauen* der Landlosenbewegung MST (Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra) den Hauptsitz von Nestlé im brasilianischen São Lourenço und protestierten gegen die Privatisierung von Wasser. Der Sitz befindet sich seit 1994 in der Stadt. Damals kaufte Nestlé die Quellen und den Wasserpark São Lourenço. Seit 1997 wehrt sich die lokale Bevölkerung gegen die Ausbeutung des Quellwassers. Aufgrund der Aktivitäten von Nestlé hat ein Rückgang der Strömung stattgefunden und die Zusammensetzung des Wassers hat sich verändert. Trotz Kritik vermarktet Nestlé das Wasser mit zwei verschiedenen Marken: São Lourenço und Pure Life. Zwischen 1999 und 2004 füllte Nestlé Pure Life gar ohne staatliche Lizenz ab, bis die damalige Regierung diese dem Konzern schenkte. Eine Zivilklage gegen Nestlé stellte allerdings fest, dass das Abpumpen nicht nur den Quellboden aufriss und die Magnesiumquelle austrocknete, sondern grundsätzlich illegal war. Nestlé hat zudem alle Mineralien mittels eines chemischen Prozesses aus dem Wasser entfernt, um dann ein Mineralsalz hinzuzufügen, von welchem Nestlé ein Patent besitzt. Nach offiziellen Angaben werden pro Jahr 19 Millionen Liter Wasser abgefüllt.

… zum «blutigen Wasser» an der Nestlé-GV in Lausanne
MultiWatch verteilte an der Generalversammlung von Nestlé vom 12. April 2018 «blutiges Wasser» an die Aktionär*innen und solidarisiert sich mit den Besetzerinnen* des Nestlé-Hauptsitzes in São Lourenço. Ausserdem kritisieren wir, dass Entwicklungsgelder in Millionenhöhe an die umstrittene Water Resources Group geflossen sind. Mit der öffentlich-privaten Plattform Water Resources Group bezweckt Nestlé ihre Rolle im Wassersektor positiv darzustellen und sich insbesondere im globalen Süden den Zugang zum Wasser zu sichern. Des Weiteren organisierte MultiWatch im Oktober 2018 ein Forum gegen Water Grabbing unter dem Titel «Wasser ist ein Recht, kein Geschäft!». Am Forum fand ein Podium mit DEZA-Vertretung statt, an dem die Unterstützung der Water Resources Group problematisiert wird. Viel wichtiger war jedoch die internationale Vernetzung mit Wasseraktivist*innen. Aus dem Forum ist auch eine MultiWatch Arbeitsgruppe zur Flaschenwasserindustrie entstanden, die anfangs 2019 ihre Sensibilisierungskampagne «Lasst die Flaschenwasserindustrie hängen!» lanciert hat. In einem nächsten Schritt wollen wir den vernetzten Widerstand fördern. Auch kleinere Aktionen gegen Nestlé an einem Ort gewinnen an Intensität, wenn sie an verschiedenen Orten der Welt gespiegelt werden. Gerade in der Schweiz ist der Widerstand gegen den Konzern und die Solidarität mit den Betroffenen der Nestlé-Wasserpolitik enorm wichtig, unter anderem weil Nestlé hier mit ihrer Greenwashing-Strategie enorm fortgeschritten ist. Wie sonst kann man sich erklären, dass Nestlé von Entwicklungsgeldern profitiert?

Weitere Infos:
www.multiwatch.ch
www.flaschenwasser.ch
www.no-water-grabbing.ch

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Ein Kommentar

  • Adam Schmitt

    Auch Lidl-Saskia oder Coca-Cola-Vio sind Große Wasserräuber. In der Biosphäre Bliesgau bei Saarbrücken beginnt gerade der Kampf mit Lidl-Saskia. Mengen bisher ca 450.000 m3 pro Jahr, Mengenziel mindestens 650.000 m3 pro Jahr im Buntsandstein aus 250 m. Es grüßt Nestlé-Vittel.

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