Krampfen bis zum Kollaps?

Grosse Hitze bedeutet auch Gefahr für die Gesundheit der Bauleute. Bild: Unia.ch

flo. Mit den aktuellen Hitzewellen drängt die Frage des Gesundheitsschutzes wieder verstärkt ins Bewusstsein. Ohne bindende Regeln, die das Einstellen der Arbeit ab gewissen Temperaturen vorsehen, werden noch mehr Menschen für die Lohnarbeit ihre Gesundheit ruinieren.

Während es viele auf der Suche nach Abkühlung an die Seen und Flüsse zieht und andere versuchen sich in Büros oder an Verkaufskassen die Hitze mit Ventilatoren und derlei vom Leib zu halten, müssen auch dieser Tage Zehntausende Bauleute in der Gluthitze krampfen.
Dabei macht ihre Arbeitsumgebung den Bauar-beiter*innen den Arbeitsalltag noch lebensfeindlicher. Während Temperaturen wie bei der Hitzewelle Ende Juli für viele Kranke, Alte und Schwache rasch zur lebensgefährlichen Bedrohung werden kann (in Portugal und Spanien sind an den Folgen der Hitze von bis zu 45 Grad etwa 2000 Personen verstorben), sorgen Asphalt, Stahlträger, Dachsteine und so weiter dafür, dass die Temperaturen, denen Bauleute ausgesetzt sind, oft noch viel höher sind. Für Strassenbauarbeiter*innen ist Schatten rar. Der Asphalt, mit dem sie die Strassen decken, wird bei 160 Grad Celsius angemischt und hat immer noch 150, wenn er verlegt wird. Und auch der fertig ausgehärtete Asphalt ist eine Gefahr: Bei 30 Grad Lufttemperatur kann er sich auf bis zu 60 Grad aufheizen, bei 40° Grad Lufttemperatur sind es bis zu 80 Grad! » Weiterlesen

Konkrete Katastrophe

5466 Tote. Das ist die traurige Bilanz der Hitzewelle bis Redaktionsschluss, die seit Juni in Europa herrscht. Die Opfer teilen sich grösstenteils zwischen Spanien, Deutschland und Portugal auf. In Ostafrika grassiert die schlimmste Dürre seit 40 Jahren.

In Staaten wie Somalia, Äthiopien und Kenia besteht die Gefahr, dass Millionen von Menschen zusätzlich in die Unterernährung abrutschen. Aktuell sind 13 Millionen akut vom Hunger bedroht. In Somalia sind wegen der Dürre bereits 700000 Menschen auf der Flucht.

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Rote Kulturtage in Zürich

Ein Wochenende lang Musik, Lesungen, Film und Theater. Die Roten Kulturtage vom 6. und 7.August im Zürcher Volkshaus bieten professionellen und unprofessionellen Künstler*innen einen Raum, das zu zeigen, worauf sie Lust haben.

Doch warum die Rote Kulturtage? Die Schweiz kannte Ende 1930 eine blühende Gewerkschaftskultur. Es gab Chöre, Musikclubs und mehrere Arbeiter*innentheater, in denen Arbeiter*innen und professionelle Künstler*innen für Arbeiter*innen spielten. Sie orientierten sich an verschiedenen formalen Strömungen – am epischen Theater von Brecht, am experimentellen, maschinisierten Theater der sowjetischen Konstruktivist*innen, am Agit-Prop Theater und am traditionellen Volkstheater und Cabaret. Heutzutage besteht die Gewerkschaftsbewegung weiterhin, aber die kulturelle Arbeit wurde mehrheitlich aufgegeben.

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Der Kleisterprozess

R.J. Am 18. und 19.August findet in Basel der Prozess gegen sechs Personen statt, die am 9.Januar 2021 verhaftet wurden. Ihnen wird vorgeworfen, Plakate des Revolutionären Jugendbündnisses in Winterthur angebracht zu haben. Es drohen hohe Strafen. Ein Gespräch mit den 22-jährigen Oli, Mitglied der Soli-Gruppe, die sich um den Kleisterprozess gebildet hat.

Was war der Inhalt der Kampagne, zu der die Plakate gekleistert wurden?
Die Situation, in der wir alle seit knapp einem Jahr lebten, sprich die Erfahrung einer kapitalistischen Krisenverwaltung. Eine Krisenverwaltung, die nicht primär zum Ziel hat, uns zu schützen, die vulnerablen Menschen zu schützen, sondern das kapitalistische System am Leben zu erhalten. Menschen wurden geschützt, damit deren Arbeitskraft langfristig weiter ausgeschöpft werden kann und die bestehen Verhältnisse erhalten bleiben. Es ging darum, zu schauen, dass die Spitäler nicht überlastet werden, was sowieso nur passieren kann, weil bereits vor dieser Pandemie an jeder Ecke des Gesundheitswesens gespart worden ist. Das heisst, ein ohnehin perfides System wird weiter durch perfide Massnahmen erhalten.

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Schuss vor den Bug

Wird aus dem Fragezeichen bald ein Ausrufezeichen? Bild: VPOD

flo. Schlechte Arbeitsbedingungen, grosser Stress – die Angestellten bei Swissport müssen einiges ertragen. Dass beim Bodenabfertigungsunternehmen nun die Forderungen des Personals schnoddrig abgewiesen werden, könnte zu einem Streik führen.

«Nicht finanzierbar» seien die Forderungen der Arbeiter*innen des Bodenabfertigungsunternehmens Swissport. Der Grund für die Absage an die Arbeiter*innen sei laut Swissport die Entwicklungen in der modernen Luftfahrt. Und an der Misere sind natürlich alle anderen schuld, einfach nicht die Swissport-Führung. So erklärt Swissport-CEO Warwick Brady, dass für das Chaos auf den Flughäfen während der Hauptreisezeit vor allen Dingen die Regierungen die Verantwortung tragen. Diese hätten mit «erfundenen politischen Wissenschaften» der Branche geschadet. So hätte sich die Ausbreitung neuer Covid-Varianten nur um einige Wochen verzögert.

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Unrecht und Widerstand

Von Hamburg im Norden, über Winterthur in der Mitte, bis hin zu Riace in Kalabrien im Süden, die Repression gegen Menschen, die sich für Solidarität und Humanität einsetzen, zieht sich wie ein roter Faden durch den europäischen Kontinent.

In Hamburg laufen immer noch Prozesse gegen Aktivist*innen, die vor fünf Jahren gegen das G20-Gipfeltreffen der Mächtigen protestierten. Es kam bereits zu über 450 Verurteilungen, während die massive Polizeigewalt unter den Teppich gekehrt wird (siehe Seite 6). In Winterthur wurden im Januar 2021 sechs Jugendliche verhaftet, weil sie antikapitalistische Plakate kleisterten. Ihnen wird Mitte August der Prozess gemacht. Antrag der Staatsanwaltschaft: bedingt ein Jahr Haft mit einer Bewährung von zwei Jahren. Ja, richtig gelesen, bedingte Haftstrafe von einem Jahr, weil Plakate angebracht wurden (siehe Seite 2). Krass.

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Ringen um Lösungen

Alte Kostenstrukturen werden integrativem Unterricht nicht gerecht. Bild:Kenny Eliason.

Lea Faeh. Der Mangel an Lehrer*innen ist in der Schweiz so gross wie noch nie. Der Zürcher Lehrer*innenverband fordert rasches Handeln. Auch die Bildungsdirektion will das Problem Lehrkräftemangel so schnell wie möglich loswerden. Doch bei der Lösungsfindung gehen die Meinungen auseinander.

Seit Jahren fehlen in Schweizer Schulen auf allen Stufen Fachkräfte. Jetzt hat der Mangel an Lehrer*in-nen einen neuen Höchststand erreicht. Von allein wird sich das Problem nicht lösen. Im Gegenteil: Die Generation Baby-Boomer geht scharenweise in Pension. Gleichzeitig prognostizieren die Statistiken Höchstwerte an neuen Schüler*innen. Für den Kanton Zürich braucht es bis 2030 über 1000 neue Klassen.

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Stoppt den Teufelskreis

Asja Valenti. Bild: zVg.

Lea Faeh. Ein Viertel der Studienabgänger*innen hängt innerhalb von fünf Jahren nach Berufseinstieg den Lehrberuf wieder an den Nagel. Der vorwärts fragte Studentin Asja Valenti, was sich ändern muss.

Für Junglehrer*innen sind die ersten Jahre besonders anspruchsvoll. Die Arbeitstage sind lang und emotional herausfordernd. «Mein Entscheid, Teilzeit zu arbeiten, ist ein reiner Schutzmechanismus, um die psychische Belastung besser zu kontrollieren. Das geht nur durch effektiv physische Abgrenzung vom täglichen Schulgeschehen», erklärt Asja Valenti, die an der Pädagogischen Hochschule Zürich studiert und bald Sekundarlehrerin wird, im Gespräch mit dem vorwärts. Aus ihrer eigenen Erfahrung in Quartalspraktiken und Gesprächen mit Kolleg*innen weiss sie, dass Lehrpersonen etwa 20 Prozent (siehe auch Artikel oben) mehr arbeiten als ihr vereinbartes Pensum. Administration sowie Vor- und Nachbereitung des Unterrichts nehmen viel mehr Zeit in Anspruch als kalkuliert. Ein Vollzeitpensum kommt so der Arbeit von mindestens 120 Prozent gleich.

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Zwischen den Grossmächten

Führt die gute, alte Partnerschaft bald zum Nato-Eintritt der Schweiz? Bild: Twitter-Account der Nato

Dominic Iten. In Zeiten geopolitischer Umbrüche und allseitiger Aufrüstung wird es für kleinere und vermeintlich neutrale Staaten wie die Schweiz schwieriger, zwischen den imperialen Blöcken hin und her zu lavieren. Nur eine radikale Friedenspolitik kann die Antwort auf die fortschreitende Blockbildung sein.

Die Beschlüsse des Nato-Gipfels in Madrid sind eindeutig. Erstens: Massive Aufstockung der Gelder und Truppen, in erster Linie an der Ostflanke. Zweitens: Deklarierung Russlands als «bedeutendste und direkteste Bedrohung» und Chinas als «Herausforderung unserer Sicherheit, Interessen und Werte». Drittens: Breite Zustimmung zum Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens. Die Aufrüstung ist beschlossen, der Feind ist markiert.
Fast zeitgleich kündigt Putin am kaspischen Gipfel an, innerhalb der nächsten Monate atomwaffenfähige Raketen ins benachbarte Belarus liefern zu wollen. Der russische Vizeaussenminister Sergej Rjabkow warnt vor einer weiteren Destabilisierung der geopolitischen Lage durch die Nato-Norderweiterung und Joe Bidens Absicht, Europa zu «natoisieren».

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Ausdauerprobe für die Solidaritätsarbeit

Solidaritätskundgebung in Hamburg für die Angeklagten der G20-Proteste. Bild: zVg

Gaston Kirsche. Die Repression gegen Aktivist*innen bei den Protesten am G20-Gipfel vom Juli 2017 in Hamburg hält weiterhin an. Gegen die Polizeigewalt wurde hingegen kaum ermittelt. Ein Interview mit Kim König von der Ortsgruppe Hamburg der Roten Hilfe zum Stand der Prozesse fünf Jahre nach den Vorfällen.

Wie viele Verurteilungen gab es?
Das kommt darauf an, wie man zählt. Allein für vermeintliche Straftaten während des G20-Gipfels gibt es bis jetzt 464 Verurteilungen. Darunter sind 238 Geldstrafen und 65 Jugendstrafen. In 172 Fällen wurden Freiheitsstrafen verhängt.

Und Freisprüche?
In 21 Fällen wurden die Angeklagten freigesprochen. Zudem wurden von den insgesamt knapp 1500 Fällen, die die Staatanwaltschaft verfolgte, über 400 eingestellt, da die Staatsanwaltschaft nicht an eine Verurteilung glaubte. 50 weitere Fälle wurden wegen so genannter Geringfügigkeit eingestellt. Das steht für uns sinnbildlich für die Repression nach dem G20-Gipfel. Von der medial und politisch hochgekochten Verfolgung der G0-Proteste ist nicht viel übriggeblieben. Getrieben von der Politik griffen die Gerichte zu drastischen Urteilen, die andere Menschen von politischen Protesten abhalten sollten. Fünf Jahre nach dem Gipfel zeigt sich, dass selbst die Justiz den anfänglichen Ermittlungs- und Repressionseifer nicht mehr rechtfertigen kann.

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Freiheit für Mimmo!

Domenico (Mimmo) Lucano. Bild: zVg

sit. 13 Jahre Haft wegen Menschlichkeit. Der Fall von Domenico Lucano, der als Bürgermeister von Riace Migrant*innen willkommen hiess und so seine ausgestorbene Kleinstadt in Süditalien wieder aufblühen liess, geht in Berufung. Eine Petition fordert seine Freilassung.

«Wenn es ein Verbrechen ist, Menschen in Not zu helfen, dann bin ich schuldig». So die Worte von Domenico Lucano, Ex-Bürgermeister von Riace, einer kleinen Stadt mit knapp 2000 Einwohner*innen in der süditalienischen Region Kalabrien. Im September 2021 verurteilte ihn der italienische Staat genau deswegen zu 13 Jahre Haft, offiziell wegen angeblicher Hilfe und Unterstützung «illegaler Migration». Sein Anwalt legte Berufung ein. Die Verhandlungen stehen an. Es ist die letzte Möglichkeit, die zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit, diese massive Repression gegen eine Person, die sich für Menschenrechte und mehr einsetzte, zu stoppen.

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Briefe aus dem Knast

Ingrid Schubert im Jahr 1970. Sieben Jahre später wurde sie tot in der Zelle gefunden. Die Umstände, die zum Tod führten, sind heute noch unklar. Bild: zVg.

Peter Nowak. Grosse Teile der Linken hörten den Namen von Ingrid Schubert nie. Dabei war sie in den 1970er-Jahren sehr bekannt. Sie gehörte zu den ersten Mitgliedern der Rote Armee Fraktion (RAF), die verhaftet wurden, am 8.Oktober 1970 gemeinsam mit Horst Mahler, Brigitte Asdonk und Irene Goergens.

Schubert, die wegen Beteiligung an der Befreiung von Andreas Baader zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden war, verliess das Gefängnis nicht mehr lebend. Am 12. November 1977 wurde sie in ihrer Zelle in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim in München tot aufgefunden, angeblich erhängt. Doch wie bei den wenige Wochen zuvor am 18. Oktober 1977 in Stuttgart-Stammheim gestorbenen RAF-Gründungsmitgliedern Andreas Baader, Jan Carl Raspe und Gudrun Ensslin blieben auch beim Tod von Schubert viele Fragen offen. Doch anders als die drei in Stammheim gestorbenen RAF-Leute ist Ingrid Schubert heute auch in linken Kreisen kaum bekannt.

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Nutze die Zeit

Angela Davis kurz nach dem Freispruch am 4.Juni 1972. Bild: zVg

Marco Medici. Die US-amerikanische Aktivistin Angela Davis ist für ihre politischen Kämpfe rund um den Globus bekannt. Sie war und ist heute aber auch Inspiration für Kunstschaffende. Dies beweist die reich bebilderte und dokumentierte Biografie mit dem Titel «Seize The Time».

Wenn die weibliche Ikone der Black Panther-Bewegung in einem Kunstbuch-Verlag erscheint, in einer Reihe steht mit «Ernst Ludwig Kirchner», «Raffael und die Madonna» und «Andy Warhol» usw. usw. – dann ist man erst einmal erstaunt. Schnell wird jedoch beim ersten Durchblättern der Davis-Biografie «Seize The Time« (Nutze die Zeit) klar, dass Angela Davis als Aktivistin und Kämpferin nicht nur politisch elektrisierte, sondern auch Inspiration für Kreative jeglicher Richtung war. Deren Plakate, Comics, Fotografien und Zeichnungen illustrieren das Leben und Wirken von Angela Davis genauso wie gut dokumentierte Schriften, Briefe und Zeitungsartikel.

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«Wir leisten Widerstand»

Vor dem Gerichtsgebäude in Guatemala-Stadt demonstrieren indigene Gemeinden gegen die Kriminalisierung von Menschenrechtsaktivistinnen*. Bild: Andreas Boueke

Andreas Boueke. Begegnungen vor dem Gerichtsgebäude in Guatemala-Stadt mit einem Feldwebel und einer Menschenrechtsanwältin: Er spricht vom angeblichen «marxistischen Terror», sie von der Realtiät im Lande.

Der Lärm von Trillerpfeifen, Blechtrommeln und wütenden weiblichen Stimmen aus Lautsprechern hallt durch eine Strasse neben dem Gebäudekomplex des höchsten Gerichts in Guatemala-Stadt. Junge und alte Frauen* stehen vereint hinter dem Motto: «Nein zur systematischen Kriminalisierung von Frauen!» Bäuerinnen* in indigenen Mayatrachten und Student-innen* in Shorts demonstrieren gemeinsam gegen die Inhaftierung von Menschenrechtsaktivistinnen*.

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