Viele Dimensionen der Krise

Einen der besten Gründe liefert der Artikel des deutschen Politikwissenschaftler Elmar Altvater. Es genügt jedoch nicht, die Artikel einfach nur zu lesen. Vielmehr muss man sich intensiv mit ihnen beschäftigen und auseinandersetzen, ganz besonders wenn es darum geht, den komplexen Sachverhalt und die verschiedenen Herangehensweisen voll und ganz zu erfassen. An dieser Stelle ist es angebracht, die von Werner Vontobel angeführte fernöstliche Disziplin des Übens zu erwähnen. Auch der Verfasser dieser Rezension musste einige Male über die Bücher gehen. Denn dieses Mal konfrontierte der Widerspruch ihn mit Themen, die zwar zu seinem Metier gehören, aber von ihm bisher schändlich vernachlässigt wurden. Aber gerade das macht den Widerspruch nicht nur zu einer Herausforderung, sondern auch zu einem guten Übungs- und Lehrstück. Ein Buch, das einen nicht geistig herausfordert, mag einfacher zu verdauen sein. Doch dürfte der Nutzen, den man daraus zieht, entsprechend gering sein. Die verschiedenen Perspektiven und Herangehensweisen der Autoren sorgen dafür, dass sich jedem Leser eine neue Sichtweise und neue Erkenntnisse eröffnen.

Grüner Daumen

Nur wer den postulierten Leitspruch «Weniger Staat, mehr Freiheit» unhinterfragt für bare Münze nahm, kann jetzt ernsthaft von der Rückkehr des Staates sprechen. Der Staat war und ist nach wie vor zur Durchsetzung und zum Erhalt des Neoliberalismus notwendig. Auch die strukturkonservativen Rettungspakete und Regulierungen bilden hier keine Ausnahme, zumal sie primär darauf abzielen, die bestehende grundlegende Gesellschaftsordnung zu erhalten. Es ging nie um den Staat als solches, wie die Transformation des Sozialstaates hin zu einem nationalen Wettbewerbsstaat belegt. Doch ist eine Rückkehr zum Sozialstaat, gestützt auf ein keynesianisches Wirtschaftsmodell überhaupt erstrebenswert? Selbst wenn es von einem «green new deal» flankiert würde, wäre das System nach wie vor auf ein permanentes Wachstum angewiesen. «Fast immer ist Grün im XXL-Format eine nicht besonders radikale Variante der herrschenden Politik. […] Am Ende des fossilen Zeitalters müssen wir die Frage aufwerfen, welche nicht-fossile Energie die fossilen Energieträger substituiert und welche Wandlungssysteme ihre Effizienz um den Faktor 10 erhöhen können.» so Elmar Altvater. Und weiter: «Wenn es keine Antwort gibt, wird es auch keine Möglichkeit geben, das Wachstum und den Wohlstand zu steigern und gleichzeitig den Ressourcenverbrauch und die Belastung der Schadstoffsenken zu verringern. Daher ist zu befürchten, dass das Wachstum im grünen Kapitalismus genauso materiell und daher nicht-nachhaltig ist wie in allen bisher realisierten Kapitalismen».

Zwar haben die Linken die verschiedenen Krisen erkannt, doch blieben sie weiterhin gedanklich von einander getrennt. Lösungsansätze zielen fast immer nur auf eine der Krisen ab, und das ungeachtet ihrer Interdependenz. Es ist zwingend notwendig die Finanzkrise mit der Klima-, der Nahrungs- und der unausweichlichen Rohstoffkrise gedanklich zu verbinden, um ganzheitliche Lösungen zu entwickeln. Ein «green new deal» oder eine Rückkehr zum Sozialstaat stellt indes keine Lösung dar. Doch könnte man damit einige Kampffelder und Handlungsspielräume zurückerobern, und die Kräfteverhältnisse nachhaltiger verändern.

Gründliche Analyse

Langfristig können sich Perspektiven nur dann eröffnen, wenn der Kapitalismus wieder als soziale Formation, und der Neoliberalismus sowie die von ihm geschaffenen Strukturen und Allianzen einer gründlicheren Analyse unterzogen werden. Den Neoliberalismus zuvorderst als wirtschaftspolitisches Modell zu betrachten, heisst zugleich die Transformation wesentlicher Bereiche der Gesellschaft zu ignorieren.

Dass es sich beim Neoliberalismus auch um ein hegemoniales Projekt handelt, welches selbst grosse Teile der Linken integrieren konnte, darf bei der Analyse nicht vergessen werden. Man erinnere sich nur an Schröders «Neue Mitte», oder Blairs «New Labour» um das Ausmass dieser Entwicklung, von der die Schweizer Sozialdemokratie nicht ausgenommen ist – vergleiche hierzu: Willy Spieler, «Zum Theoriedefizit der Sozialdemokratie» in Rote Revue Nr. 4/2009 – zu erkennen.

«Das hat sich an der Schwächung, ja der Auflösung des Klassenbewusstseins gezeigt, an der Anpassung an eine Ideologie der Eigenverantwortung und an der Konsenspolitik im Konkordanzsystem, welche der SVP ermöglicht hat, sich als einzige oppositionelle Kraft im Lande zu etablieren», so Hans Schäppi. Vor allem aber führte der Glaube an die Alternativlosigkeit des Systems zu einer gefährlichen Entpolitisierung der Bevölkerung. Dieser Zustand hat schwere Folgen für die Schweizer Linke, die eigentlich auf einen, wenn auch heimatlosen, latenten Antikapitalismus in breiten Teilen der Bevölkerung bauen könnte. Um dieses brachliegende Potential zu aktivieren, sind radikale Forderungen nötig, die in ihrer Summe die Utopie eine demokratischen und solidarischen Gesellschaft wieder realistisch erscheinen lassen.

Der Widerspruch bietet dafür genug Anregungen und Diskussionsgrundlagen. Wie Schäppi korrekt feststellt, ist «nicht nur eine Erneuerung, sondern ein eigentlicher Wiederaufbau der radikalen politischen Linken» dringend erforderlich. Eine schwierige aber nicht unmögliche Aufgabe, die sich über einen weiten Zeitraum erstrecken wird. Zu gross ist gegenwärtig der Vertrauensverlust der Linken innerhalb der Bevölkerung.

Aus dem vorwärts vom 19. Februar 3009

WIDERSPRUCH 57: Staat und Krise,  208 Seiten, Fr. 25.- / EUR 16.-,  im Buchhandel oder unter:

WIDERSPRUCH, Postfach, CH-8031 Zürich, vertrieb@widerspruch.ch

Massive Diskriminierung für Kosovaren

In der Schweiz leben 170 000 Menschen aus dem Kosovo. Viele von ihnen arbeiten im Baugewerbe und in anderen Berufen, wo das Risiko, sich bei der Arbeit schwer zu verletzen, besonders hoch ist. Ohne Verhandlungen und ohne Voranmeldung hat nun der Bundesrat beschlossen, das Sozialversicherungsabkommen mit dem Kosovo nicht mehr zu erneuern und es per 1. April 2010 auslaufen zu lassen.


Soziale Härte

Die Kündigung des Abkommens bedeutet, dass diese Arbeitnehmenden nur noch in der Schweiz eine IV-Rente beziehen können. Wer zum Beispiel infolge eines Arbeitsunfalles eine körperliche oder geistige Behinderung erleidet, verwirkt seinen Rentenanspruch, wenn er zu seiner Familie im Kosovo zurückkehrt. Als Nicht-EU-Bürger müssen Kosovaren aber auch damit rechnen, dass ihre Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz im Falle eines solchen Unfalls nicht erneuert wird, weil die Rente nicht für die Deckung der Lebenskosten in der Schweiz ausreicht. Sie müssten dann die Schweiz verlassen und könnten keine Rente mehr beziehen. Das Sozialversicherungsabkommen regelt auch die Auszahlung von Kinderzulagen für Kinder im Ausland. Kinderzulagen für Kinder, die im Kosovo leben, würden damit ebenfalls nicht mehr ausbezahlt.

Der Bundesrat hält hierzu fest, dass die Betroffenen ihre einbezahlten AHV-Beiträge bei Ausreise zurückverlangen können. Gemäss Hilmi Gashi von der Gewerkschaft Unia ist das kein ausreichender Ersatz: «Was kriegt denn ein Vierzigjähriger, der einen Unfall hatte? Was konnte er sich in fünfzehn, zwanzig Jahren seines Arbeitslebens auf seinem AHV-Konto ersparen? Selbst wenn man das Geld aus der Pensionskasse hinzunimmt, kommt man auf einen mickrigen Betrag.» Für Gashi wird so das Prinzip der Sozialversicherungen untergraben: Alle Leute, die in der Schweiz in eine Sozialversicherung einzahlen, sollten die gleichen Rechte haben – egal, ob sie später in der Schweiz leben oder im Kosovo. Alles andere sei Diskriminierung.

Der Bundesrat begründet seinen Entscheid mit der Schwierigkeit, die Gesundheitssituation von im Kosovo lebenden Rentenbezügern im Ausland zu überprüfen. Angeblich wurden im Auftrag des Bundesamtes für Sozialversicherung tätige Sozialdetektive im Kosovo bedroht, als sie – ohne Wissen der kosovarischen Regierung – die Lebensumstände der 300 dort lebenden Menschen mit Schweizer IV-Rente abklären wollten. Erstaunlicherweise liegt dem kosovarischen Innenministerium jedoch keine einzige Anzeige eines Schweizer Sozialdetektivs wegen Bedrohung oder ähnlichem vor.

Kollektivbestrafung

Einzelne Fälle von «Sozialhilfemissbrauch», so sie denn überhaupt bestehen, können keinesfalls eine derartige massive Diskriminierung von Zehntausenden von kosovarischen Arbeitnehmenden, beziehungsweise Prämienzahlern, und ihrer Familien rechtfertigen. Einmal mehr greift der Schweizer Staat zu einer Kollektivbestrafung. – Unnötigerweise, wie Gashi festhält: «Wenn in einigen wenigen Fällen tatsächlich Schweizer Beamte im Kosovo bedroht wurden, hätte die Schweiz auch einfach bei den mutmasslichen Tätern eine Rentenrevision durchführen können.» Nun würden jedoch nicht irgendwelche Betrüger bestraft, sondern künftige Rentnerinnen und Rentner, die noch gar nichts verbrochen haben können. Das bedeute einen harten Einschnitt für viele Leute aus dem Kosovo.

Die Gewerkschaft Unia fordert den Bundesrat deshalb auf, unverzüglich ein neues Sozialversicherungsabkommen mit der kosovarischen Regierung auszuhandeln, das für diese technischen Fragen eine befriedigende Lösung vorsieht und gleichzeitig den Rechtsanspruch der Versicherten unabhängig von ihrem Wohnort respektiert. Bis ein neues Abkommen ausgehandelt und unterschrieben ist, soll das bestehende Abkommen weiter geführt werden, um unnötige Härtefälle zu vermeiden.

Aus dem vorwärts vom 19.Februar 2009

Kampfmassnahmen beschlossen

Die Belegschaft der Clariant wird sich gegen die Massenentlassungen in Muttenz zur Wehr setzen. Bereits an den ersten gewerkschaftlichen Betriebsversammlungen nahmen rund 100 Arbeitende teil. Sie sprachen sich für Kampfmassnahmen aus, um Arbeitsplätze zu retten und beschlossen, am 11. März Kundgebungen durchzuführen.

400 Arbeitsplätze will Clariant in Muttenz abbauen – dies ist eine der drastischsten Massenentlassungen der letzten Jahre. An vier Betriebsversammlungen, zu denen das Clariant-Aktionskomitee und die Gewerkschaft Unia eingeladen haben, machten die Betroffenen deutlich, dass sie sich gegen diesen Kahlschlag zur Wehr setzen werden. Die Betriebsversammlungen beschlossen folgende Massnahmen:

– Die Arbeitenden fordern von Clariant ein gesetzeskonformes Konsultationsverfahren, welches es den Sozialpartnern ermöglicht, Vorschläge für den Erhalt der Arbeitsplätze zu erarbeiten.

– Clariant soll eine Arbeitsplatz-Garantie für jene Arbeitenden abgeben, die in der Produktion von Additiven arbeiten.

– Der Kanton muss sich verpflichten, dass er sich für die Zukunft des Produktionsstandorts einsetzt und insbesondere dafür sorgt, dass in Muttenz der geplante Industriepark zu Stande kommt und Arbeitsplätze für die Entlassenen schafft. Clariant-CEO Kottmann soll dazu mit der Gewerkschaft Unia und Vertretern aus der Volkswirtschaftsdirektion an einen runden Tisch sitzen.

– Arbeitende, die von der Entlassung bedroht sind, soll der Kanton durch Weiterbildungs- und Umschulungsbeiträge unterstützen.

– Es sind auf Basis des geltenden Sozialplans neue Verhandlungen aufzunehmen. Insbesondere muss ein Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmende ab 55 Jahren und eine paritätische Umsetzung des Sozialplans gewährleistet werden.

– Mit Kampfmassnahmen wollen die Arbeitenden ihren Forderungen Nachdruck verleihen, gegenüber Clariant genauso wie gegenüber Behörden, Politik und Öffentlichkeit. Sie beschlossen, dass am Vormittag des 11. März vor dem Clariant-Werk in Muttenz und vor dem Landrat in Liestal Kundgebungen stattfinden sollen.

Die Betriebsversammlungen haben eindrücklich gezeigt, dass die Arbeitenden in diesen schwierigen Zeiten solidarisch zusammenstehen. Die Gewerkschaft Unia wird die Arbeitenden in der Umsetzung der beschlossenen Kampfmassnahmen unterstützen.

Rechtsextremer Parlamentspräsident

In Österreich ist mit Martin Graf ein Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Olympia als dritter Parlamentspräsident gewählt. Die Kommunistische Partei Österreich (KPÖ) erinnert an den antifaschistischen Verfassungsauftrag.

«Statt ständig um den heißen Brei herumzureden sollen Parlamentspräsidentin Barbara Prammer, SPÖ-Klubchef Josef Cap und SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas die Nagelprobe machen und einen entsprechenden Antrag zur Abwahl des Dritten Parlamentspräsidenten Martin Graf (FPÖ) einbringen, dann wird sich auch die ÖVP offen deklarieren müssen», meint KPÖ-Bundessprecher Mirko Messner.

Die Fakten sind so eindeutig, dass Graf als Mitglied der rechtsextremen

Burschenschaft Olympia von Anfang an untragbar war und einen internationalen Schandfleck für den österreichischen Parlamentarismus darstellt. In anderen Ländern hätte ein Politiker mit derart ausgeprägten rechtsextremen Verbindungen und Aktivitäten keine Chance eine solche Funktion einzunehmen und hätte längst zurücktreten müssen.

«Die Wahl Grafs durch die ÖVP-Fraktion und auch einige SPÖ-Abgeordnete zeigt das gestörte Verhältnis der beiden Regierungsparteien zum antifaschistischen Verfassungsauftrag der 2. Republik, der im NS-Verbotsgesetz und im Artikel 9 des Staatsvertrages festgeschrieben ist», meint Messner. Die KPÖ – neben ÖVP und SPÖ die dritte Gründerpartei der 2. Republik – sieht hier eine äusserst bedenkliche Entwicklung und erinnert die beiden Regierungsparteien an ihre historische Verpflichtung.

Scharf kritisiert die KPÖ auch Parlamentspräsidentin Prammer: Sie könnte Graf von jeglicher Vorsitzführung oder Repräsentation des Nationalrates auszuschließen und den Missbrauch von Parlamentsräumlichkeiten für von Graf organisierte rechtsextreme Aktivitäten zu untersagen. Ihre verbale Kritik an Graf wird durch die Unterlassung solcher Schritte konterkariert und macht nur das Buhlen auch der SPÖ um die FP als möglichen Koalitionspartner deutlich.

Die Burschenschaft Olympia wird vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextrem eingestuft. Sie wurde 1961 aufgelöst weil einige ihrer Mitglieder an Bombenanschlägen in Südtirol beteiligt waren und 1973 neu gegründet. Namhafte Mitglieder waren die Neonazis Norbert Burger (NDP) und Bruno Haas (ANR). 2005 lud die Olympia den Holocaust-Leugner David Irving zu einem Vortrag nach Wien ein.

Laut DÖW gibt es zahlreiche personelle Querverbindungen zwischen der Olympia und anderen deutschnationalen oder rechtsextremen Organisationen. Bedenklich ist vor allem auch, dass Olympia-Burschenschafter laufend für die Aufhebung des NS-Verbotsgesetzes Stimmung machen. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim hat jetzt gegen die Olympia Anzeige wegen Verdacht auf NS-Wiederbetätigung eingebracht, weil sie den antifaschistischen Slogan «Niemals vergessen» im rechtsextremen Sinne umdeutete.

Keine Schock-Doktrin für Haiti

In den Nachrichtenbeiträgen zu Haiti wimmelt es von Geschichten über Plünderungen. Weniger gerne wird über einen viel grösseren Raubzug gesprochen, der erst noch kommen wird.

In Naomi Kleins Buch «Die Schock-Doktrin» zeigt sie das Aufkommen eines «Katastrophenkapitalismus» auf. Sie beschreibt, wie im Verlauf der letzten vierzig Jahre, der Internationale Währungsfonds (IWF), das Pentagon und verschiedene Grosskonzerne zusehends Katastrophen genutzt (oder gar selbst geschaffen haben), um unpopuläre neoliberale Wirtschaftsprogramme durchzudrücken und verletzbare Volkswirtschaften ihres Kapitals zu berauben.

Ich hatte das Buch von Klein gerade durch, als das Ausmass des Erbebens in Haiti allmählich klar wurde. Was ich angesichts der Situation in Haiti befürchte, liegt auf der Hand. Deshalb tat ich, was jedeR junge Linke in Zeiten von Krisen tut: Ich richtete eine Facebook-Gruppe ein: «No Shock Doctrine for Haiti».

neoliberale Geier

Wie sich herausstellte, waren die Geier bereits am kreisen. Beinahe umittelbar schloss sich ein Bekannter der Gruppe an und schaltete einen Link zur Heritage Foundation auf. Die Heritage Foundation ist ein sehr einflussreicher konservativer amerikanischer Think-Tank. Sie argumentiert für genau den Ansatz, den Naomi Klein in ihrem Buch beschreibt. Das Dokument wurde in der Zwischenzeit «überraschenderweise» vom Internet entfernt.

Noch schlimmer: Gemäss der linksliberalen amerikanischen Zeitschrift «The Nation» war uns der IWF bereits weit voraus. Während ich die Gruppe aufschaltete, waren sie bereits dabei, mit der haitianischen Regierung zu feilschen. Sie einigten sich auf ein Notkredit in der Höhe von 100 Millionen US-Dollar. Aber als Gegenleistung dazu zwangen sie, allegedly, die haitianische Regierung dazu, die Löhne im öffentlichen Sektor einzufrieren und die Treibstoffpreise zu erhöhen.

Das ist das Standardvorgehen des IWF. Ich möchte hier nicht ins Detail gehen, aber Klein liefert in ihrem Buch verschiedene Beispiele dafür, wie Katastrophen oder grosse Schocks durch den Währungsfonds und andere instrumentalisiert wurden, um unpopuläre, radikal Unternehmerfreundliche Programme durchzuzwingen, welche letztendlich zu grosser Ungleichheit führen. Ihre Fallstudien reichen von Russland über Chile, bis hin zu Südafrika.

Die Schuldenproblematik ist im Zusammenhang mit Haiti ebenfalls vertraut. «Jubilee USA» haben aufgezeigt, wie die Reparationsforderungen Frankreichs für die verlorene Arbeit der befreiten Sklaven in Haiti das Land in massive Schulden zwang, von denen es sich nie wieder erholte.

Einmal davon abgesehen, korrupte Diktatoren für Dekaden an der Macht zu belassen: Als die Menschen in Haiti Präsidenten wählten, die versprachen, auch wirklich etwas gegen die Armut zu tun, haben wir zwei Putsche gegen ihn entweder unterstützt oder zugelassen.

Die USA machte sich ebenfalls für Privatisierungen stark, wovon letztendlich ihre Konzerne smehr profitierne, als die Armen in Haiti. Gemäss Haiti Progrès unterzeichnete die USA beispielsweise 1996 einen Vertrag über 800 000 US-Dollar mit einer kanadischen PR-Firma, damit diese auf Haiti die Werbetrommel für Privatisierungen rührte.

Politisch Unvermeidbar?

Der ökonomische Guru der Neoliberalen, Milton Friedman, erklärte seinen Studierenden, wie ihre neoliberalen Ansätze die Welt erobern: «Nur eine Krise – egal, ob real oder eingebildet – kann echten Wandel hervorbringen. Wenn eine Krise eintrifft, hängt es von den bestehenden Ideen ab, welche Handlungen ergriffen werden. Das – so glaube ich – ist unsere Hauptfunktion: Alternativen zu bestehender Politik zu entwickeln, sie am Leben und verfügbar zu erhalten, bis zum Zeitpunkt, an dem das politisch Unmögliche zum politisch Unvermeidbaren wird.»

Die Armut, die dazu führte, dass das Erdbeben derart verheerende Folgen hatte, war kein Unfall. Sie ist das Resultat von zwei Jahrhunderten der Unterdrückung der ersten schwarzen Republik weltweit. Sie ist das Resultat einer aufgezwungenen neoliberalen Politik, die verhinderte, dass sich Haiti auf die einzig gangbare Art und Weise entwickeln konnte: durch Investitionen in Infrastruktur und die Menschen. Friedmans Ideen sind bei den Wohlhabenden derart beliebt, weil sie immer nur etwas tatsächlich erreichten: sie noch reicher zu machen.

Wenn ihr etwas tun möchtet, könnt ihr ActionAid spenden. Die Schock-Doktrin funktioniert, indem sie Reformen durchdrückt, während die Leute abgelenkt und leidend sind. Deshalb müssen wir für sie wachsam sein und die Freibeuter von ihnen fernhalten, bis sie zusammenkommen und beschliessen können, wie sie ihr Land wiederaufbauen wollen. Im Moment, in dem ich das schreibe, sind bereits über 32 000 Menschen der Facebook-Gruppe beigetreten und helfen so, über die Menschen auf Haiti zu wachen.

Dieser Artikel von Adam Ramsey erschien ursprünglich auf «Left Foot Forward» (www.leftfootforward.org).

Die erwähnte Facebook-Gruppe ist unter: http://www.facebook.com/search/?q=no+shock+doctrine+for+haiti&init=quick#/group.php?gid=292737727221&ref=search&sid=61008159.3912915629..1 zu finden.

Biometrische Ausweise

Das äusserst knappe Abstimmungsresultat muss zwingend in die künftige Gesetzgebung aufgenommen werden. Dies gilt ganz besonders für die neue Datenbank mit biometrischen Daten. Mit 144 zu 41 Stimmen hat der Nationalrat am 24. November 2009 eine entsprechende parlamentarische Initiative seiner Staatspolitischen Kommission gutgeheissen. Diese verlangt zum einen, dass gesetzlich klar und einheitlich geregelt wird, dass weiterhin herkömmliche Identitätskarten ohne Chip ausgestellt werden können. Zum andern soll die zentrale Speicherung biometrischer Daten nicht obligatorisch sein. Weiter soll geprüft werden, ob auf die zentrale Datenbank mit den elektronischen Fingerabdrücken nicht sogar ganz verzichtet werden kann.

Nicht zuletzt der aktuelle Datenklau bei einer CH-Grossbank zeigt deutlich genug auf, wie heikel solche zentrale Datenbanken sind bzw. wie begehrt solche Daten plötzlich sein können.

Für grundrechte.ch ist die sture Haltung der SPK-S inakzeptabel. Der Verein erwartet nun vom Ständerat, dass er sich liberaler zeigt. Indem er der parlamentarischen Initiative entgegen der Empfehlung seiner Kommission zustimmt trägt er dem Umstand Rechnung, dass am 17. Mai 2009 fast die Hälfte der StimmbürgerInnen die Revision des Ausweisgesetzes abgelehnt hat. Sichere biometrische Pässe können problemlos und kostengünstiger ausgestellt werden, ohne die Fingerabdrücke der gesamten Bevölkerung der Schweiz zentral zu speichern

Internationale Solidarität.

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Liebe Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen

Wir haben von eurem Arbeitskampf erfahren. Ihr wisst, dass ihr um euer Recht kämpft, und dieses Wissen gibt euch Kraft. Aber ihr müsst auch wissen, dass ihr um mehr kämpft: Euer Kampf ist für uns hier in der Schweiz, im Zentrum der kapitalistischen und imperialistischen Metropole, Vorbild und Hoffnung. Wenn ihr siegt, so ist das auch ein Sieg für uns, wenn ihr verliert, so trauern auch wir.

Wir hoffen in erster Linie in eurem, aber auch in unserem Interesse, dass ihr Unterstützung durch alle Gewerkschaften und die Solidarität der Bevölkerung in all euren Städten und Dörfern erhält, um den Generalstreik kraftvoll zu eröffnen und siegreich zum Ende zu führen.

Mit kameradschaftlichen, internationalistischen und sozialistischen Grüssen
Partei der Arbeit der Schweiz

Türkei: 12 000 TEKEL-Beschäftigte im Streik.

Die von Recep Tayip Erdogan geführte türkische Regierung hat den staatseigenen Betrieb TEKEL im Zuge der Privatisierung an den US-Konzern BAT (British American Tobacco) verkauf. Dabei hat sie das ILO-Abkommen über die Übergabe von Betrieben und ihre eigenen Gesetze ignoriert. Damit wurden sämtliche Rechte, unter anderem. der Tarifvertrag, Arbeits- und Beschäftigungsgarantien, die Krankenversicherungen, ausreichendes Einkommen für Beschäftigte und Urlaubsregelungen zurückgenommen, die durch dieses Abkommen und Gesetze garantiert wurden. Daraufhin begannen die Beschäftigten ihren Widerstand. 12.000 TEKEL-Beschäftigte befinden sich seit dem 15. Dezember vor Turk-Is in Ankara im Widerstand.

Die TEKEL-Beschäftigten legen seit Tagen einen Zusammenhalt und Solidarität zutage, der weltweit seinesgleichen sucht. Hier wird B. Brechts Aussage „keine Befreiung des Einzelnen, alle, oder keiner!“ und Nazim Hikmet’s Sehnsucht nach einem „Leben, alleine und frei, doch Brüderlich, wie ein Wald“ zur Realität. Kurden, Türken, Lasen, Tscherkessen, alle befinden sich im selben Zelt. Trotz der rassistisch-chauvinistischern Hetze des türkischen Staates, tanzen und singen sie gemeinsam. Die Beschäftigten haben kulturelle Differenzen, die aus ihren jeweiligen Ethnien herrühren, überwunden und stimmen Lieder der jeweils anderen an, tanzen die Tänze aller. Die TEKEL-Beschäftigten treffen ihre Entscheidungen gemäß dem Demokratieverständnis von Arbeitern und setzen diese diszipliniert um. Trotz der vom Chauvinismus, Arbeiter- und Kurdenfeindlichkeit geführten Schlagstöcke, Tränengase der Polizei und Kälte leisten sie erbitterten Widerstand, wohlwissend, dass sie im Recht sind.

Die TEKEL-Beschäftigten konnten sich durch ihren berechtigten und würdigen Widerstand binnen kurzer Zeit die Sympathien von progressiven Menschen sichern. Die TEKEL-Beschäftigten werden von anderen Beschäftigten anderer Betriebe, von Beschäftigten im öffentlichen Dienst, die seit Jahren für ihr Streikrecht und das Recht auf gewerkschaftlichen Zusammenschluss auf die Straße gehen, von Kurden, die für Freiheit und Gleichheit kämpfen, von alewitischen Arbeitern, die massenhaft für gleiche Rechte kämpfen, von progressiven und revolutionären Jugendlichen und aufrecht gebliebenen Intellektuellen unterstützt. Überall in der Türkei kommt es täglich und stündlich zu Solidaritätskundgebungen. Täglich werden die Widerstand leistenden Beschäftigten von hunderten Menschen besucht. Die Einwohner Ankara’s machen sich auf, die Versorgung der streikenden Beschäftigten zu übernehmen. Hinzu kommt, dass dieser berechtigte und aufrechte Widerstand sich auch die Zuneigung und Unterstützung der internationalen Arbeiterbewegung sichern konnte. Auch in Europa wird die Solidarität mit den Widerständlern und Solidaritätsbesuche vor Ort organisiert. Diese Solidarität, die den türkischen Staat und die türkische Regierung erheblich stört, wird in kommenden Tagen zunehmen, das Netz der Unterstützung wird ausgebreitet werden.

Arbeiter, Werktätige

Ministerpräsident T. Erdogan tut so, als würden die Beschäftigten unberechtigte Forderungen stellen. Die TEKEL-Beschäftigten haben von Anfang an nichts gefordert, was ihnen nicht zusteht; sie fordern nur ihre Rechte ein, die ihnen auf der Grundlage nationaler und internationaler Abkommen zustehen. Die TEKEL-Beschäftigten fordern entgegen der Lügen des Ministerpräsidenten T. Erdogan, die unverzügliche Rücknahme der Verordnung 4/C, die die Rücknahme sämtlicher Rechte der Beschäftigten, die auf diesen Abkommen beruhen, regelt und die Aufhebung der Arbeitsverträge von 12.000 Beschäftigten zum 31. Januar vorsieht. Diese Regierung ist entgegen der verlogenen Propaganda, für die Rechte von Armen und Waisen einzustehen, für die kapitalistische Welt und für Kapitalisten. Sie steht für IWF und Privatisierung. Sie verkauft die Rechte von Armen und Waisen an die USA und andere Imperialisten. Genau aus diesem Grund hat sie sich den Zorn der Schichten, die für Arbeiterrechte und generelle Recht einstehen, auf sich gezogen. T. Erdogan’s Gerissenheit und Drohungen gegen Arbeiter bringen nichts. Er steht auf verlorenem Posten. T. Erdogan, der den Beschäftigten bis vor kurzem drohte, erklärte nun, er wolle sich am 28. Januar mit Gewerkschaftsvertretern treffen und hat somit einen versöhnlicheren Kurs eingeschlagen. Die Führungen von Türk-Is, DISK und KESK haben gemeinsam erklärt, dass sie ab dem 3. Februar zu größeren Aktionen aufrufen werden, sollte keine Einigung erzielt werden. Die Beschäftigten rufen bei jeder Gelegenheit die Gewerkschaftsführungen auf, aktiv zu werden, fordern einen Generalstreik. Die TEKEL-Beschäftigten sind äußerst entschlossen und mehr als zuvor gewillt, einen Generalstreik durchzuführen.

Arbeiter, Werktätige, Progressive und Revolutionäre aller Nationen,

Die TEKEL-Beschäftigten kämpfen nicht nur für sich, sondern für uns alle. Sollten sie verlieren, werden wir alle verlieren. Dies dürfen wir nicht zulassen! Ihr Widerstand ist voll von Erfahrungen von unschätzbarem Wert. Die TEKEL-Beschäftigten zeigen durch ihren Widerstand beispielhaft, wie die eigentliche Einheit von Arbeitern und Solidarität der Völker auszusehen hat. Durch ihre Kreativität haben sie gezeigt, wie unwichtig Unterschiede zwischen Türken, Kurden, Tscherkessen, Lasen, Alewiten und Sunniten sind. Durch ihre verschiedensprachigen Lieder und unterschiedlichen Tänze, die die Vielfalt des Landes spiegeln, haben sie rassistisch-chauvinistische Vorurteile abgeschafft. Sie zeigen uns, wie sich das Land vom Dasein eines Spielballs imperialistischer Grossmächte, als Markt von Waffenhändlern und von Ausbeutung befreien kann. Sie leisten einen Beitrag zur Schaffung eines Landes und einer Welt, in der „Nachts nicht hungrig eingeschlafen und tagsüber nicht ausgebeutet wird“. Aus diesem Grund verdient der Widerstand der TEKEL-Beschäftigten unsere finanzielle und moralische Unterstützung.

Es ist an der Zeit, Lösungen und Alternativen aus Arbeitersicht aufzuzeigen. Es ist auch an der Zeit, uns aus der Macht unserer Produktivkraft und unserer Einheit heraus gegen die Angriffe des Kapitals zu wehren. Es ist höchste Zeit, die Losungen, wonach es lediglich eine gemeinsame Befreiung gibt und die Klassensolidarität hoch zu halten gilt, umzusetzen. Morgen schon kann es zu spät sein! Lasst uns unsere Kraft über alle Grenzen hinweg zusammenlegen. Lasst uns überall – in Fabriken, Werken, Schulen – Solidaritätskomitees mit den TEKELBeschäftigten gründen. Wir müssen täglich und überall unsere Solidarität mit ihnen bekunden. Setzen wir unsere Gewerkschaften unter Druck und mobilisieren diese für die TEKEL-Beschäftigten. Lasst uns Protestbriefe, mails und -faxe an die pro-amerikanische und IWF-treue, in gleichem Maße jedoch arbeiter- und fortschrittsfeindliche AKP-Regierung senden. Stärken wir den Widerstand durch unsere Solidaritätsbekundungen.

Es lebe unser TEKEL-Widerstand! Es lebe die Klassensolidarität! Weitere Infos: BIR-KAR – Solidaritätskomitee mit TEKEL-Beschäftigten (Platform für die Einheit der Arbeiter und Freundschaft der Völker) e-mail: birkar@msn.com

Grussbotschaft der PdAS:

Liebe Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen,

wir haben von eurem Arbeitskampf erfahren. Ihr wisst, dass ihr um euer Recht kämpft, und dieses Wissen gibt euch Kraft. Aber ihr müsst auch wissen, dass ihr um mehr kämpft: Euer Kampf ist für uns hier in der Schweiz, im Zentrum der kapitalistischen und imperialistischen Metropole, Vorbild und Hoffnung. Wenn ihr siegt, so ist das auch ein Sieg für uns, wenn ihr verliert, so trauern auch wir.

Wir hoffen in erster Linie in eurem, aber auch in unserem Interesse, dass ihr Unterstützung durch alle Gewerkschaften und die Solidarität der Bevölkerung in all euren Städten und Dörfern erhält, um den Generalstreik kraftvoll zu eröffnen und siegreich zum Ende zu führen.

Mit kameradschaftlichen, internationalistischen und sozialistischen Grüssen
Partei der Arbeit der Schweiz

Zapatistische Gemeinde geräumt

Am 29. Januar 2010 meldete die Junta der Guten Regierung von La Garrucha, dass am 22. Januar eine Militäroperation mit vier Helikoptern in der Gemeinde Laguna San Pedro im autonomen Landkreis Ricardo Flores Magón durchgeführt worden sei.

An dem Angriff nahmen laut Angaben der Zapatistas Polizeieinheiten, die mexikanische Bundesarmee sowie Funktionäre der föderalen Umweltbehörde Profepa teil. Begleitet wurden sie von Journalisten und Kamerateams. Der zapatistische Rat beschuldigt die staatlichen Sicherheitskräfte folgender Delikte: Abbrennen der Häuser, Zerstörung von Obstbäumen, Plünderung des Kooperativenladens sowie Diebstahl von Werkzeugen und Grundnahrungsmitteln wie Bohnen und Mais.

Die Bewohnerinnen und Bewohner sind später offenbar unter Zwang per Hubschrauber in eine Notunterkunft nach Palenque geflogen worden. Verantwortlich gemacht wird die Bezirksregierung, die Regierung des Bundesstaates Chiapas von Juan Sabines und die föderale Regierung unter Felipe Calderón. Die Zapatistas prangern an, dass die Regierung einerseits von Dialog und friedlicher Umsiedlung spricht und gleichzeitig gewaltsam gegen Dörfer ihrer Organisation vorgeht. Die Angehörigen des Rates von La Garrucha beziffern den Schaden auf 585.155 mexikanische Pesos (über 32.000 Euro).